36

43 2 0
                                    

"Okay Lars, während ich deine Aufgaben kontrolliere, kannst du an deinem Aufsatz in Deutsch weiterschreiben.", sagte Frau Zech gerade zu ihm und widmete sich dann seinen Rechenaufgaben. Lars schnappte sich sein Deutschheft, das hinter ihm auf der Matratze lag und blätterte bis zu der Seite, an der er gestern gestoppt hatte. Lars sollte eine Erzählung zum Thema Ausflüge schreiben und was ihm daran gefiel. Schnell hatte er wieder eine neue Idee, wie er weiterschreiben konnte und setzte seinen Füller auf. In seinem Kopf spielten sich Szenen mit wunderschönem Sonnenschein und einem warmen Sommerwind ab und schließlich eine Attraktion wie beispielsweise ein Besuch im Zoo oder ein Ausflug in ein großes Freibad mit unzähligen Rutschen und anderen spaßigen Angelegenheiten. Frau Zech korrigierte indessen seine Rechnungen und setzte nach jeder richtig gelösten einen Haken dahinter, nur bei wenigen strich sie die falsche Zahl durch. Lars war am Ende seiner Geschichte angekommen, es fehlte nur noch ein schöner Schluss. Mit einem Satz, der beinhaltete, dass er selbst super gerne Ausflüge machte und es allermeistens ein tolles Erlebnis war, endete er seinen Aufsatz. "Fertig.", rief er freudig und warf seinen Stift zurück in sein Mäppchen. "Sehr gut Lars. Hast du noch einmal drübergelesen, ob auch alles stimmt?", fragte sie herausfordernd und lächelte. "Ähm nein.", gab Lars grinsend zu und las daraufhin seinen gesamten Text erneut durch. Bis auf ein paar Rechtschreibfehler hatte er aber nichts mehr gefunden, was nicht stimmte. "Hier." Er übergab Frau Zech sein Heft, damit sie sich seinen Aufsatz durchlesen konnte. Im Gegenzug legte sie ihm sein Matheheft vor ihn hin und bat ihn die falschen Aufgaben noch einmal durchzurechnen.

Nach dem Unterricht verspürte Lars seltsamerweise eine wahnsinnige Lust auf Cheeseburger von Mc Donalds. Alleine die Vorstellung in einen solchen Burger zu beißen, ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Allerdings konnte er sich im Moment nichts anderes vorstellen als das. Der Gedanke an etwas anderes, ja sogar Pfannkuchen, ließ ihn immer noch würgen.  "Mama?", fragte er und drehte sich zu ihr hin. "Ja, was ist denn?", antwortete sie vertieft. Anscheinend war die gerade wohl ziemlich mit ihrem Handy beschäftigt. "Ich habe gerade wahnsinnigen Hunger auf Cheeseburger.", sprach er aus, worauf seine Mutter verwundert drein blickte. "Tatsächlich, du hast wieder Hunger?", fragte sie erstaunt nach. "Ja, seltsamerweise schon.", gab Lars zu und grinste. "Alles klar, wenn das so ist, ich bin ja froh, wenn du mal wieder etwas isst. Dann mach ich mich auf den Weg und bin in spätestens einer halben Stunde wieder da.", sagte sie und legte ihr Handy bei Seite, um sich von der Schutzkleidung zu befreien. "Danke Mama.", meinte Lars und sah zu, wie sie nach draußen ging und kurz einer Krankenschwester Bescheid sagte, was sie tat. Diese lächelte und nickte, bevor sie mit einem Blutdruckmessgerät dahinlief.

Während Lars' Mutter weg war, schaltete der Junge den Fernseher ein und schaute, was so lief. Er stoppte bei der Animationsserie Garfield und lehnte sich bequem zurück. In Ulm gab es bestimmt ganz viele Mc donalds Filialen, überhaupt gab es in größeren Städten überall etwas zu essen. Das war Lars schon mehrmals aufgefallen. Der betörende Duft, als er vor einiger Zeit durch München gelaufen war, hatte ihm ganz anders werden lassen. Sicherlich würde er längst einige Kilos mehr haben, wenn er dort leben würde und somit ständig die Möglichkeit hätte, sich solch einen Imbiss zu holen. Lars Gedanken passten perfekt zu der laufenden Sendung. Auch Garfield gönnte sich gerade eine seiner geliebten Lasagnen und biss kräftig zu. Schon komisch, dachte Lars. Er saß vor dem Fernseher, während draußen die Sonne strahlte und mit sicherheit schon eine angenehme Wärme spendete. Wenn er nun  wie gewohnt zuhause sein würde, täte er nun andere Dinge. Höchstwahrscheinlich mit seinen Freunden Fußball spielen oder mit den Fahrrädern herumfahren. Wenn er jetzt an seine Freunde dachte, fiel ihm auf, dass er nun schon seit fast einer Wochen mit keinen von ihnen mehr geredet hatte. Das war mehr als untypisch. Sonst sah er seine Kumpels jeden Tag und tauschte sich über alle Neuigkeiten mit ihnen aus, doch im Moment wusste er nicht, was in der Schule oder im Privaten so los war. Es war, als wäre er vom Rest der Welt abgekapselt. Natürlich wussten seine Freunde auch nicht, was bei ihm so passierte, aber wirklich Aufregendes gab es da ja auch nicht zu  erzählen.

Nach nur zwanzig Minuten traf er auf seine leicht gerötete Mutter, die mit einem ausgeliehenen Fahrrad, das ihr von dem Förderverband für Eltern mit schwerkranken Kindern, zur Verfügung gestellt wurde. Wie das klang - schwerkrank. So krank fühlte Lars sich gar nicht. "Tadaa, da bin ich wieder.", begrüßte die Mutter ihren Sohn und hielt die typische braune Mc Donalds Tüte hoch. Lars grinste und schnappte sich nach einem freudigem Danke die Tüte. Gierig nahm er den ersten Burger heraus und biss genüsslich hinein. Eine gewaltige Geschmacksexplosion breitete sich in seinem Mund aus. Lars, der seit mehr als zwei Tagen nicht mehr wirklich etwas gegessen hatte und nur durch einen Schlauch eine Energiezufuhr bekommen hatte, hatte das Gefühl er aß zum ersten Mal etwas so leckeres.

Nur nach fünf Minuten waren beide Cheeseburger verschlungen und Lars leckte sich genüsslich die Lippen. "Ein Dritter wer auch nicht ganz schlecht gewesen.", lachte er und knüllte das Papier, in denen das Essen eingewickelt gewesen war, zusammen. "Na na, wir wollen es ja nicht gleich übertreiben, sonst wird dir noch schlecht.", bemerkte seine Mutter und lächelte.

The kids at station 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt