20. Kapitel

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Tief atme ich durch und trete einen Schritt von Biancas Grab zurück. Meine Mutter verharrt noch kurz dort, dann dreht sie sich zu mir um. Erneut klammert sie sich leicht an meinem Arm fest und ich führe sie zur Seite damit die anderen Trauergäste sich ebenfalls von ihr verabschieden können. Mom reicht mir ein Taschentuch, ich wische mir damit die Tränen weg. Ich habe das Gefühl, dass mir schwindelig wird, was wahrscheinlich an dieser ganzen Situation liegt. Das ist viel zu früh. Bianca hatte noch ihr ganzes Leben vor sich. Sie kann nicht jetzt schon leblos dort unten in ihrem Sarg liegen. Sie kann einfach noch nicht fort sein. Sie darf nicht fort sein.

Die Familie kommt als erstes nacheinander an uns vorbei, viele sprechen noch einmal ihr Beileid aus, erklären wie betroffen sie davon sind, dass Bianca so schnell gehen musste. Es nervt. Es nervt einfach nur. Dieses ganze Gerade lässt Bianca auch nicht mehr aufspringen und weiter leben. Das alles können sie sich wirklich sparen. Das ganze überreizen tut meine Oma, die Mutter von meinem Vater.

„Hach, vielleicht hatte Bianca einfach ein schlechtes Vorbild."

Das scheint meinem Körper ein wenig einen Ruck zu geben, die Müdigkeit und der Schwindel lassen leicht nach. Mit dem schlechten Vorbild meint sie eindeutig meine Mutter. Nachdem mein Vater gestorben ist hat sie getrunken. Sehr viel getrunken. Zwar kann ich mich daran nicht mehr so wirklich erinnern, doch dieses Thema kam oft genug zur Sprache. Und das Bianca nun gestorben ist, mit Alkohol im Blut, lässt dieses Thema nun wieder in den Vordergrund kommen.

Meine Mutter schwankt etwas neben mir als sie realisiert was Oma gerade eben gesagt hat. Ich halte sie am Arm fest. „Danke Oma", sage ich extra verachtend und leise, damit es niemand anderes mitbekommt, „das war wirklich sehr aufbauend."

Zu letzt kommen die zwei Brüder meines Vaters. Ich kann immer wieder einfach nicht glauben das die beiden Brüder meines Vaters sind, weil jeder einfach anders aussieht. Sie kommen zu mir, jeder klopft mir mit einem ernsten Blick bloß auf die Schulter und laufen weiter. Ich weiß nicht warum, aber das spendet mir mehr Trost als das ganze Mitleids Gelaber.

Die schwarze Menge arbeitet sich immer weiter vor, bis Freundinnen von Bianca vorbei kommen, die nur kurz zu lächeln versuchen als sie vorbei laufen. Schließlich kommen die ganzen Leute die ich nicht kenne, die ganzen Freunde und Lehrer und was weiß ich wer, aus dem College. Alle laufen schweigend an mir vorbei, außer ein Junge mit lockigen schwarzen Haaren. Er hat einen Gips am linken Arm und anscheinend eine Schiene am rechten Bein. Schon vorhin ist mir aufgefallen, dass ein paar Leute vom College Verletzungen haben, wie zum Beispiel Schnittwunden im Gesicht zum Beispiel. Der Junge der nun vor mir steht hat ebenfalls ein paar Krater im Gesicht die aber fast schon verheilt zu sein schienen.

„Du bist Nico, oder?", fragt er.

Blöde Frage., denke ich mir, nicke aber trotzdem. Er streckt seine rechte Hand aus. „Ich bin Dakota. Ich war ein Freund von Bianca. Können wir uns kurz unterhalten?"

Erst starre ich die Hand von Dakota an, versuche den Fakt zu verarbeiten das nun von Bianca immer in der Vergangenheit geredet wird, und dann schaue ich zu Mom. Sie nickt nur. Ich schüttele daraufhin seine Hand und auf seinen Lippen zeigt sich ein schmales Lächeln. „Können wir ein Stück..", murmelt er mit einer Handbewegung zur Seite. Aha, er wollte sich also alleine mit mir unterhalten oder was. Ich seufze und laufe dann langsam los. Mein Blick schweift aber zu einem blonden Lockenkopf.

Will ist fast an Biancas Grab, sein Gesichtsausdruck ist ernst und fokussiert. Ich hoffe irgendwie das ich später noch eine Möglichkeit habe mit ihm zu reden.

Als wir uns um die 12 Meter entfernt haben drehe ich mich zu Dakota um. „Was?", murmele ich gereizt. Er schaut mich mit einem ausdruckslosen Gesichtsausdruck an.

And then something changedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt