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Anna hatte mich gefunden. Ohne etwas zu sagen, hatte sie mir die Hand auf die Schulter gelegt und mich zum Zimmer geführt. Als erstes kam man ins Wohnzimmer, von da aus zum Schlafzimmer und Badezimmer. Die Küche war ohne Tür neben dem Wohnzimmer eingerichtet. Sie hatte mich hergebracht und war dann mit einem "Bis später" gegangen.

Jetzt gerade versuchte ich mit meiner neuen Umgebung klar zu kommen. Ich versuchte zu verdrängen, dass hier vorher Magische gewohnt hatten. Vielleicht sogar Dämonen. Starr blickte ich auf die Straße und sah sie doch nicht. In meinen Gedanken war ich wieder in Julians Büro mit dem Dämon. Bizarrer Weise sah er perfekt aus. Die dunklen Haare bildeten einen starken Kontrast zu seiner hellen Haut. Aber was mich am meisten verängstigt hatte, waren seine Augen. Sie strahlten Machtgier und Überlegenheit aus. Vielleicht war er hier, weil er einer der Guten war. Aber das konnte nicht über seine dunkle Seite hinwegtäuschen. Sein ganzes Auftreten signalisierte Macht, versehen mit einer undurchschaubaren Andeutung von Gefahr, die jeder verstehen konnte.

Es klopfte an der Tür. Ich zuckte zusammen. Vorsichtig näherte ich mich und öffnete sie einen Spalt breit.

"Hallo Bella, kann ich rein kommen?"

Es war Julian, der mich beruhigend ansah. Ich nickte zögerlich und ließ ihn rein. Er setzte sich aufs Sofa und bedeutete mir Platz zu nehmen. Ich setzte mich in den Sessel gegenüber.

"Ich bin hier, um mit dir zu reden und dir einen Vorschlag zu machen."

Er vergewisserte sich, dass ich zu hörte und sprach dann weiter.

"Deine Entführung wurde von Dämonen geplant und durchgeführt."

Ich zuckte zusammen als unweigerlich dunkle Erinnerung hoch kamen.

"Wir gehen davon aus, das man dich entführt hat, weil...."

Er zögerte kurz und ich machte mich noch kleiner, denn ich wusste was er sagen wollte.

"Die meisten Dämon sind sehr grausam, aber nicht alle. Ich kenne viele Ausnahmen, die mir schon in schwierigen Situationen geholfen haben. Was ich sagen will, Dämonen lieben es aus Schwächen ihre Stärke zu ziehen, deshalb wurdest du entführt. Du hast keine Magie, trotzdem bist du Teil einer Familie die im Rat sitzt. Viele Dämonen hassen den Rat, denn er hindert sie daran sich zu nehmen was sie wollen. Der Rat setzt ihnen Grenzen, die den Dämonen nicht passen. Die meisten akzeptieren sie inzwischen. Für alle, die sie nicht akzeptieren, ist der Rat zuständig. Deshalb wurdest du entführt. Es ging nicht um dich sondern um den Rat, denn dem wollten sie schaden."

Nachdem er das gesagt hatte, gab er mir Zeit zum Verdauen. Ich konnte nicht glauben, dass ausgerechnet mir das passieren musste. Vor allem weil ich mit der Sache nichts zu tun hatte. Bis vor meiner Entführung wusste ich nichts von der magischen Welt. Ich kannte sie nur aus Geschichten und Mythen, die mir meine Eltern früher immer erzählt haben. Meine Eltern mussten von allem gewusst haben und sie hatten sich entschieden zu Schweigen. Vielleicht wollten sie verhindern, dass ich mich ausgeschlossen fühlte. Trotzdem schmerzte am meisten die Tatsache das ich nur eine Last war, eine Bürde, eine Verantwortung.

"Bella"

Julians Stimme riss mich aus meinen Gedanken.

"Der Dämon, der im Büro war, kann uns helfen herauszufinden wer genau dich entführt hat. Er ist in der Dämonenwelt sehr bekannt und hat dementsprechend Macht. Allerdings ist er immer noch ein Dämon und hat damit auch seine dunkle Seite. Ich weiß er setzt seine Macht nicht nur für gute Sachen ein, aber solange er keine Grenzen übertritt ist das in Ordnung. Trotzdem liegt die Entscheidung bei dir, ob du mit ihm zusammen arbeiten möchtest um den Fall mit uns zu lösen."

Erschrocken sah ich ihn an. Auf keinen Fall wollte ich mit einem Dämonen zusammen arbeiten. Auch wenn ich wusste es würde helfen den Fall zu lösen. Dafür hatte ich zu sehr Angst. Die Narben saßen zu tief. Wenn ich könnte, würde ich nie wieder einem Dämon begegnen. Ich schüttelte den Kopf und sah ihn bittend an. Er musste verstehen warum ich nicht wollte. Er nickte nieder geschlagen.

"Das habe ich mir gedacht."

Er lächelte mich aufmunternd an.

"Keine Sorge, wir werden die Entführer trotz dessen enttarnen." 

Während er das sagte, stand er auf. Hastig erhob ich mich auch, wenn ich saß fühlte ich mich so klein und wehrlos. Julian seufzte, sagte aber nichts. Das machte es erträglicher für mich und dafür war ich ihm dankbar. Er ging zur Tür. Ich folgte ihm mit Abstand.

"Bevor ich es vergesse, wenn du etwas brauchst kannst du jederzeit zu mir oder Anna kommen", sagte er noch, bevor er aus der Tür ging und im Gang verschwand.

Ich schloss die Tür und überprüfte dreimal, ob sie verschlossen war. Dann ging ich seufzend zu meinem, noch nicht ausgepacktem, Koffer und machte mich an die Arbeit. Als ich fertig war, fing ich an die Zimmer abzugehen, überall Jalousien runter zu lassen und jedes Licht an zu machen. Nachdem das erledigt war schaltete ich den Fernseher an, um mich nicht so allein zu fühlen. Ich sah mich unschlüssig um und beschloss dann mich für das Bett fertig zu machen. 

Ich setzte mich ruckartig aufrecht hin. Schweißgebadet sah ich mich im dunklen Schlafzimmer um. Etwas hatte mich geweckt. Ich zitterte als es wieder an der Tür klopfte. Das hatte mich geweckt. Einerseits war ich froh, denn ich war meinem Alptraum entkommen. Andererseits stand vielleicht gerade der nächste Alptraum vor meiner Tür. Ich zog meinen Bademantel über den Pyjama und schlich dann leise zu Tür.

"Ich würde an deiner Stelle aufmachen, denn ich stehe hier schon länger und wenn ich ungeduldig werde, bekomme ich schlechte Laune."

Die tiefe, drohende Stimme strich über meine Haut, als stände er direkt neben mir. Erstarrt trat ich langsam immer ein Schritt nach dem anderen zurück, bis ich mich zwang stehen zu bleiben. Das war der Dämon aus dem Büro, Zar Diabolos. Mein Gesicht wurde aschfahl, meine Augen hetzten im Raum hin und her. Ich musste sofort hier weg. Mein ganzer Fluchtinstinkt rief mir Warnungen zu. Bevor ich allerdings weg rennen konnte, klackte es an der Tür. Der Dämon öffnete die Tür, als wäre sie nie verschlossen gewesen.

"Vergiss es", sagte er auf meinen panischen Blick zur Tür.

Mit einem Knall verschloss er sie und stellte sich davor. Mein Atem beschleunigte sich und meine Hände wurden eiskalt. Meine Beine fühlten sich bleischwer an, trotzdem rannte ich los. Mein Ziel war das Bad, das konnte ich verschließen und vielleicht aus dem Fenster klettern. Doch weit kam ich nicht. Ein kräftiger Arm schlang sich um meine Mitte, stoppte mich, drehte mich um und presste mich mit dem Rücken an die Wand.

Geküsste der Dämmerung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt