XL

25.8K 1.4K 64
                                    

Je näher ich dem Ausgang kam, desto lauter begann mein Herz zu schlagen. Ich hörte neben meinem Herzschlag, das Rascheln meiner Jacke und meinen Schritten keine weiteren Geräusche. Als ich dann um die letzte Stufe hinter mir brachte, schlug mir mein Herz bis zum Hals und ich fühlte das Pochen deutlich in meiner Brust.

Ich war nervös und angespannt, weil Eric mich abholen und wir zu ihm nach Hause fahren würden. Doch sein Zuhause, befand sich in einem Viertel, in dem ich mich eigentlich nur über meine Leiche blicken lassen würde. Was soll denn auch ein Mädchen wie ich in einer Villen-Gegend tun?

Unwohl fühlte ich mich definitiv, doch stieß ich meine letzten Zweifel bei Seite, als ich die schwere Eingangstür unseres Mehrfamilienhauses mit viel Kraft auf drückte und meinen Weg fortsetzte.

Draußen war es kalt und ein eisiger Wind wehte durch mein dunkles, offenes Haar. Sie flatterten wild um meinem Kopf, als wäre der Wind ein Föhn - ein ziemlich kalter Föhn.

Nach einigen weiteren Schritten erreichte ich eine Seitenstraße, mein Ziel. Viel zu breit grinsend stellte ich fest, dass Eric bereits da war. Sein schwarzer Sportwagen stand am Straßenrand und stach deutlich aus den wenigen anderen Autos hervor. Ein Augenblick später ging die Tür auf und fuhr elegant nach Oben, während ein schief grinsender Eric ausstieg.

Meine Schritte verschnellerten sich, wie auch mein Herzschlag, als ich auf den attraktiven Jungen in Lederjacke zu lief. Er lehnte breit grinsend an seinem teuren Wagen und breitete bereits fünf Meter, bevor ich bei ihm an kam seine Arme aus. Stürmisch umarmte ich ihn und entlockte ihm so ein leises Lachen. Schließlich legte er auch seine Arme und mich und ich atmete tief seinen Duft ein.

Nach wenigen Sekunden zog ich mich zurück und schaute ihm ins Gesicht.

"Alles klar?", schmunzelte er.

Ich nickte, als Bestätigung. "Bei dir?"

Kurz schien es mir, als würde sein Blick verdunkeln. Doch ein Wimpernschlag später war alles wie davor und ich glaubte mir den finsteren Ausdruck in seinem Gesicht nur eingebildet zu haben.

"Ja, bei mir ist alles gut."

Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass er meinen Blick mied oder seine Stimme anders klang bei diesem Satz, aber ich spürte eines. Er log. Eric log mir direkt ins Gesicht und da war ich mir verdammt sicher. Trotzdem öffnete ich meinen Mund nicht. Vielleicht, weil ich die Stimmung nicht zerstören wollte oder, weil ich Angst hatte, dass er nicht so gut darauf zu sprechen wäre. Doch hätte ich damals den Grund für seine Lüge gewusst, hätte ich ihn ganz sicher zur Rede gestellt. Ich wäre für ihn da gewesen.

~

Eric fuhr mit hoher Geschwindigkeit durch die Straßen, wodurch ich mich in so mancher Kurve an meinen Sitz klammerte. Wir unterhielten uns darüber, was wir so in den letzten Tagen gemacht hatten, während wir uns dem Fluss immer näher kamen.

Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe und spürte, wie mein Hals immer trockener wurde.

"Du weißt, dass du dir keine Sorgen machen musst, oder? Niemand wird dir etwas tun. Du brauchst vor nichts Angst zu haben, Zoey", ertönte Erics Stimme sanft von Fahrersitz.

Er legte beruhigend eine Hand auf meinen Oberschenkel und bei seiner Berührung zuckte ich fast unmerklich zusammen.

Ich nickte zögernd. Ich war mir sicher, dass man mich nicht akzeptieren würde, egal wo ich hin gehen würde. Fürchten tat ich verachtende Blicke und Bemerkungen. In solch eine Gegend gehörte ich einfach nicht.

"Ich meine es ernst. Wenn wir jemanden begegnen und er blöd zu dir tut, bekommt er es mit mir zu tun. Ich fahre uns direkt zu mir nach Hause und dort wird, jeder der anwesend ist, dich herzlich willkommen heißen."

Am Ende seiner Worte griff er nach meiner Hand und drückte sie leicht, bevor er sie wieder los ließ.

Seine Worte hatten mich tatsächlich etwas beruhigt, aber mein Herz schlug immer noch viel zu schnell, während Adrenalin durch meinen ganzen Körper gepumpt wurde. Total nervös und verkrampft erblickte ich den Fluss. Eric fuhr kurz neben ihm her, bis wir die nächste Brücke erreichten und das Auto in einer scharfen nach links steuerte. Ohne seine Geschwindigkeit zu drosseln, fuhr er auf die Brücke.

Ich starrte nach vorne und beobachtete verzweifelt, wie wir uns der anderen Seite immer weiter näherten. Obwohl die Fahrt über die Brücke nur wenige Sekunden dauerte, kam es mir vor wie Minuten. In Zeitlupe erblickte ich die hohen, luxuriösen Gebäude die sich vor uns auf türmen und immer größer wurden. Villen zeigten ihre wahre Größe und Schönheit, desto näher wir kamen und die makellosen Grünflächen wurden sichtbar.

Dann war es so weit. Ich ballte meine Hände und grub meine Fingernägel in meine Handfläche, bis es schmerzte, als wir das Ende der Brücke erreichten. Mit voller Geschwindigkeit fuhr Eric gerade aus und drang somit tiefer in das Viertel der Reichen ein. Schweren Herzens erkannte ich, wie die Brücke immer kleiner im Rückspiegel wurde, bis sie ganz aus meiner Sicht verschwand.

Dann schaffte ich es meinen Blick von dem Spiegel zu lösen und betrachtete die Umgebung.

Ich war mir sicher, dass mein Mund offen stand, während ich die Umgebung staunend in mir auf nahm. Das erste was mir auffiel, war, dass die breite Straße wie frisch gemacht aussah. Der Asphalt war so glatt wie eine Eisfläche, frei von irgendwelchen Schlaglöchern. Zudem schien alles erschreckend sauber, nirgendwo war Müll oder Dreck zu sehen. Auf der Straße rasten nur weitere super teure, frisch polierte Sportwagen oder riesige Jeeps, die unzerstörbar erschienen. Die Hochhäuser, an denen wir vorbeifuhren bestanden hauptsächlich aus Glas, das im Schein der Sonne wie ein wertvoller Diamant glitzerte.

Doch Eric bretterte so schnell durch diese Gegend, dass wir ein paar Augenblicke - und waghalsige Kurven- später, durch eine Wohngegend fuhren. Pompöse Villen in verschiedenen Stilen erstreckten sich hinter eisernen Toren vor uns. Die eine Villa ähnelte einem viktorianischen Schloss, mit seinen hohen Türmen, steinernen Wänden und einem Kieselweg, der auf das gigantische Gebäude zuführte. Eine andere Villa paar Meter weiter hingegen, wirkte äußerst modern durch seine geometrischen Formen, den weißen Wänden, den gläsernen Fenstern und der riesigen Außenanlage mit Pool, die sich hinter dem stählernen Sicherheitstor bemerkbar machten.

Wir ließen mehrere staunenswerte Villen hinter uns, die allemal eine riesige Außenfläche besaßen und somit in einem großen Abstand zueinander standen. Auf dem grauen, sauberen und Marmor glatten Bürgersteig rauschten einige Menschen an uns vorbei. Menschen, denen ihr Reichtum deutlich anzusehen war. Alles bei den zwei Mädchen, an denen wir vorbeifuhren, schrie nur danach 'Mein Daddy steckt mir alles in meinen kleinen Knackpo, was ich nur haben will'. Glitzernde Monster High-Heels, haut enge Marken Jeans mit Push-up-Effekt für den Hintern, eine Winterjacke aus wahrscheinlich echtem Pelz - wie ich diese Dinger abgrundtief verabscheute - und einer extravaganten und überdimensional großen Handtasche von irgendeiner Marke. Nicht zu vergessen, der ganze glitzernde Schmuck. Die Mädchen in meinem Alter schwangen mit ihren Hüften so stark, als liefen sie auf einem Laufsteg, während ihr Haar in einer komplizierten Flechtfrisur hin und her peitschte.

Verächtlich rumpfte ich meine Nase und löste meinen Blick von ihnen, weil wir um die nächste Ecke bogen und ruckartig zum Stehen kamen.

"Home sweet home", trällerte Eric und grinste mich verschwörerisch an.

-

Das Kapitel ist nicht sonderlich spannend, sorry. Aber ich hoffe, es hat euch trotzdem gefallen :)

All About Him | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt