Ich stolpere nie ich mache nur spontane Gravitations-Checks

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Der Kuss dauerte höchstens zwei Sekunden -wobei... ein richtiger Kuss war das nun auch wieder nicht. Meine Lippen lagen einfach nur auf Embrys. Und weil ich mich schnell wieder zurück gebeugt hatte, hatte keiner von uns beiden die Zeit, um zu reagieren.

Es war irgendwie ernüchternd. In Büchern und Filmen ist so was immer viel romantischer. War ja klar, dass ich es wieder verbocke!

Ich rutschte von seinem Schoß und warf unsicher einen Blick auf Embry, der mich nur beinahe fassungslos anstarrte. Sein Gesicht ist noch roter geworden als vorher und auch ich spürte, wie meine Wangen glühten.

Keine Ahnung wieso, aber irgendwie versetzte es mir einen kleinen Stich, dass er mich so ansah. Sooo schlecht war es nun auch wieder gewesen... Okay, eigentlich schon, aber es war mein erstes Mal und ich hatte es ganz und gar nicht geplant! Also zählte es quasi nicht. Oder?

"Was war das denn?", platze es aus Embry raus.

Blinzelnd legte ich meinen Kopf schief. Wie, was war das denn? Das sollte ein Kuss sein, du undankbarer Arsch! "Na ja, ich dachte ich ... also du hast ... und da dachte ...", fing ich an zu stammeln. Das ist absolut nicht das, was ich sagen wollte. Herrgott, was war denn los mit mir? Alles in mir kribbelte und ich wusste nicht, ob ich das gut oder schlecht finden sollte.

"Ich... verstehe nicht ganz", sagte er, sichtlich verwirrt. Da geht es dir nicht anders als mir, Kumpel!

Ich holte tief Luft und überlegte mir schnell, was ich sagen sollte. Am besten schonend und ich sollte besser nicht zu hart klingen. Er war schon so verletzt. "Ich hab versucht dich zu küssen, verdammt", knurrte ich säuerlich. Gut, das war weder schonend noch klang meine Stimme irgendwie freundlich. So macht man sich Freunde, Tori. Wieder mal eine tolle Leistung!

Embry starrte mich weiterhin an, als würde mir Winnie Pooh aus dem Ohr winken. Oder Hello Kitty. Keine Ahnung was gerade in seinem Kopf vorging.

"D-d-du... was?" Er schüttelte seinen Kopf und presste seine Lippen aufeinander. "T-tut mir leid, du hast ... das kam so plötzlich."

"Ich hab mich ja selber überrascht", nuschelte ich, ließ mich langsam nach hinten fallen, sodass Embry nur noch meine Füße neben sich hatte und grummelte vor mich hin. Ich wusste nicht einmal, warum genau ich die beleidigte Leberwurst spielte. Er hatte ja nichts gemacht. Vielleicht war auch gerade das das Problem... anderseits habe ich ihm ja nicht mal die Chance dazu gegeben.

Ich zog meine Beine an und verschränkte die Arme vor der Brust. Und ich dachte, eine Beziehung wäre ganz einfach. Ha, Pustekuchen! Das war wesentlich komplizierter, als alle immer sagen.

Es entstand eine peinlich bedrückte Stille, die ich jetzt ja mal gar nicht gutheißen konnte. Am liebsten würde ich mich einfach kurz unsichtbar machen und verschwinden können. Aber was will man machen. Es hatte nun mal nicht jeder einen Tarnumhang.

"Bist du jetzt sauer?" Embry machte ein Gesicht, als hätte ich ihn ewig lange angeschrien und ihm danach ordentlich zwischen die Beine getreten.

"Nein, natürlich nicht", seufzte ich und richtete mich wieder auf. "Ich bin eventuell nur ein bisschen enttäuscht, das ist alles"

"Wegen mir? Oh man, Tori, ich wollte dich wirklich nicht-"

"Ich bin doch nicht wegen dir enttäuscht, du Trottel", unterbrach ich ihn, ehe er mir noch hysterisch zusammen klappte. "Eher von mir selbst, ich weiß nicht. Ich hätte das wahrscheinlich anders machen sollen"

Embry sah erst erleichtert aus, dann aber wieder nicht mehr. Ein wenig hilflos saß er in seiner Ecke, mit halbnackter Brust, die vom Verband größtenteils verdeckt war, starrte mich an und war mindestens genauso überfordert wie ich. "Wegen dem Kuss..."

Engelchen im Herzen, Teufelchen im Blut und den reinen Wahnsinn im KopfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt