Ich sah auf die Uhr. 03:56. Einmal gähnte ich herzhaft. Ich befand mich in Ricks Zimmer auf dem Sofa. Offenbar war ich eingeschlafen.
Aus dem Flur hörte ich ein Scheppern und danach ein Fluchen. Ich stand auf und öffnete die Tür.
Dort stand Flo und starrte auf einige Glasscherben.
„Flo? Alles okay?", fragte ich ihn.
Er gab einen erschrockenen Laut von sich und drehte sich langsam um.
„W-wassss-ss?", lallte er.
„Bist du betrunken?!"
Keine Antwort.
„Bist du betrunken?"
„N-n-ein!", er sah mich an, als hätte ich ihm einen Mord unterstellt.
„Komm mal rein", forderte ich ihn auf und zog ihn in Ricks Zimmer. Er ließ sich sogleich auf das Sofa fallen. Ich nahm mit dem Teppich vorlieb.
Flo vergrub seinen Kopf in den vielen Kissen. Und dann fing er plötzlich an zu heulen.
Völlig ahnungslos, was ich denn nun tun sollte, nahm ich ihn in meine Arme. Er weinte und weinte. Der nüchterne Flo gefiel mir zwar besser, aber wie mein Vater immer sagte, man lernt Menschen richtig kennen, wenn sie betrunken sind. Und das war Flo definitiv. Nach gefühlten Ewigkeiten sprach er dann.
„Kleine... Freu dich, dass du noch so jung bist, und keine solchen Probleme hast."
Die geliebte Ironie des Schicksals.
„Willst du mir von ihnen erzählen? Dann habe ich die später vielleicht nicht. Und dir können wir helfen", ich fühlte mich wie ein Kindergärtner oder eine Mutter.
„Wegen Ina..."
Ich sagte nichts.
„Ich weiß.... Bla, bla... Ich lieb' sie, sie liebt mich... Sie glaubts-ss mir nicht...", erzählte er. „Was soll ich denn noch machen?". Er wirkte wirklich verzweifelt.
„Beweis' es ihr. Setz' dich doch mal mit Max zusammen oder so. Da kommt sicherlich etwas bei raus", riet ich ihm. Ich fühlte mich unwohl dabei, einem mehr als zehn Jahre älteren Mann Beziehungstipps zu geben.
„Ich.. Fahre jetzt-z-z-t nach Haus-se!", erklärte er.
„Nein, nein, nein, nein, nein!", hielt ich ihn zurück. „In dem Zustand fährst du mir nicht durch Berlin!"
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Ich hatte Flo Ricks Sofa hergerichtet. Steve hatte mir dankbarer Weise angeboten, dass ich in seinem Bett schlafen könnte. Ich hatte sofort zugestimmt.
Aber bevor ich zu Bett ging, lief ich noch einmal auf die Terrasse. Es waren noch Max, Jako und natürlich die zwei Frösche oben.
„Oh, noch wach? Oder schon wach?", fragte Jako mit Blick auf seine Uhr.
„Beides?", fragte ich. „Wie spät oder früh ist es denn?"
„Halb sechs", sagte Max trocken.
Ich machte große Augen. Hatte ich so lange mit Flo geredet und diskutiert?
„Ja, so spät", meinte er. „Und genau deswegen wirst du jetzt auch mit mir nach Hause fahren."
„Lieb gemeint, aber ich schlafe hier", entgegnete ich ihm. So freundlich wie es nur ging.
Ich machte auf dem Absatz kehrt und ging die Treppe wieder hinunter. Max' verwirrten Blick spürte ich deutlich.
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Der zweite Tag im neuen Jahr begann damit, dass ich zur Chemo musste. Es war genau wie beim letzten Mal. Ein paar Minuten gingen gut, danach, naja, man konnte es sich denken. Als ich dann gegen ein Uhr endlich wieder Zuhause war, legte ich mich gleich wieder schlafen.
Seit dem Ereignis mit Flo hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Er war morgens von Max zurück gefahren worden und hatte sich nicht mehr gemeldet.
Und natürlich erhielt ich bei genau diesem Gedanken eine Nachricht. Tatsächlich sogar von ihm.
„Hey Kleine,
sagen wir mal so... Meine Erinnerungen an gestern Nacht sind vage, aber durchaus vorhanden. Ich weiß, ich habe dir den schönen Abend versaut und es tut mir wirklich leid. Bevor du fragst, Ina ist bei Freundinnen in Hamburg und sie kommt auch erst in drei Tagen wieder. Max und ich haben uns aber schon zusammengesetzt und vielleicht hab ich eine Idee. Du wirst sehen..."
Er und Max hatten also wirklich etwas gemacht. Davon hatte Max noch nichts erzählt. Generell erzählte er mir in letzter Zeit überhaupt über gar nichts. Er redete nicht über seine Gedanken und Auseinandersetzung mit meiner Krankheit, obwohl ich das eigentlich von ihm erwartet hatte. Und über Vanessa wollte er schon gar nicht reden. Im Grunde ging es mich ja auch nichts an, aber ich hatte mich ihm immer früher oder später anvertraut.
Vanessa war seit dem 22. Dezember weg und heute war der 02. Januar. In dieser ganzen Zeit hatte sie nicht einmal angerufen oder mir geschrieben. Max und sie schienen auch nicht viel Kontakt zu haben, da Max so gezögert hatte mit dem Anruf am Silvesterabend.
Das alles war schon irgendwie sehr, sehr merkwürdig.
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Realtalk: Yo yo yo! Watt? Nuja, gibt nicht viel zu sagen heute. Ich will das jetzt so einführen, dass ich unter jedem Kapitel so ein #qotd und #aotd mache. Also, zu jedem Kapitel gibt es eine andere Frage an euch. Ich würde mich sehr über Antworten freuen, da ich doch sehr an euch interessiert bin. Und jetzt nach diesem Satz komme ich mir vor wie so ein Stalker.
#qotd : Wann habt ihr Geburtstag?
#aotd: 19. Februar
04.03.2016
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Fade away (Berliner Cluster)
Hayran KurguLena muss durch einen eher unglücklichen Zufall nach Berlin zu ihrem Bruder Frodo reisen. Doch aufeinmal fängt Lena an, sich immer schlechter zu fühlen und bekommt vom Arzt eine Diagnose: tödliche Krankheit, nur noch wenig Lebenszeit. Wie soll es we...