Kapitel 40

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"Ha ha, also das klingt ja schön dramatisch und so weiter, aber leider hab ich bereits einen Vater.", antworte ich und lächle falsch. 

Er schüttelt leicht den Kopf. "Ich weiß, deshalb möchte ich die Geburtsturkunde sehen. Vielleicht ist dein Vater ja nur dein Stiefvater.." 

"Wie kommen sie denn überhaupt auf mich? Da könnten sie ja auch jeden anderen Menschen fragen?!"  "Nein. Ich habe erst vor kurzem erfahren, dass deine Mutter vor ca. zwei Jahren gestorben ist. Auf dem Brief standen auch die Namen ihrer Kinder, also auch deiner."

"Okay, dann öffne ich jetzt die Akte.", sage ich und er nickt. "Darf ich mit reingucken?", fragt er hoffnungsvoll. "Von mir aus." Da kann ja nicht viel drin stehen, oder? Nur die Geburtsurkunde und so ein kram. 

Ich öffne den Ordner und da scheint mehr drin zu sein, als gedacht. Es steht alles über mich drin. Selbst die Notizen meines Therapeuten sind drin, in meinen Händen halte ich mein komplettes Leben aus ärztlicher Sicht.

Mir fällt auf, dass Thomas ja mitlesen kann und ich blätter schnell um. Und da ist die Geburtsurkunde. 

Und es ist wahr. In der Urkunde steht nicht der Name meines Vaters.

Thomas Michael Mitchell.

Ich drehe mich zu ihm. "Es ist...wahr.", flüstere ich und kriege Tränen in den Augen. Warum hab ich das nie erfahren? 

Die ganze Zeit, in der mein Vater mich geschlagen hat, hätte ich Hilfe haben können? Ich hätte mich an meinen leiblichen Vater wenden können? Und dann fange ich an zu weinen. Obwohl ich mich zusammenreißen wollte, kann ich nicht anders als einfach zu weinen. 

Deshalb hat er mich so sehr gehasst. Weil ich nicht seine Tochter bin.

Thomas versucht mich zu beruhigen und schließlich nimmt er mich in den Arm. Nach 10 Minuten weinen scheinen mir die Tränen ausgegangen zu sein. 

"Sorry, dass ich ihr T-Shirt durchnässt habe.", sage ich. "Du kannst mich duzen. Ich bin dein Vater.", sagt er und wir lachen beide leicht.  "Ich möchte dir helfen, Ayana. Ich weiß, ich kann nicht gutmachen, dass ich all die Jahre nicht da war. Aber ich wusste ja nicht mal, dass du existierst. Es tut mir wirklich leid."

"Es ist nicht deine Schuld.", antworte ich. "Ich möchte dich zum Abendessen mit meiner Familie einladen, wenn das für dich okay ist. Morgen Abend um 18 uhr?", fragt er und ich nicke. Schlimmer kann mein Leben ja eh nicht mehr werden, also kann ich diese Chance doch ruhig nutzen, oder? Ich gebe ihm meine Nummer, damit er mir die Adresse schicken kann. 

Du hast gerade deinen leiblichen Vater kennengelernt.....

Ich rufe Blake an, aber er geht nicht mal nach dem  fünften mal ran...ich schätze mal wir haben jetzt ein bisschen Stress.

Aber es gibt noch jemanden, der das Recht hat das zu erfahren. Auch, wenn ich eigentlich aus seinem Leben verschwinden wollte, finde ich, dass er es erfahren sollte. Und ich will ihm sagen, wie dankbar ich bin. 

Ich stehe extrem nervös vor seiner Tür und trau mich nicht zu klopfen. Was ist, wenn Mary da ist? Oder noch schlimmer, wenn sie die Tür aufmacht?

Und was wenn nicht? 

Schließlich klopfe ich. Vielleicht ist er nicht da? Doch dann öffnet sich die Tür und er steht vor mir. "Ayana?", sagt er leicht verwundert. 

"Hey, Ben." "Oh du nennst mich also doch wieder Ben?", fragt er mit einem süßen lächeln. "Darf ich reinkommen?", frage ich. "Oder ist Mary da?"

"Komm rein, sie ist gestern zurück an die Uni." Er öffnet die Tür weiter, sodass ich reinkommen kann. 

Wir setzen uns auf das Sofa und er fragt: "Und was kann ich für dich tun?" "Ich war im Krankenhaus.", plappere ich sofort aus. "Was? Warum?"

"Also...da war dieser Mann-" "Hat er dir was getan?", sagt er in einem bedrohlichen Ton, als wär er bereit jeden zu töten, der mich anfasst. Und für einen Moment fehlt es sich wieder so an, als wäre er mein Beschützer, so wie damals. 

"Nein, nein. Er ist mein Vater." Jetzt sieht er ziemlich verwirrt aus. "Also abgesehen davon, dass dein Vater dir damals sehr wohl etwas angetan hat, was ist so seltsam, dass du deinen Vater gesehen hast?"

"Nein, ich hab herausgefunden, dass mein Vater nur mein Stiefvater ist. Ich...ich  hab meinen leiblichen Vater kennengelernt.", flüstere ich. Er schaut mich ein paar Sekunden einfach nur an. 

"Du musstest diese ganze Scheiße damals also von irgendeinem wi**er ertragen, der nicht einmal mit dir verwandt war?!", sagt er plötzlich extrem wütend. "Beruhig dich.", sage ich und lege meine Hand auf seinen Arm. 

Er atmet tief ein und wird ruhiger. "Okay, und was machst du jetzt?", fragt er. "Ich geh morgen bei seiner Familie Abendessen, aber ich bin nicht nur deshalb hier." Er sieht mich an und fragt: "Weshalb dann?", fragt er.

"Ich möchte mich bedanken." Er runzelt die Stirn, sichtlich verwirrt. 

"Für damals. Du hast mir wirklich geholfen, aus allem rauszukommen und ich hab dir nie richtig gedankt. Und es tut mir leid, dass ich so eine schreckliche Freundin war. Ich war andauernd trinken und hab bei Blake geschlafen und du hattest allen Grund sauer zu sein. Ohne dich, wär ich da niemals rausgekommen. Ich verdanke dir so vieles und es tut mir einfach leid, dass das alles so enden musste." 

Man könnte sagen, dass das ein emotionaler Moment nicht nur für mich, aber auch für ihn war. 

Er nimmt mich fest in den Arm und ich drücke ihn so sehr an mich, dass ich fürchten muss, er kriegt keine Luft mehr. Ich hab ihn so sehr vermisst. 

"Ich geh jetzt lieber.", murmle ich in seine Schulter. "Nein, bitte bleib. Bitte bleib nur ein paar Tage, okay? Ich hab dich so sehr vermisst und..ich kann dir nicht sagen, dass ich dich liebe, aber du bist mir wirklich sehr wichtig."

Ich überlege ein wenig, während er mich weiter in seinen Armen hält. 

"Tut mir leid, aber ich kann nicht.", antworte ich schließlich. Ich sehe die Enttäuschung in seinen Augen. 

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Irgendwie macht es kaum spaß zu schreiben, wenn nicht mal 10 leute sich zusammenkriegen und kommentieren und voten....aber an alle die es tun, ein dankeschön! <3 Ich werde wahrscheinlich später updaten, weil ich so wenig feedback bekomme.

life is the living hell !Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt