Einige Menschen schwimmen mit dem Strom einige dagegen.

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Ich hingegen stehe mitten im Wald und finde den Fluss nicht.

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Ich machte mich auf direktem Weg zu der Treppe auf. Ich achtete nicht auf den Krach, den ich veranstaltete und bereute es zutiefst.

"Victoria?" Es kam aus der Küche und es war eindeutig die Stimme eines Mannes. Ich bin David in letzter Zeit erfolgreich aus dem Weg gegangen, doch ich war unvorsichtig und nun musste ich mich der Konfrontation stellen. In salzigen Klamotten, mit zerzausten Haaren und Füßen, die mich jeden Moment umbringen wollten. Was er sich wohl denken wird, wenn er mich sieht?

"David?", rief ich motzig zurück. Er kam mit einem strengen Gesichtsausdruck zu mir und starrte kurz verdutzt auf mein fabelhaftes Aussehen.

"Wo warst? Wie siehst du überhaupt aus? Und warum gehst du mir aus dem Weg?" Oh, es ist ihm aufgefallen. So eine Schande aber auch! Ich unterdrückte ein sarkastischen Augenrollen und hob eine Augenbraue hoch.

"Wo bist du den ganzen Tag? Kannst du aufhören, einen auf Barney Stinson zu machen?", konterte ich mit Gegenfragen. "Ich bin dir aus dem Weg gegangen, weil... ja, warum eigentlich?" Nachdenklich tippte ich mir mit einem Zeigefinger auf mein Kinn. "Achja! Ich hatte einfach keine Lust mit dir zu reden oder dich überhaupt nur anzusehen. Nur weil ich mich damit abgefunden habe, dass ich nun hier wohnen muss, heißt das nicht automatisch, dass ich dir die ganze Scheiße vergebe. Aber da wir nun schon miteinander reden, kann ich endlich ein paar Forderungen stellen."

"Forderungen? Ich glaube nicht, dass du in der Position bist, etwas von mir zu verlangen, Liebling", fuhr er mich ungewohnt scharf an. Sieh mal einer an, wenn man etwas von ihm wollte, wird er mit einem Mal ganz biestig.

"Oh doch. Glaub mir. Du willst dir anhören, was ich zu sagen habe. Aber erstmal gehe ich duschen. Und danach reden wir endlich"

Ich ging -oder besser gesagt watschelte- zur Treppe und kletterte Stufe für Stufe hoch, wohl wissend, dass David mir Löcher in den Rücken starrte. Ich war selbst überrascht von mir, vorher das plötzlich alles kam, aber ich denke, ich wollte schon lange etwas loswerden. Besser spät als nie, würde ich meinen.

Nach einer erfrischenden Dusche und wunderbar sauberen Klamotten fühlte ich mich ein wenig besser.

Schon krass, was ein bisschen Wasser alles ausmachen konnte. Eben noch müde, kaputt und reif für ein Schläfchen und hinterher war man müde, kaputt, reif für ein Schläfchen aber mit Blaubeerduft!

Doch bei dem Gedanken an das folgende Gespräch mit David sammelte sich meine angestaute Wut in meinem Bauch und verursachte ein Gefühlschaos in mir. Einerseits wollte ich ihn mal so richtig zur Rechenschaft ziehen, andererseits hatte ich absolut nicht das Bedürfnis neben ihm zu sitzen und zu reden.

Aber ich hatte bereits gesagt, dass ich es tun werde und konnte mich deshalb auch nicht mehr rausreden... Wieder eine unüberlegte Tat meinerseits, die ich bereute...

Ich sah auf die Uhr. Es war nicht einmal Acht. Genug Zeit für ein Abendessen! Als nächstes fiel mein Blick auf die Terrassentür. Sollte ich sie auf machen oder Embry einen Korb geben? Nächste Zwickmühle. Verdammt! Bevor ich wieder die Münze herauskramte, beschloss ich einfach mal das zu tun, was ich normalerweise nicht tat: Ich ignorierte die Stimmen in meinem Kopf und machte die Tür einen spaltbreit auf. Alles in mir widerstrebte sich, meine Hand auszustrecken und nach dem Türgriff zu greifen. Aber ich wollte Embry auch nicht hängen lassen... aber darüber wollte ich jetzt erstmal nicht nachdenken. Ich hatte noch etwas zu tun.

Mit schlaffen und müden Beinen sprang ich die Stufen runter und dachte kurzzeitig, ich würde unten nicht heil ankommen. Aber ich schaffte es einigermaßen, geradeaus zu gehen ohne umzukippen.

Engelchen im Herzen, Teufelchen im Blut und den reinen Wahnsinn im KopfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt