...ist größer als...

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Zaghaft öffnete ich die Tür. Ich hoffte inständig, dass es nicht Zar war, aber der hätte die Tür vermutlich aufgebrochen. Ich war überrascht Anna vor der Tür stehen zu sehen.

"Bella, kann ich rein kommen?", fragte sie lächelnd.

Ich nickte und öffnete die Tür, als Zeichen dass sie rein durfte. Sie kam rein und setzte sich aufs Sofa. Kurz zögerte ich mich neben sie zu setzen, dann aber siegte mein Vertrauen und ich nahm neben ihr platz.

"Ich muss mich noch einmal entschuldigen für das was passiert ist", brach sie schließlich das Schweigen.

Ich sah sie an und bemerkte das sie sich immer noch die Schuld gab. Vorsichtig nahm ich ihre Hand und drückte sie kurz. Überrumpelt sah sie mich an und ich schenkte ihr ein Lächeln. Niemand sollte sich die Schuld für meine Schwäche geben. In der magischen Welt gab es halt andere Gesetze und eins davon war, dass der Stärkere gewinnt.

"Wir, also Julian und ich haben Angst dass du dich nach diesem Vorfall nicht mehr traust hierzubleiben und zu leben..."

Ich unterbrach sie mit einem energischen Kopfschütteln. Suchend sah ich mich um und holte mir schnell Stift und Zettel.

Egal wo ich leben würde, dass Sicherheitsgefühl wird immer brüchig sein, aber hier ist es am stärksten und das würde ich gern bewahren.

Erst als ich es schrieb merkte ich,
dass es stimmte. Ich fühlte mich hier, aus welchen Grund auch immer, am wohlsten. Anna stieß einen erleichterten Seufzer aus und umarmte mich plötzlich. Ich versteifte mich aber nach einer Weile entspannte ich mich und erwiderte scheu ihre Umarmung. Sie löste sich von mir und stand auf. Ich begleitete sie zur Tür, kurz bevor sie raus ging sah sie mich noch mal an.

"Danke. Ach und Bella leben, bedeutet verschiedene Gefühle zu haben, zu kämpfen und mutig zu sein. Trau dich wieder zu leben."

Die Tür viel ins Schloss und ein paar Sekunden starrte ich sie nur an. Leben, das Wort kannte ich seit den letzten Monaten nicht mehr. Eher das Wort überleben. Vielleicht würde ich nie wieder unbeschwert leben können, aber sie hatte recht ich sollte es wenigstens versuchen. Nachdenklich ging ich zu meinem Schreibtisch und kramte die Zeichnung raus. Sie war fast fertig und mir juckte es in den Fingern endlich etwas abzuschließen. In meinem Leben gab es schon viel zu viele Baustellen. Die Zeichnung zu beenden stellte für mich den Anbruch einer neuen Zeit dar. Ich würde leben, egal was passierte.

☆☆☆

Ängstlich saß ich in einer Ecken auf einem Stuhl und versuchte nicht völlig die Panik zu bekommen. Zar hatte mich in diesen Club geschleppt. Ich hatte gefragt wo wir hin gingen und er hatte mir erzählt, dass er den Club einem seiner Anhänger geschenkt hatte. Dieser konnte uns vielleicht weitere Informationen geben zu meiner Entführung. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet in einem Club voller Dämonen zu landen. Mein einziger Schutz war ein T-shirt von Zar. Er hatte es mir vorher gegeben und ich hatte es übergezogen. Dann war er, mit der Begründung, dass es niemand wagen würde sein Eigentum anzurühren, verschwunden. Beklommen sah ich mich um. Es war zu düster um etwas genau zu erkennen. Doch ab und zu glühten die Augen von Dämonen auf und da ich wusste dass sie dann entweder im Machtrausch waren oder etwas anderes berauschendes taten, wurde mir nicht unbedingt wohler.

Eine Dämonin kam mit einem unheimlichen Grinsen auf mich zu. Sie hatte ein knappes Kleid an das in allen Paillettenfarben glänzte. Ich klammerte mich an das T-shirt von Zar und kam nicht dagegen an ihren Blick mit dem einer Schlange zu vergleichen. Sie gleitete auf den Stuhl mir gegenüber. Als mein Blick über ihre Schulter glitt sah ich eine Gruppe von Dämoninen, die das Schauspiel anscheinend neugierig verfolgten.

"Kindchen du gehörst also Zar? Hätte nicht gedacht dass sich sein Geschmack so ändert."

Sie musterte mich von oben bis unten und ich kam mir in meiner normalen Kleidung hässlich vor. Ich hatte Angst was zu sagen und schwieg deswegen.

"Bist du stumm oder hat Zar dir verboten mit irgendjemanden zu reden?"

Sie lächelte mich falsch an und lehnte sich dann so zu mir als würden wir alte Bekannte sein.

"Ich verrat dir jetzt mal was. Zar steht nicht so auf Unterwürfigkeit", ihre Augen blitzten mich gefährlich an.

"Also halt dich gefällig von ihm fern!", zischte sie und durchbohrte mich mit ihren Blicken.

Sie wartete meine Antwort gar nicht ab sondern rauschte einfach davon. Mein Herz raste wie wild und kalter Schweiß lief mir im Nacken entlang. Ich müsste lügen wenn ich sage dass ich nicht eingeschüchtert war und das war ich. Unruhig rutschte ich auf dem Stuhl umher. Eifersüchtige Damöninnen waren meist viel grausamer als andere magische Wesen. Ich war kurz vorm nervlich Zusammenbruch, als ein Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit vor mir hingestellt wurde. Ich sah auf und bemerkte einen noch jung aussehenden Dämon der anscheinend hier arbeitete.

"Geht aufs Haus", sagte er und zwinkerte mir zu. Dann verschwand er wieder in der Menge.

Ich klammerte mich an das Glas traute mich aber nicht einen Schluck zu trinken. Irgendwann nippte ich trotzdem vorsichtig daran. Überraschenderweise schmeckte das Getränk sogar gut und fast sofort spürte ich wie mein Kopf frei wurde. Alle Anspannung viel von mir ab und gelöst nahm ich noch einen Schluck. Irgendwann bemerkte ich das nichts mehr in meinem Glas drin war. Nach ein paar Minuten ließ die Wirkung nach und die Panik holte mich wieder ein. Mehrmals hatten mich Dämonen angestarrt waren aber glücklicherweise nicht her gekommen. Als ich aufstand um mir noch was von dem Getränk zu holen schwankte ich und das Glas fiel mir aus der Hand. Es zersprang in Scherben, allerdings ging das in dem Lärm unter. Ich bückte mich und fing an die größten Scherben aufzusammeln. Dann spürte ich einen Schmerz in meinem Finger. Oh man ich hatte mich geschnitten. Mehrere Dämonen in meiner Nähe fingen an zu Knurren und an in der Luft zu wittern. Verwirrt sah ich zu wie sich ihr glühender Blick auf mich richtete. Ich wusste nicht was los war, aber eins war klar. Ich steckte mächtig in der Klemme.

Geküsste der Dämmerung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt