LXIII

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Er entfernte mir den Schal vor den Augen und ich hielt dabei wieder die Luft an. Seine Hände streiften ganz leicht meine glühenden Wangen und das Herzrasen setzte abermals ein.

Überrascht schnappte ich nach Luft, als ich erkannte, dass wir vor einem Häuschen mitten im Wald standen. Ein kleiner geschlängelter Pfad führte uns zu der Holzhütte und hinter dem Haus erkannte ich einen See. Ich konnte meinen Augen weiterhin nicht glauben, als Eric die Holztür quietschend mit einem Schlüssel öffnete und den Lichtschalter betätigte.

Ein morscher, süßer Duft erfüllte meinen Geruchssinn, als ich mich in dem gemütlich eingerichteten Häuschen umschaute.

"Und das gehört alles...?"

"Meinem Onkel und meiner Tante", beendete Eric lächelnd den Satz. "Wie findest du es?"

"Unglaublich", staunte ich.

Ich führte mich durch die geräumige Hütte, die sich auf zwei Etagen erstreckte. Dann kochte er für uns beide Spaghetti, ganz ohne meine Hilfe. Ich war so entzückt, dass ich ihn augenblicklich um den Hals fiel. Die Geste war unfassbar herzzerreißend und ich schmolz dahin. Zudem schmeckte das Essen sogar echt gut.

Nach dem Essen umarmte ich ihn erneut und schmiegte mich dicht an ihm. Er schien ein wenig überrumpelt, lachte aber sein kehliges Lachen, das mein Herz wild gegen meine Brust hämmern ließ und legte seine stärken Arme um mich.

"Danke, das Essen war köstlich. Dieses Date ist perfekt", murmelte ich.

"Ich würde alles für dich tun, Kätzchen", gestand er und drückte mich noch fester an sich. Dann rückte er ein Stück von mir ab und legte sanft seine Lippen auf meine. 

Als wir uns voneinander lösten erwiderte er ein wenig unsicher mein Lächeln, bevor er einmal tief einatmete. "Nur Freunde halten keine Händchen und Küssen sich nicht, hast du gesagt, oder? Also würdest du mir die Ehre erweisen und meine Freundin werden wollen?"

Mein Herz machte einen Satz. Damit hatte ich nicht gerechnet. Überfordert starrte ich in Erics graue Augen, die hell leuchteten und erkannte einen Funken Unsicherheit.

Alles in mir schrie danach: "Ja!" zu sagen und erneut über ihn her zu fallen. Ich wollte so gerne offiziell mit ihm zusammen sein, allen davon erzählen, ihn so oft küssen wie ich nur wollte und seine Familie kennenlernen. Doch irgendwas hinderte mich daran, "Ja" zu sagen.

Für mich musste eine Beziehung auf Ehrlichkeit und Vertrauen beruhen. Es sollten keine Geheimnisse zwischen einem stehen und man sollte über alles mit seinem Partner reden. Doch genau das war Erics Problem. Er redete nicht über das, was ihm am Herzen lag mit mir. Es schien mir so, als würde er absichtlich all seine Sorgen von mir fernhalten. Er hatte gemeint, dass er irgendwann mir alles erzählen würde und ich fragte mich, wie lange er noch dazu brauchen würde.

Ich konnte es einfach nicht und langsam schien auch der Junge meine Zweifel zu bemerken, denn das Leuchten in seinen Augen verebbte und er schluckte schwer.

"I-ich... Eric bitte glaube mir, wenn ich meine, dass ich am liebsten deine Freundin werden würde, aber... Ich kann nicht. Nicht solang du nicht mit mir redest über deine Probleme. Ich habe dir gesagt, dass ich dir die Zeit geben würde, die du dafür brauchst und das werde ich auch. Aber erst dann kann ich deine Freundin sein", erklärte ich leise.

Sofort bereute ich meine Entscheidung, als ich sah, wie Eric seine Augen schloss und sein Gesicht in seinen Händen versteckte.

"Meine Feigheit steht also zwischen dir und mir?"

Er klang verletzt und die Reue breitete sich nur noch weiter in mir aus.

"Du weißt, dass du mit mir reden kannst", kam es sanft von mir und ich griff nach seiner Hand.

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