XXV

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Meine raschen und unregelmäßigen Herzschläge, meine schwitzenden Handflächen und mein angespannter Körper, der unkontrolliert zitterte, wiesen auf mein derzeitiges Problem hin.

Lampenfieber.

Ich stand auf der ersten Stufe der Treppe, die zur Bühne hinauf führte. Von hier aus erblickte ich die Menschenmasse, die sich genau vor dieser Bühne versammelt hatte. Und dieser Anblick tat mir gar nicht gut.

Ich wusste nicht, warum ich keine Sekunde daran gedacht hatte, als ich den Brief erhalten hatte. Vielleicht weil ich vor der Klasse nie Probleme hatte zu präsentieren oder, weil ich nicht mit so vielen Menschen gerechnet hatte. Sie alle starrten mit ihren prüfenden Blicken gebannt hoch auf die bis jetzt noch leere Fläche.

Doch lange würde sie das nicht mehr sein, denn in genau zehn Minuten würden Eric und ich dort stehen und uns der Meute Geschäftsleute stellen.

Ich klemmte meine Karteikarte mit zitternden Händen vorsichtig zwischen meine Zähne, um meine nassen Finger zum vierten Mal in Folge an meiner dunklen Hose abzuwischen.

"Zoey, du musst dich wirklich beruhigen", erklang eine sanfte Stimme neben mir.

Ich reagierte nicht auf Erics Worte, sondern versank wieder in mich selber und malte mir die schlimmst möglichen Szenarien aus für gleich. Vielleicht würde ich meinen kompletten Text vergessen oder wie ein Kleinkind stottern und lispeln.

"Hey." Eric strich vorsichtig über meinen Arm und guckte mich besorgt durch seine grauen Augen an. "Beruhig dich etwas. Du brauchst nicht nervös zu sein. Du schaffst das".

Seine weiche Stimme war sehr wohlklingend in meinen Ohren und seine Nähe schaffte es mich ein wenig zu beruhigen. Ein wenig. Denn ich zappelte immer noch und schwitze wie verrückt.

Plötzlich legten sich zwei muskulöse Arme um mich und wollten mich an sich ziehen. Ich war Eric viel zu nahe.

"Eric, nein. Lass mich los", befahl ich und sträubte mich gegen die innige Umarmung. Ich versuchte mich mit meinen Händen von seiner harten Brust zu drücken, während seine Hände auf meinem Rücken lagen und sich durch den Stoff meines Oberteiles brannten.

"Sei nicht so verdammt stur, Zoey. Ich möchte nur, dass du dich beruhigst. Du kannst später wieder sauer auf mich sein, aber jetzt will ich, dass du aufhörst Panik zu haben."

Keine Sekunde später ließ ich meine Arme sacken und Erics Arme schlangen sich wieder um mich. Er drückte mich fest an seine Brust und fuhr mit seinen Händen langsam über meinen Rücken. Sein Kinn stützte er auf meinen Kopf und atmete ruhig ein und aus. Mein Körper entspannte sich und meinen Kopf gegen seine Brust sinken. Ich verlor mich komplett in seinen Armen, atmete seinen vertrauten Duft ein und genoss seine zarten Berührungen auf meinem Rücken. Mein Herz klopfte zwar immer noch wie verrückt, doch lag das an der Wirkung, die Eric auf mich hatte und nicht mehr an der Panik, die ich bis eben verspürt hatte.

Ohne nachzudenken, umfasste ich seinen Brustkorb und ließ meine Finger auf seinen Rücken gleiten. In diesem Moment stellte ich mit einem Lächeln auf den Lippen fest, dass auch sein Herz wie verrückt gegen seinen Brustkorb zu hämmern begann.

"Wir gehen gleich zu zweit da hoch und stellen uns auf diese Bühne. Dann beginnst du mit der Präsentation und ich klicke die Folien weiter. In der Hälfte tauschen wir. Es wird schneller gehen, als du denkst. Bevor du es überhaupt realisieren kannst stehen wir wieder hier unten im Vorraum. Du wirst toll sein", flüsterte er an meinem Ohr und strich mir weiter sanft über den Rücken.

Ich weiß das es falsch war. Einfach falsch, weil ich keine Gefühle für ihn bekommen durfte. Unser verschiedenes Ansehen in der Gesellschaft reichten allein dafür aus. Ich wollte absolut keine romantischen Gefühle hegen für irgendjemanden und schon gar nicht für Eric. Für ein arrogantes, selbstverliebtes und nerviges männliches Flittchen. Doch das war das Problem. Denn Gefühle waren das, was sich gerade bei mir entwickelten. Ich war nicht verliebt, sondern leicht verschossen. Der fabelhaft gut aussehende Junge war einfach nur ein kurzzeitiger Schwarm, versuchte ich mir einzureden.

Schließlich lösten wir uns voneinander und ich mied seinen stechenden Blick. Sofort verließ mich die wohlige Wärme, die mich bis eben umhüllte hatte. Nun stand ich da wieder und versuchte mich unter Kontrolle zu halten.

"Wir müssen jetzt Rauf. Immer schön tief ein und ausatmen. Nicht vergessen, Kätzchen", neckte er mich grinsend. Eric ergriff meine Hand, drückte sie und zog mich hinter sich die Treppe rauf.

Bei jedem Schritt schien mein Herz lauter zu schlagen.

Bumm. Bumm.

Stufe.

Bumm. Bumm.

Stufe.

Bumm. Bumm.

Oben angelangt wurde ich von den Scheinwerfern geblendet und musste die Augen angestrengt zusammen kneifen. Ich ließ meine Augen kurz über die Menschen schweifen und lächelte leicht, um nicht unsympathisch zu wirken.

Ab da ging alles wie von alleine. Während Eric die Folien umblätterte erzählte ich frei von unserem Konzept der Suppenküche. Bevor ich mich versehen hatte, war ich auch schon fertig und tauschte mit dem Jungen hinter dem Laptop. Er lächelte mich breit an und seinen Augen sprühte ein Funken Stolz.

Natürlich war auch Eric super und als wir fertig waren, forderte er mich mit einer Handbewegung zu sich weiter nach vorne. Zögernd stellte ich mich neben ihn und die Leute begannen laut zu Klatschen. Lächelnd schaute ich an Eric hoch und erntete ein unwiderstehliches Grinsen.

"Siehst du, du warst perfekt."

"Danke", flüsterte ich zurück.

Danach fingen die vielen Fragen an und wir, vor allem ich, schafften es, sie alle gut zu beantworten. Die Geschäftsleute schienen positiv überrascht zu sein und nahmen zahlreich Flyer mit den Kontaktdaten unserer Institution entgegen.

~

"Und jetzt werden wir reden", sagte Eric, als er die Tür hinter sich schloss und sich zu mir drehte.

"Worüber?"

"Warum bist du sauer auf mich?", wollte er wissen und setzte sich auf sein Bett. "Ist es, weil ich dich angeschrien habe? Das tut mir leid. Ich war einfach nur sauer und nichts war so gemeint, wie ich es gesagt habe."

Verwundert guckte ich ihn an. Er hatte sich entschuldigt. Das tat er selten. Bevor ich meinen Mund öffnen konnte, fuhr er fort.

"Ich rede einfach nicht gerne über manche Sachen und zwar mit niemanden. Und das musst du respektieren, Kätzchen."

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