XXVI

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Leave me alone.

Tyler's POV:

Die Ärzte hier sind ganz nett. Sie kümmern sich um mich, wenn meine Mutter nicht da ist. Was öfters der Fall ist.
Ich sitze in der Cafeteria und esse Frühstück. Ich gucke mich um. Hier sitzen hauptsächlich ältere Menschen, aber auch ein kleines Mädchen, dass höchstens 6 Jahre alt ist. Es ist alleine hier. Sie guckt sich unsicher um, ein bisschen verängstigt.

Ich beobachte sie während ich frühstücke. Nach einer Zeit bin ich mir sicher dass sie ganz alleine hier ist. Ich nehme mein Tablett, und gehe auf ihren Tisch zu. Ich frage sie ob ich mich zu ihr setzen darf.

Ich bin eigentlich noch nie Kontaktfreudig gewesen, aber das Mädchen hier allein sitzen zu sehen, ohne was zu tun....

Sie nickt leicht und starrt mich an.

"Ich bin Tyler. Und wer bist du?"

"Ich bin Tamira."

"Hallo Tamira, wie geht es dir?"

Sie zuckt die Schultern und schlürft an ihrem Kakao.

"Bist du ganz alleine hier?"

Sie nickt. Ich beschließe, sie nicht zu fragen warum sie hier ist. Oder warum niemand sie besucht.
Ich versuche mich an irgendetwas witziges zu erinnern. Ich will dieses kleine Mädchen lächeln sehen. Es ist so alleine.
Ich erinnere mich an einen Witz.

"Mochtest du einen Witz hören?"

Tamira nickt.

"OK: Was sagt der hungrige Löwe, wenn er einen Ritter in einer Rüstung sieht?"

Tamira zuckt mit den Schultern, guckt mich aber interessiert an.

" 'Oh nein, nicht schon wieder. Immer dieses Dosenfutter.' "

Erst guckt sie verwirrt. Dann zucken ihre Augenwinkel nach oben, dann fängt sie an zu lachen. Sie lacht bis Tränen in ihre Augen steigen. Auch ich werde angesteckt. So glücklich habe ich mich ewig nicht mehr gefühlt. Es tut gut, endlich wieder zu lachen. Eigentlich war der Witz garnicht so witzig, und es war der einzige Witz an den ich mich erinnern kann, aber auf Tamira hat er anscheinend große Wirkung.

"Ich hab ewig nicht mehr so gelacht", japst sie. Inzwischen haben sich viele Blicke auf uns gerichtet. Das ist mir aber gerade egal. Hauptsache das warme Gefühl in meiner Brust bleibt.

Nach dem Frühstück will sie mir ihr Zimmer zeigen. Sie nimmt mich an die Hand und führt mich in die endgegen gesetzte Richtung zu meinem Zimmer. Ich gucke auf die Wegweiser an der Wand. 'Kinderstation' steht auf einem Pfeil der in die Richtung zeigt wo wir hingehen. 'Jugendstation' steht auf dem Pfeil der in die Entgegengesetzte Richtung zeigt.

Sie zieht mich weiter und nach ein paar Minuten sind wir da. Sie führt mich so sicher zu ihrem Zimmer, als wenn sie schon ewig hier wohnt. Ich hab schon längst die Orientierung verloren.

Am Raum angekommen, läuft sie rein und wirft sich auf ihr Bett. Ich gucke mich um. Ihr Zimmer sieht sehr persönlich aus. Es hängen sehr viele Fotos an der Wand und auf dem Tisch sind Schulsachen verteilt. Ich gehe zu den Fotos. Auf den meisten ist sie auf einer Wiese neben Schafen oder Kühen zu sehen. Auf manchen in einem Stall. Und ein auf ein paar Fotos liegt sie an einem Strand.

"Meine Eltern hatten einen Bauernhof."
Ihre Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern.
Ihre Eltern sind also tot.
Ich suche die Fotos nach anderen Verwandten oder Freunden ab, aber entweder ist nur Tamira auf den Fotos oder ihre Eltern mit ihr.

"Wie lange bist du schon hier?", frage ich sie.

"43 Tage. Ich zähle sie."

Ich schlage mir die Hand vor den Mund.
43 Tage, in denen sie in diesem Gebäude war.
43 Tage, in denen sie wahrscheinlich niemand außer den Ärzten besucht hat.
43 Tage, in denen sie ganz alleine ihren Gedanken ausgesetzt war.

Joshler? (GER)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt