...fallen zu lassen...

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Zitternd schaute ich auf meinen Teller und wich den Blicken der anderen Hochzeitsgäste aus. Nachdem Katja uns hastig noch einen Platz an der Hochzeitstafel zugewiesen hatte, war sie wieder verschwunden. Ich schaute zu Zar der, jeden der seinen Blick kreuzte, nieder starrte. Mein Blick richtete sich auf den Tisch und ich dachte an die Situation von vorhin zurück. Meine Grandma hatte sich erhoben und mit den Worten "Das war zwar nicht geplant, aber nun ist es wie es ist" mir die Situation erklärt. Lydia hatte, anscheinend schon seit dem Zeitraum meiner Entführung, einen Freund. Der Wunsch nach einer Verbindung stand vermutlich schon länger im Raum, aber sie hatten sich nicht getraut zu heiraten, weil dann die Sache mit mir dazwischen gekommen war. Und als ich dann bei Julian war, wollten sie mich nicht schon wieder aus der gewohnten Umgebung reißen, bzw mich dem Chaos aussetzen. Tief in mir spürte ich das es nicht die ganze Wahrheit war. So wie es aussah hatten sie mich nur nicht eingeladen, weil sie Angst hatten ich würde die festliche Stimmung verderben. Offensichtlich war das gar nicht so unbegründet, denn ich wollte mit niemanden reden und dadurch wurden auch die Gespräche um mich herum leiser. Zwischendurch drangen Wortfetzen zu mir herüber. Immer wenn mein Name darunter war, zuckte ich zusammen, denn ich wusste sie würden über mich spekulieren und dabei würden unweigerlich ein paar Dinge aus meiner Vergangenheit auftauchen. Meine Augen füllten sich mit Tränen, ich füllte mich seltsam entblößt, es machte es nicht besser das die Gäste wussten das ich außerplanmäßig da war. "Macht es dir was aus kurz allein hier zu bleiben. Ich werde kurz was klären und danach verschwinden wir", Zars Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Es war ein tiefes Grollen und ich merkte das ihn irgendwas verärgerte. "W-warum
v-verschwinden?", fragte ich vorsichtig nach. Sein wütender Blick traf mich und ich zuckte zusammen. Ich hätte nicht fragen dürfen, wenn er es für richtig hielt dann war das halt so. "Denkst du ich schau mir noch weiter an wie du dich hier auf der Hochzeit deiner Schwester quälst? Dann kennst du mich wirklich schlecht Kleines", seine Stimme klang erst verärgert und wurde dann leise bis nur noch ich ihn verstehen konnte. Verwirrt sah ich ihm nach bis er im Haus verschwunden war und bemerkte, dass jetzt wo er weg war mich mehr Gäste offen anstarrten. Ich versuchte es zu ignorieren und erst mal meine Gefühle zu ordnen. Ich fühlte mich schuldig, weil ich in der ganzen letzten Zeit nicht mitbekommen hatte, wie sich Lydia fühlte. Außerdem schämte ich mich für meine ganze Schreckhaftigkeit der letzten Wochen, denn das hatte dazu geführt das ich nicht eingeladen wurde. Teilweise fühlte ich mich auch schuldig das ich hier aufgetaucht war, auch wenn ich wusste das ich mich dafür nicht entschuldigen musste. Und dann war da noch die Verwirrung wegen Zar. Seine Taten waren immer so verschieden und ich wurde einfach nicht schlau daraus. Als mir das Geflüster der Gäste zu viel wurde und ich befürchtete gleich in Tränen aus zu brechen, stand ich vom Tisch auf und floh zum Ausgang. Mit verschränkten Armen wartete ich auf Zar und fragte mich wohin Zar mit mir hin wollte. Geplant hatte ich bei meiner Familie zu schlafen, aber nun? Im Moment war das Gefühl verletzt worden zu sein noch viel zu groß. Ich sah auf als ein Schatten auf mich fiel. Zar stand vor mir. "I-ichw-weiß
n-nicht w-wohin w-wir k-können?", murmelte ich unsicher und meine Hände verkrampften sich. Er bedachte mich mit einem finsterem Blick und ich zuckte zusammen. Ein Seufzen kam von ihm und ich sah ihn vorsichtig an. "Denkst du wirklich ich würde nach dem was ich gesehen habe noch hier übernachten", er schüttelte den Kopf, "nein keine Sorge ich hab mir schon was überlegt."
Wenig später stand ich in einem Hotelzimmer und sah mich verlegen um. Es hatte eine einladende Wirkung auf mich und ich war froh endlich weg zu sein von meiner Familie. Sobald mir das klar wurde schämte ich mich schon wieder. Sie konnten ja nicht wirklich was dafür. Man merkte, dass Zar viel für das Zimmer ausgegeben hatte. Es hatte einen fantastischen Ausblick auf die Stadt, die von der Mittagssonne bestrahlt wurde. Ich wollte sie nicht sehen. Warum konnte es nicht regnen, das würde mich viel mehr beruhigen. Nervös tiegerte ich im Zimmer auf und ab. Meine Gedanken kreisten nur um das Eine. Die Enttäuschung nicht gut genug zu sein um bei der Hochzeit meiner Schwester eingeladen worden zu sein. Ich kannte ja noch nicht mal den Bräutigam. All das lastete schwer auf mir und es war als würde mich eine zentnerschwere Last zu Boden drücken. In meinen Augen brannten Tränen, aber ich wollte nicht weinen nicht schon wieder. Es war als würde ich auf einer anderen Seite stehen, als meine Familie und das zerriss mein Herz. Es sollte nicht zwei Seiten geben nur eine. Trotzdem fühlte ich mich unfassbar ausgeschlossen. "Hör auf damit du machst mich nervös", knurrte Zar vom Fenster her, wohin er sich gestellt hatte. "T-tutm-mir
l-leid", stammelte ich und setzte mich aufs Sofa. Eine Weile war es unerträglich still, dann drehte sich Zar ruckartig um und seufzte entnervt. "Komm mit wir sorgen jetzt dafür das sich die Anspannung der letzten Tage abbaut." Erschrocken sah ich ihn an. Er würde doch nicht das meinen. Nein bestimmt nicht. Ich sah zu wie er zu Tür ging. Er drehte sich um und zog eine Augenbraue hoch. "Kleines ich weiß ja nicht an was du denkst, aber ich meinte die Fitnessräume des Hotels." Meine Wangen wurden feuerrot und ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Innerlich stöhnte ich. Er hatte natürlich nicht das gemeint, aber bei Dämonen wusste man nie. "Wenn du unbedingt willst können wir auch das machen was du gedacht hast. Du musst mir nur genau erklären was das war", erklang seine Stimme grollend. Erschrocken sprang ich auf. "Ä-äh h-hattest d-du n-nicht was v-von F-Fitnessräumen g-gesagt?",  stammelte ich und ging hastig zur Tür. Kurz sah ich ein kleines Lächeln über Zars Gesicht huschen, dann war es wieder weg und der angespannte Ausdruck blieb. Dann mal los dachte ich und schlüpfte durch die Tür, immer noch mit hochroten Wangen.

Geküsste der Dämmerung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt