...zu haben...

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Dieses Kapitel ist für eine ganz tolle Freundin und für meine Schwester, weil die beiden mich immer unterstützen.
Viel Spaß beim Lesen😚

Ich zeichnete. Etwas dass ich schon ewig nicht mehr getan hatte. Mit sicheren Linien entstand ein Bild. Ein Bild, wo die Angst nicht gegenwärtig war so wie sonst in mir. Es war in der Anfangsphase. Der Vogel, welcher sich aus seinem Käfig befreite, war erst zur Hälfte gezeichnet. Es würden später noch bunte Farben dazu kommen. Das Problem an diesem Bild war, dass es etwas symbolisierte, was bei mir nicht eintreffen würde. Mein Käfig war zu fest verschlossen, teilweise von mir selbst erbaut. Klar das Erlebte hatte die Grundstäbe gesetzt und als ich gemerkt habe das ich kämpfen muss um sie niederzureißen, habe ich lieber den Rückzug angetreten. Denn warum sollte ich die Stäbe zerstören? Sie boten mir momentan mehr Sicherheit als mir irgendeiner geben konnte. Deshalb hatte ich meinen Käfig selbst noch mehr gefestigt.

Plötzlich quitschte die Tür und die Atmosphäre änderte sich schlagartig. Dunkle Energie schlich in den Raum bis zu mir. Stocksteif wagte ich mich nicht zu bewegen. Ich kannte diese Macht. Obwohl ich ahnte wer gekommen war, drehte ich mich um. Zar Diabolos war hier.

"Du solltest dir das schreckhafte Verhalten abgewöhnen. Schließlich werden wir uns demnächst öfter sehen."

Die tiefe Stimme glitt bis in mein Innersten und wollte sich dort festsetzen. Ich wehrte mich nicht dagegen. Schluckend beobachtete ich, wie er näher kam. So musste sich die Beute im Auge vom Raubtier fühlen.

"Von deiner Angst können sich manche Dämonen ernähren, das weißt du oder?"

Da war sie wieder, die Gefahr die von ihm ausging und mich ängstigte. Sein Blick richtete sich auf den Schreibtisch hinter mir.

"Hübsches Bild, ich möchte es sehen, wenn es komplett fertig ist."

Sein Lächeln wirkte spöttisch und alarmierend. Nervösität stieg in mir auf. Warum war er hier? Wollte er mir fragen zur Entführung stellen oder hatte er Schlimmeres mit mir vor? Ohne zu fragen setzte er sich auf das Sofa. So wie er da saß könnte man meinen ihm gehört hier alles. Innerlich rügte ich mich. Es war klar, dass es so aussah. Schließlich bräuchte er nur sagen "Raus" und ich würde sofort die Flucht ergreifen. Allerdings würde ich das wahrscheinlich bei jedem tun.

"Ich möchte das du mir erzählst, wie es zu der Entführung kam. Was alles passiert ist. Wie die Befreiung ablief und was du danach alles getan hast. Verstanden?"

Die Macht, die mich daraufhin überrollte, ließ mich aufkeuchen. Zitternd nickte ich und wollte schon Papier und Stift raus holen doch seine Stimme ließ mich innehalten.

"Ich habe was von erzählen gesagt und nicht von Schreiben. Meinetwegen kannst du alle anschweigen, aber bei mir wirst du es nicht tun. Das dauert zu lange und ich sehe auch keinen Grund dafür, denn du bist nicht stumm."

Ich umklammerte den Stift in meiner Hand so fest das es knackste. Und dann machte ich das dümmste was ich tun konnte. Ich schüttelte den Kopf. In Sekundenschnelle stand er vor mir, ragte drohend über mir und beugte sich dann gefährlich nah zu mir runter.

"Nenn mir einen guten Grund, warum du weiter schweigen solltest."

Mein ganzes Ich war von Angst überflutet, mein Verstand schrie mir Warnungen zu und mein Herz stolperte ängstlich und unregelmäßig. Ich holte tief Luft und tat das Einzige was mir in dieser Situation übrig blieb, ich fing an zu erzählen.

"I-ch rede nicht mehr, w-weil dann jeder merkt d-das mit mir etwas n-nicht stimmt. Immer w-wenn ich meiner F-Familie in die Augen s-sehe, erblicke ich n-nur Schmerz. Ich wollte ihn n-nicht mehr s-sehen."

Unglücklich ließ ich den Kopf hängen. Selbst reden konnte ich nicht mehr richtig. Aus Angst ich würde das Falsche sagen und dann die Konsequenzen dafür spüren zu müssen. Anstatt mich mitleidig anzusehen oder aus zu lachen, entfernte sich Zar nur etwas von mir und ragte immer noch vor mir auf.

"Es ist wirklich bedauerlich, dass deine Familie sich nicht richtig dir gegenüber verhält, aber immer noch kein Grund für mich dein Schweigen zu akzeptieren."

Ungläubig sah ich auf.

"S-stört dich d-das nicht?", wagte ich zu fragen.

Kurz zuckte sein Mundwinkel. Ich hielt die Luft an. Hatte er gerade fast gelächelt ohne Spott oder Verachtung in seinem Blick.

"Ich glaube bei dir wird es mein kleinstes Problem sein", war seine einzige Antwort darauf.

Erleichtert atmete ich aus, bis mir das Gesagte wieder einfiel. Er würde nicht akzeptieren das ich ihm alles aufschrieb. Ich würde ihm alles erzählen müssen. Alles. Bei dieser Vorstellung wurde ich blass und in mir stieg Übelkeit auf. Ich wollte ihm nichts erzählen. Wenn ich mich nicht mal meiner Familie noch Julian oder Anna auf schriftlichen Wege mitteilen konnte worüber meine Alpträume handelten. Wie sollte ich es dann schaffen ihm zu sagen?

"I-ich k-kann n-nicht", stieß ich gerade noch hervor, bevor mich die Übelkeit überrollte und ich ins Bad sprintete, um mich über das Klo zu beugen und zu würgen.

Mein Kopf dröhnte. In meinen Ohren rauschte es und mir stand kalter Schweiß auf der Stirn. Meine Sicht verschwamm und erste Tränen liefen mir über die Wange. Ich hörte Schritte und ein Seufzen dann wurde mir eine Decke um die Schulter gelegt. Ich hatte nicht bemerkt, dass ich vor Kälte zitterte. Ich hörte, wie sich seine Schritte die sich entfernten. Ich kam schwankend auf die Beine und ging zum Waschbecken um mir meinen Mund auszupülen und mir warmes Wasser ins Gesicht zu spritzen.

Dann schlürfte ich kraftlos ins Wohnzimmer und ließ mich auf die Couch fallen. Ich hörte Zar, der anscheinend in der Küche war. Dankbar dass er mir kurz Zeit gab mich zu sammeln, schloss ich die Augen. Als ich seine Schritte hörte setzte ich mich auf. Er hielt zwei Tassen Tee in der Hand. Eine gab er mir. Unsicher sah ich ihn an.

"Nun nimm schon." Seine Stimme grollte genervt.

Hastig griff ich nach der Tasse, um ihn nicht noch mehr zu verärgern.
Er setzte sich in den Sessel gegenüber. Verkrampft saß ich ihm gegenüber den Blick gesenkt. Der Hauch von Gefahr war in seiner Aura immer gegenwärtig, wie bei den Auren von den anderen Dämonen.

"I-ich kam g-gerade nach H-hause. Es war schon s-spät, denn d-das Einkaufen hatte l-länger gedauert. Lydia u-und Katja s-sind an dem T-Tag immer bei G-Grandma. Deshalb
g-geh", ich stockte kurz und erzählte dann weiter,"ging i-ich immer a-an diesem Tag e-einkaufen....", zögerlich erzählte ich ihm wie es anfing.

Dass anfangs immer dieselben Dämonen kamen, aber dann irgendwann auch andere. Es war noch nicht viel, was ich ihm erzählte. Es war weniger als die Hälfte, gerade erst der Anfang und trotzdem konnte ich nicht mehr. Ich verstummte und sah ihn vorsichtig an. Er nickte und signalisierte mir damit, dass es für heute reichte. Ich seufzte erleichtert und trank meine Tasse aus. Er stand auf. Panisch kam ich auch auf die Füße, bis ich begriff das er nicht vorhatte zu mir zu kommen sondern zu gehen. Ich wurde rot. Er sah mich noch kurz interessiert an und wandte sich dann ab.

"Das reicht für heute, bis morgen kleine Bella!"

Ich starrte auf die ihm mit offenem Mund nach. Erst nach und nach drang sein Kosename bis zu meinem Herzen. Wo er eigentlich nichts zu suchen hatte.

Geküsste der Dämmerung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt