...vielmehr eine Sehnsucht...

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Mein Blick glitt über die Häuser nur unterbrochen von Straßen. Auch wenn ich raus schaute sah ich nicht wirklich hin, denn meine Gedanken sprangen hin und her. Zwischen den Erinnerungen und der Überlegung wie es weitergehen könnte, hatten sie sich zu einem heillosen Durcheinander verknotet. Ich hatte mein Ziel aus den Augen verloren wusste erst mal nur soweit wie ich gehen konnte. Meine größte Angst war von meiner Familie noch mehr nicht als ich selbst angesehen zu werden, sondern als etwas auf das man aufpassen musste. Angerufen hatte ich noch nicht ich wollte es am besten so lange wie möglich herauszögern. "Sieht so aus als würden deine Probleme immer mehr werden, anstatt nach und nach gelöst zu werden", sprach mich Zar an. Meine Hände verkrampften sich und die Angst holte mich wieder ein. Er war bestimmt sauer, weil er eigentlich besseres zu tun hatte als meiner Familie zu berichten wie anders ich war. Ich blickte vorsichtig auf, er saß mir gegenüber, um uns herum waren alle Plätze frei geblieben, trotz der vielen Menschen die jetzt früh zur Arbeit mussten. Instinktiv erkannten sie die Gefahr die von ihm ausging. "T-tut m-mir
l-leid", murmelte ich und sah zur Seite um nicht seinen bohrenden Blick stand halten zu müssen. Eine Weile schwieg er, was mich dazu brachte mich noch unwohler zu fühlen. "Weißt du, zum Anfang hab ich dich für übervorsichtig gehalten und sah keinen Grund dazu. Ja klar die Entführung die du überlebt hast war eine Sache, aber auch bei der muss man irgendwann einen Schlussstrich ziehen. Jetzt wo ich eine ganze Weile mit dir verbracht habe, bekomme ich den Verdacht das mit der Entführung nur etwas begonnen hat das noch lange nicht vorbei ist. Und ich frage mich ob du das nicht unbewusst gewusst hast", die Ansprache von Zar kam urplötzlich. Meine Hände fingen an zu zittern und mir wurde eiskalt. "D-du denkst e-es ist n-noch n-nicht v-vorbei", krächzte ich und schluckte schwer. Mein Blick senkte sich auf meine Hände. Ich hatte gedacht mit der Entführung das schlimmste überstanden zu haben. Sollte es nicht so sein? Ich zitterte stärker und eine Träne verließ mein Auge. Hastig wischte ich sie weg. Was sollte ich den noch alles überleben um dann wieder ein sicheres Leben haben zu können? Eine Bewegung lenkte meine Aufmerksamkeit auf Zar, dieser griff nach meinen Händen. Ich zuckte zurück, aber davon ließ er sich nicht aufhalten und nahm meine zitternden Hände in seine. Wärme umfing mich und auch meine innerliche Unruhe verschwand und wurde ersetzt durch einem Kribbeln im Bauch. Meine Gedanken flogen durcheinander. Warum tat er das? Wollte er nur das ich nicht mehr nervte oder lag ihm was an mir? Zaghaft sah ich ihn an, sein Blick lag intensiv auf mir und sein Daumen fing an kleine Kreise auf meinen Handrücken zu malen. Überrascht sah ich auf unsere Hände. Wie sie so da lagen könnte man wirklich glauben, dass das völlig normal war. Viel zu schnell kam die Station zum Aussteigen. Meine Hände tief in der Jackentasche vergraben, wollte ich die Wärme die mir Zar's Hände gegeben hatten, so lange wie möglich behalten. Dann standen wir vor unserem Haus und ich drückte auf die Klingel. Es war ein komisches Gefühl mit Zar bei meinem Zuhause zu sein. Es hatte nur er eine Tasche gepackt, ich hatte ja Sachen hier. Als keiner aufmachte drückte ich nochmal auf die Klingel und wurde langsam nervös. "Sind sie vielleicht woanders?", fragte Zar als immer noch keiner aufmachte. "I-ich w-weiß n-nicht", stotterte ich nervös. "Wie wärs wenn du sie anrufst", schlug Zar vor. Ich nickte und fischte unruhig mein Handy aus der Tasche. Bisher hatte ich es nicht benutzt, meine Schwestern hatten es mir eingerichtet und so dauerte es eine Weile bis ich die Nummer meiner Mutter gefunden hatte. Zu lange, in der Zeit hatte sich mein Kopf alle möglichen Horrorszenen ausgedacht und meine Hand zitterte wieder so stark wie vorher. Ich hielt mir das Handy ans Ohr und wartete ungeduldig auf das Tuten. Meine andere Hand verkrampfte sich um meine Jacke bis sie sanft davon gelöst wurde. Zar hatte meine Hand wieder in seine genommen. Das Wissen hier nicht allein zu stehen gab mir Kraft und das Zittern ließ nach. Jedenfalls so lange wie ich noch darauf wartete das sich meine Mutter meldete. Mit jeder Sekunde in der niemand abnahm bekam ich mehr Panik. Allein die Gewissheit das Zar neben mir stand hielt mich vom hyperventillieren ab. Dann nahm der Anrufbeantworter ab und ich ließ fassungslos mein Handy sinken. Zar fing meine Hand auf. "Keine Panik Bella, gibt es hier in der Stadt noch einen Ort wohin deine Familie gehen könnte", versuchte mich Zar zu beruhigen. "J-ja bei
m-meiner G-Grandma", sagte ich hoffnungsvoll. "S-sie w-wohnt nur
e-ein paar S-Straßen weiter", informierte ich Zar. Er nickte, ich ging los und wollte meine Hand aus seiner lösen, doch er hielt sie unerbittlich fest. "Z-Zar?", fragte ich zögerlich. "Lass es einfach so, wenn ich dich jetzt los lasse, schnappt irgendeine Gefahr dich mir wieder weg", in seinem Blick sah ich deutlich die Sorgen die er sich machte. Also beließ ich es dabei und ging mit schnellen Schritten die Straßen entlang. Zar war direkt neben mir und das beruhigte mich etwas. Der Weg war nicht weit, aber diesmal kam er mir wie eine Ewigkeit vor. Meine Grandma war für mich immer das Zeichen von absoluter Unbesiegbarkeit gewesen. Wenn ihr etwas zu gestoßen wäre, würde das mich vermutlich mehr vernichten als alles andere, denn wenn meine Grandma schon nicht stärker gewesen wäre, als die die sie besiegt hatten, würde ich es erst recht nicht schaffen. Mein Blick glitt zu Zar. Ich zog ihn in ein Chaos das nicht Seins war, halste ihm meine Probleme und brachte ihn in Gefahr. Wenn das hier überstanden wäre, wäre ich ihm sehr viel schuldig. Von weitem sah ich Grandma's Haus und beschleunigte meinen Schritt. Zar drückte nochmal kurz meine Hand und ließ dann los. Ich ging durch das schmiedeeiserne Tor, an den roten Rosen die im Vorgarten wuchsen und eine Farbe in das Bild malte, die nicht wirklich hier rein passte. Das Haus war groß und grenzte schon fast an einer Villa. Die wenigen Male die ich hier gewesen war hatte es immer eine strenge Kälte ausgestrahlt. Jetzt wo ich vor der Tür stand zögerte ich die Klingel zu drücken. Zar übernahm das für mich und schob mich sanft zur Seite um selbst zu drücken. "D-danke sch-schön", flüsterte ich. Zar nickte nur und trat etwas zurück blieb aber immer noch vor mir. Ängstlich starrte ich über seine Schulter auf die Tür hatte Sorge das sie sich nicht öffnen würde oder das sie sich öffnen würde aber meine Eltern und Schwestern Trotzdem nicht da wären.

Geküsste der Dämmerung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt