Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen und schloss meine Lieder. Das fröhliche Lachen meiner kleinen Geschwister drang von dem Wohnzimmer zu mir. Meine Mum und sie saßen wahrscheinlich auf dem Sofa und schauten Cartoons, wie sie es so oft taten. Evan war ebenfalls im Zimmer und erledigte seine Hausaufgaben, während ich auf meinem schmalen Bett lungerte.
"Ich dachte, dass du Oliver magst", ertönte die Stimme meines Bruders.
Als seine Worte zu mir drangen, zuckte ich stark zusammen. Mir war sehr wohl klar, dass irgendwann so ein Gespräch kommen würde, aber hätte ich dieses lieber weiter hinausgezögert.
"Weißt du, ich mag ihn. Aber nur so als Kumpel. Ich bin mit ihm ins Café gegangen, weil ich einfach kein 'Nein' sagen konnte", seufzte ich. Immerhin war ich froh, dass Tony nie was von unserem Treffen erfahren hatte, denn sonst würde er mich damit aufziehen.
"Du weißt, wie man einen Jungen das Herz bricht", lachte er schallend.
Entrüstet setzte ich mich auf und starrte zu ihn rüber. "Hey! Das klingt so, als sei ich ein Biest. Ich habe mit ihm selber schon gesprochen und er war nicht am Boden zerstört", wehrte ich mich beleidigt.
"Auch wenn er es wäre, würde er es doch niemals zugeben." Evan schüttelte leicht seinen Kopf, als könnte er nicht fassen, wie dumm ich war.
Als ich danach nichts mehr erwiderte, drehte er sich wieder zum Schreibtisch und bearbeitete stumm das Material.
-
"Mum?", fragte ich leise, als ich am späten Abend ins Wohnzimmer trat.
Unser Wohnzimmer hatten wir in zwei Bereiche geteilt. In der Mitte des Wohnzimmers trennte ein Schrank den Raum entzwei. Dahinter befand sich ein sehr kleiner Bereich, in dem ein Bett und eine Kommode stand. Es war das bescheidene 'Schlafzimmer' meiner Mum. Die Wohnung bat nicht genug Zimmer für unsere sechsköpfige Familie und meine Mutter gab sich mit dem winzigen Bereich zufrieden.
"Ich bin noch wach", erklang die zarte Stimme meiner Mutter lachend hinter dem Schrank, der ihr Kleiderschrank war.
Auf Zehenspitzen, weil meine Geschwister schon schliefen, schlich ich an dem hölzernen Kleiderschrank vorbei und lugte um die Ecke.
Meine Mum lag in ihrem weißen Pyjama auf dem braunen Bett und blickte mich lächelnd an.
"Worüber willst du mit mir reden?", fragte sie und legte ihren Kopf ein wenig schief.
Ich biss mir nervös auf die Lippe und setzte ich zögernd auf ihre Bettkante. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich spielte mit meinen schwarzen Haarsträhnen.
"I-Ich gehe morgen zu einem Freund, ist das okay für dich?", flüsterte ich unsicher.
Das Gesicht meiner Mum erhellte sich augenblicklich und ihre vollen Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen.
"Natürlich, Schatz. Ich habe dir doch schon einmal gesagt, dass du nicht immer an mich denken sollst. Ich hole deine Geschwister sowieso nach meiner Arbeit ab und bringe sie danach zu Audrey. Ich muss noch selber irgendwo hin. Aber genug von mir, zwischen dir und Eric ist also alles wieder gut?" Ihre Stimme klang fröhlich und ihr Gesicht strahlte, beim letzten Satz.
Doch schlich sich eine Frage in meinen Kopf: wo musste meine Mutter morgen so dringend hin?
Ich hatte nicht weiter Zeit, um darüber nachzudenken, den meine Mutter guckte mich abwartend und gespannt an.
"Ja", erwiderte ich und obwohl ich es versuchte zu unterdrücken, formten sich meine Lippen automatisch am Gedanken an Eric zu einem viel zu breiten Lächeln.
Ein kleiner begeisterter Tennieschrei verließ die Kehle meiner Mutter und ich guckte sie peinlich berührt an.
"Mum", seufzte ich.
"Zoey und Eric sitzen auf einem Baum-", trällerte sie dämlich grinsend vor sich hin.
"MUM", kreischte ich geschockt, um die Wörter, die aus ihrem Mund sprudelten, zu unterbrechen.
Ein hinterhältiges Grinsen schlich sich auf ihre Lippen und ich zweifelte in dem Moment daran, dass diese Frau nicht eher ein Teenager im falschen Körper war, als meine erwachsene Mutter.
"Hör Bitte damit auf", flehte ich sie verzweifelt an. "Irgendwie ist das ganze kompliziert. Aber benehme dich bitte nicht wie ein 15-jähriges Fangirl, das gerade ein Ticket für ein heiß begehrtes Konzert seines Lieblingssängers bekommen hat."
Reue zeigte meine Mutter keineswegs, sondern schmunzelte weiter in sich hinein.
"Ich halte also fest: Dieser Eric und du habt euch wieder vertragen und er hat dich zu sich nach Hause eingeladen?", versuchte meine Mutter die Erkenntnis zusammenzufassen.
Ich spielte nervös mit meinen Fingern herum, bevor ich ein verlegenes: "Ja" zwischen meinen Lippen hervor presste.
Ein entzückter Laut kam von Mum und ihre Augen strahlten so hell, wie sie es lange nicht mehr getan hatten. Sofort wurde mir warm ums Herz meine Mutter so glücklich zu sehen. Als hätte sie gerade einen Gedankenblitz wurde ihre Miene schlagartig ernst.
"Schon meine Mutter hat früher immer zu mir gesagt: tu nicht immer, was dein Kopf dir sagt, sondern schließe auch mal deine Augen und höre auf dein Herz. Ich glaube, das passt ganz gut zu dir, Zoey. Manchmal sind Sachen viel einfacher, aber wir machen sie uns selber kompliziert."
Meine Mutter und ihre Weisheiten. Ich liebte sie für die Tipps, die sie mir mit auf dem Weg gab. Sie wusste, dass sie mir nicht viel Materielles schenkten und geben konnte, aber dafür brachte sie mir so vieles, wertvolles bei. Auch wenn ich glaubte, dass sie manchmal etwas übertrieb, denn sie tat so, als würden Eric und ich morgen heiraten. Wir waren bis jetzt einfach nur Freunde, oder?
Trotzdem verstand ich nicht ganz, was sie meinte. Wie sollte ich denn nicht auf meinen Kopf hören können? Für mich war es unvorstellbar einfach nur auf sein Herz zu hören. Ein Hohlorgan, welches Blut durch unseren Körper pumpt und so die Versorgung aller Organe sichert. Wie konnte man sich bei wichtigen Entscheidungen nur von seinem Herz leiten lassen?
"Du denkst zu rational", ertönte die Stimme meiner Mutter, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Sie schüttelte kaum merkbar ihren Kopf.
"Du sollst im Leben nicht nur von Wissen, Erkenntnisse und gelerntes leiten lassen. Es gibt Situationen, in denen du auf deine Gefühle hören musst, obwohl es vielleicht rein rational betrachtet völlig falsch wäre", versuchte sie mir ruhig und geduldig zu erklären, während sie ihre blonden Strähnen zwischen ihre Finger zwirbelte.
Verwirrt runzelte ich meine Stirn. Nachvollziehen, was sie sagte, konnte ich nicht ganz.
"Aber warum sollte man etwas tun, wenn man weiß, dass es falsch ist?", wollte ich verwundert wissen.
Sie seufzte leise, aber es hatte nichts vorwurfsvolles an sich. Sie rappelte sich etwas im Bett auf und setzte sich kerzengerade hin. Dann beäugte sich mich mit einem liebevollen Lächeln im Gesicht. "Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du meine Worte verstehen".
Immer noch verwirrt stand ich auf und ging näher zu meiner Mutter, um sie fest zu umarmen.
"Ich liebe dich, Mum", flüsterte ich leise.
"Ich liebe dich auch, Zoey. Vergiss das nie", antwortete sie mit warmer Stimme.
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All About Him | ✔️
Teen FictionEine Geschichte zwischen zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Doch er trägt ein Geheimnis mit sich, das er um jeden Preis schützen will. Reicht ihre Liebe aus, wenn der Weg schwer wird? 🔹 ...