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-Kapitel 9

|| I'd catch a grenade for ya ||
~Bruno Mars - Grenade

°ARIANA°
Mittwoch, 20. April

Ich atmete Alban. In diesem Moment habe ich geatmet auch wenn die Luft nur so auf meine Lungen drückte und ich das Gefühl hatte, dass alles was ich dachte und sagte sich wie ein schlimmer Fehler anfühlte. Du kannst dir nicht vorstellen wie leid es mir tat. Ich hatte solche Schmerzen, aber die waren nicht mit deinen zu vergleichen, denn das was du in diesem Augenblick gefühlt hast war Kälte. Ich konnte fühlen wie du nach Wärme geschrien hast und ich sie dir einfach nicht geben konnte. Würdest du mir jetzt verzeihen, wenn ich dich daran erinnern würde?

Seine Augen liegen voller Trauer auf meinem Körper und brennen zutiefst. Ich fühle so viel Schuld in mir, dass ich mich sofort dazu entscheide ihm alles zu erzählen. Alban kehrt mir aber nur den Rücken zu und rennt ins Haus rein. Dabei packt er den Schläger, den ich für das Auto verwendet habe. Mit einem schlechten Gewissen gehe ich ihm nach direkt in sein Zimmer und beobachte stumm wie er plötzlich alles was er im Visier hat kaputt schlägt.

Menschen machen keine Sache kaputt, weil sie teuer sind.

»Ich habe kein einziges Foto mehr.«, schreit er und schlägt auf sein Nachtkasten ein. »Ich habe NICHTS Ariana. Jetzt. Jetzt habe ich nichts mehr. Das hast mir das letzte Stück weggenommen.«
Alban schmeißt sein Schläger weg und setzt sich erschöpft auf den Boden hin. Langsam lehnt er sich nach hinten und schaut mich lächelnd an.
»Wer ist das Monster Ariana? Bin ich es, oder doch du?« Ich setze mich neben Alban hin und drücke ihn an mich. Sein Kopf glüht und seine Hände sind eiskalt. Beruhigend streiche ich über seine Haare und ziehe mit der anderen Hand seine Decke zu uns runter.
Wer ist das Monster?

»Dein Auto steht in der Garage.«, flüstere ich in sein Ohr. Kurz ist es still bis er wie auf Knopfdruck anfängt zu lachen. Verwirrt beobachte ich ihn von unten und streiche weiter durch seine Haare. »Ich weiß. Ich habe es selbst in die Garage gestellt. Die Wut die mich gepackt hat war nicht die Kopie von meinem Auto sondern du Ariana. Wie du es auch nur wagen konntest mir das anzutun.«

»Ich wollte, dass du etwas fühlst.«, flüstere ich wie benommen und ignoriere die erste Träne die auf seinem Haarschopf fällt. Alban nickt an meiner Schulter und schließt seine Augen. »Ich habe so viel Hass in mir. Reicht dir das nicht? Siehst du denn nicht meine Wut? Ich fühle mehr als du denkst, aber was ich fühle tut weh und hat in deiner Welt nichts verloren. Hast du geglaubt ich könnte jemals lieben?»

»Wieso denkst du so negativ über die Liebe?«, frage ich enttäuscht. Alban presst seine Augen fester zusammen und runzelt seine Stirn.
»Liebe ist wie ein Gefängnis. Es sitzen immer zwei in einem Käfig. Der Unterschied ist nur, dass beide ein Schlüssel haben und jederzeit raus gehen können. Keiner entscheidet sich dazu das Zimmer zu verlassen. Freiwillig. Dann gibt es noch einen der raus geht und irgendwann wieder reinkommt, während der andere drinnen bleibt. Sag Ariana, wer geht raus um nur wieder reinzukommen? Wer hat ein Schlüssel in der Hand und bleibt trotzdem drinnen?«

Donnerstag, 21 April

Seit gestern habe ich kein einziges Wort mehr von Alban gehört. Er fährt mich zur Schule, holt mich wieder ab und das ohne mich auch nur anzuschauen. Ich will mit ihm reden und sein Leid an mich reißen, aber egal was ich sage und mache - es funktioniert nicht. Jedes Mal wenn wir alle gemeinsam am Esstisch sitzen ist es so still, dass man uns sogar kauen hören kann. Sobald Alban aufsteht und das Esszimmer verlässt, ensteht plötzlich eine Konversation und seine Eltern lachen über alles was ihnen in den Sinn kommt. Arta sitzt meistens nur still da und beobachtet ihre Eltern mit enttäuschenden Blicken. Alban und Arta reden nichts wenn sie dabei sind. Arta ist wie eine Flamme. Sie hat viel zu erzählen und mit ihrem Temperament muss man mithalten, aber dieser erlischt sofort wenn wir die Stiegen runter gehen und das untere Stockwerk betreten.

Arta ist gerade eben von der Schule gekommen und erzählt mir von irgendeinem Typen der neu an der Schule gekommen ist, als ich einen Anruf von Dardan bekomme. Entschuldigend schaue ich sie an und stelle auf Lautsprecher. »Hey.«, sage ich während ich mich auf meinem Rücken hinlege und ein Grinsen von Arta bekomme, die mir auffällig zuzwinkert. Ich schaue sie ekelerregend an und zeige ihr den Vogel. Dardan ist wie ein Bruder für mich - das wäre Inzest.

»Elvir fragt wie es dir geht und ob du etwas brauchst.«, berichtet er mir und im nächsten Moment höre ich jemanden laut husten und ein verzweifeltes Flüstern. »Kann er mich das nicht selbst fragen?«, frage ich sichtlich wütend und greife nach meinem Handy. Dardan atmet genervt aus und verdreht seine Augen - so wie ich ihn kenne. »Brauchst du etwas?«, wiederholt er seine Frage und seufzt. »Nein. Seid ihr im Boxclub?«, stelle ich ihm auch schon meine nächste Frage. »Ja. Oke muss auflegen. Tschüss.« Somit höre ich das Piepen.

Ich verstehe einfach nicht warum mich Elvir nicht selbst anruft. Dass etwas nicht mit ihm stimmt ist klar, aber das ist noch immer nicht ein Grund mir aus dem Weg zu gehen. Sonst vertrauen wir uns immer alles an und sogar Rion merkt, dass es Elvir diesmal zu weit treibt. Dardans Verhalten ist wie immer normal. Er hat einfach kein menschliches Gefühl und macht alles falsch was man falsch machen kann. Man könntest vor ihm ein Bein verlieren und er würde es eher interessant finden statt einen Krankenwagen zu rufen. Es gibt viele Ereignisse, die mein heutiges Ich geprägt haben und ich bin noch immer traumatisiert deswegen. Das Einzige was er aber dazu sagt ist: "In einer Woche wirst du darüber lachen." Ich habe nie darüber gelacht.

»Das war gerade ein echt komisches Telefonat.«, meint Arta und bindet ihre Haare zu einem hohen Pferdeschwanz. Ich stimme ihr nickend zu und lege an ihr von Elvirs Verhalten zu erzählen, als es an der Tür klopft. Die Tür geht langsam auf und Alban steht mit nassen Haaren im Zimmer. Sein Blick gleitet kurz zu mir und dann wieder streng zu Arta. »Du hast dein Handy im Badezimmer vergessen und dir hat jemand geschrieben.«
Alban übergibt ihr das Handy langsam ohne die Augen von ihr zu nehmen und fügt dann noch hinzu: »Sag ihm, dass ich ihm seine Zunge rausschneide wenn er dir noch einmal ein Bild von seinem kleinen, krumen Schwan* schickt.«

Mit diesen Worten verlässt er das Zimmer und lässt eine schockierte Arta auf den Bett sitzen, die auf ihrem Handy schaut und dann sauer ihr Handy auf die Couch schmeißt. Länger kann ich mich nicht zurück halten und fange so laut an zu lachen, dass ich fast vom Bett falle, mich aber noch rechtzeitig an der Bettdecke festhalten kann. »Du hast ein Bild von seinem Ding-Dong bekommen?«, frage ich luftlechzend. Arta nimmt darauf nur ein Kissen und wirft mich damit beleidigt an.
»Er geht in meine Klasse und will was von mir. Was kann ich dafür wenn er mir solche Bilder schickt?«, währt sie sich.

Dazu kann ich nichts sagen und lache weiter. Sie sollte das Bild unbedingt löschen bevor das ihre Eltern noch mitbekommen. Schon allein Albans Reaktion ist Goldwert und auch irgendwie einschüchternd. Wenn ich darüber nachdenke habe ich Albans Stimme wieder gehört. Zwar nicht die Worte, die ich eigentlich hören wollte - dennoch etwas.

»Alban hat gerade den großen Bruder raus gelassen. Das hat er seit zwei Jahren nicht mehr gemacht.«

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|| Should've known you were trouble ||
~Bruno Mars - Grenade

Pechschwarze AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt