"Aufstehen.", hörte Lars die Stimme von Sandra, der blonden Krankenschwester, die er mittlerweile ziemlich gut kannte und mochte. Wieder einmal startete ein neuer Tag und Lars schlug widerwillig seine Bettdecke beiseite. Langsam hatte er die morgendliche Routine ohne Zweifel satt. Er sehnte sich nach einer Dusche, unter die er sich nur stellen musste und beinahe nichts tun musste, um sauber zu werden. Gleich darauf fiel ihm ein, dass das mit seinem Katheter eigentlich gar nicht möglich wäre. Die Stelle, an dem der Schlauch in seinen Körper eindrang sollte auf keinen Fall nass werden, da er sich sonst infizieren konnte. Wie immer eben. Streng genau wurde auf Reinheit und Sterilität geachtet.
Lars wusch sich mit einem nassen Waschlappen am gesamten Körper und bekam dann frische Klamotten von Sandra. Die alten wurden gewaschen und damit wieder von jeglichen Bakterien befreit. Daraufhin nahm Lars seine morgendlichen Tabletten, was ebenso schon völlig normal für ihn geworden war. Schon bald würde Frau Zech erscheinen, deshalb musste er sich nun beeilen, fertig zu werden. Eilig schlüpfte er in die neuen Klamotten und holte vorzeitig seine Schulsachen vom Regal. Er hatte letztes Mal ausnahmsweise eine Hausaufgabe von ihr bekommen. Lars sollte einen Aufsatz über seine eigene Geschichte schreiben, was ihm wirklich nicht leicht gefallen war. Erst während er geschrieben hatte, hatte er feststellen müssen, wie störrisch und manchmal auch unfair er sich benommen hatte. Obwohl der Junge bereits gestern mehrmals über sein geschriebenes Werk gelesen hatte, tat er es jetzt noch einmal und besserte dabei ein paar Kleinigkeiten aus. "Hallo, Lars. Na ich hoffe du schreibst deinen Aufsatz nicht erst jetzt.", sprach Frau Zech aus und grinste. Sie war leise durch die elektrische Tür gekommen und blickte ihn nun fragend an. "Nein. Ich wollte mir meinen Aufsatz nur nochmals durchlesen.", verteidigte er sich lächelnd und gab ihr dann das Heft. "Hier, ich hoffe es geht so. Ich fand es schwer, alles ganz genau zu schreiben, manchmal konnte ich gar nicht ausdrücken, wie seltsam alles Zuhause war und wie ich mich gefühlt habe.", gestand er und schmunzelte kurz traurig. "Das ist überhaupt nicht schlimm Lars. Das war nicht nur eine schulische Aufgabe, weißt du. Ich dachte, es hilft dir, alles was in letzter Zeit passiert ist, besser zu verarbeiten.", erklärte sie ihm und las mit aufmerksamen Gesicht seine Geschichte. Lars wartete indessen gespannt ab, wie sie ihr gefallen würde. "Das, das ist ganz wunderbar. Ja, ganz toll Lars. Ich finde du hast du hast die Aufgabe wirklich gut umgesetzt.", sagte sie mit strahlendem Gesicht und Lars meinte, er sähe eine Träne in ihrem Auge. "Danke, eigentlich habe ich nur das aufgeschrieben, woran ich denken musste.", äußerte er sich und lächelte stolz. "Etwas anderes wollte ich ja auch gar nicht von dir.", sagte sie und drehte sich zu ihrer braunen Ledertasche um. Als sie sich mit ihren Unterlagen in der Hand wieder zu ihm umdrehte, war die Träne wie von Geisterhand verschwunden.
Lars war wieder allein. Frau Zech hatte ihm ein paar Aufgaben dagelassen, die er über das Wochenende erledigen sollte. Mittlerweile traute sich Lars schon gar nicht mehr seinen Kopf auch nur zu berühren, denn er wusste, dass seine Haarwurzeln nicht mehr sehr tief in seiner Kopfhaut steckten. Jedoch konnte er den Verlust seiner Haare kaum noch verhindern. Rasent schnell hatte sich der Haarausfall ausgebreitet und auch seine Mutter wusste nun, dass es losging. Lars saß in seinem Bett und spielte ein Spiel auf seinem ausgeliehenen Laptop - solange bis Kathi kam.
Seine drei Glaswände um ihn herum wurden von Zeit zu Zeit immer bunter. Lars fabrizierte zusammen mit Kathi ein Kunstwerk nach dem anderen und hängte diese schließlich überall auf. Auch heute hatte er wieder ein Bild gemalt, dieses mal wollte er es aber nicht aufhängen. "Das hier schenke ich meiner Mutter als Abschiedsgeschenk, wenn sie am Sonntag nach Hause geht.", verkündete Lars halb glücklich halb traurig. "Tolle Idee, sie freut sich bestimmt, wenn sie etwas von dir hat, das sie an dich erinnert, wenn sie daheim ist.", stimmte Kathi seiner Aussage zu und lächelte. Las mal sehen, das sieht wirklich super aus!", sagte sie in begeistertem Ton und blickte eingehend auf das von Lars gemalte Bild. Es hatte etwas zauberhaftes und geheimnisvolles an sich, da man zuerst ein weißes Blatt mit bunten Wachsmalstiften angemalt hatte und danach mit schwarz übermalt hatte. Anschließend konnte man mit einem Spitzen Gegenstand verschiedene Sachen einritzen und das Bunte kam wieder zum Vorschein. Lars hatte sich für Fische entschieden, die nun in einem schwarzen Wasser herumschwommen und ihm durch ihre farbenfrohen Körper strotzten. Auch Lars war sofort von der Art von Kunst begeistert gewesen und hatte sich mit viel Motivation an die Arbeit gemacht. Bis Sonntag würde er das Bild verstecken und ihr dann überreichen.
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The kids at station 7
Storie breviEin ganz normaler Arztterim, dachte er. Schulfrei und eine entspannte Autofahrt nach Ulm, in der er auf dem Handy seiner Mutter ein Spiel spielen durfte. Man würde nur seine Fingernägel genauer unter die Lupe nehmen, mehr nicht. Die gehasste Doppels...