Kapitel 38

3.3K 167 27
                                    

Was zum...was macht er hier? "Eh, hallo? Hausfriedensbruch?", sage ich verwirrt. Er scheint mich erst dann bemerkt zu haben und dreht sich um. Seine Augen scannen meinen Körper und mir fällt ein wie ich aussehen muss. 

"Warum bist du so dreckig?", fragt er fast geschockt mit großen Augen. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht.", sage ich und versuche so emotionslos wie möglich zu klingen. 

Er kommt näher und streicht mit seinem Daumen unter mein Auge. "Hast du geweint?", fragt er besorgt. Ich ziehe seine Hand weg und gehe einen Schritt zurück. Ich darf mich nicht wieder von ihm verarschen lassen. Er hat eine Freundin und diese liebt er auch. 

"Was willst du hier, Benjamin?", frage ich kalt und starre ihn an. Für eine Sekunde sieht er verletzt aus, aber dann ist es auch schon wieder weg.

"Nenn mich nicht so.", antwortet er. "Wie? Mit deinem Namen?", sage ich mit hochgezogener Augenbraue, obwohl ich genau weiß was er meint. "Nein. Benjamin. Ich will, dass du mich Ben nennst. Nur Fremde nennen mich Benjamin."

"Ich bin Fremd.", gebe ich zurück und kreuze die Arme unter der Brust. Er schluckt und scheint kurz sprachlos zu sein. 

"Du bist nicht Fremd. Du hast dich vielleicht verändert, aber du bleibst trotzdem die gleiche für mich. Ich weiß, dass du nur auf der rechten Seite des Bettes schlafen kannst und, dass du den Spitznamen Aya nicht leiden kannst. Ich weiß, dass du Fotografie liebst und das du auf deine Lippe beißt, wenn du lügst. Und ich weiß, dass du Ei am morgen liebst. Du hasst Kuchen und Ameisen. Du kannst unglaublich gut singen und Klavier spielen, du liebst Romantik, auch wenn du es nicht zugeben magst und du hast Angst davor verlassen zu werden. Aber dieses mal passiert das nicht. Und ich will, dass du mir eine Chance gibst, wieder ein Teil in deinem Leben zu sein."

Ich bin die ersten Sekunden sprachlos, aber behalte meine kühle Fassade. Ich kann nicht nachgeben, was soll es denn überhaupt bringen, ihn wieder in mein Leben zu lassen? Er wird seine Freundin nicht verlassen, warum sollte er denn auch? Und ihn als einfachen Freund in meinem Leben zu haben, würde noch viel mehr weh tun, als ihn einfach wegzustoßen. 

"Und ich möchte, dass du gehst.", sage ich deshalb leise, weil ich nicht lauter reden kann., ohne zu weinen. Wenn es eine Sache gibt, die ich am meisten an mir hasse, ist es, dass ich so leicht anfange zu weinen. 

Er schließt kurz die Augen und als er sie öffnet, sehen seine Augen so verletzt aus, dass es mir fast das Herz bricht. "Warum bist du so dreckig?", fragt er. Ich bin erst verwirrt und denke er meint meinen Charakter, bis ich seinem Blick auf meine Kleidung folge.

"Ich war unterwegs, Dinge erledigen." "Leichen begraben oder was?", sagt er und lacht halb. 

Mein Gesicht bleibt ernst. "Hör zu Benjamin, ich möchte schlafen. Ich hatte einen wirklich anstrengenden Tag und ich bin sicher deine Freundin wartet auf die nächste Runde." Ich möchte an ihm vorbei nach oben gehen, aber er hält mit seiner Hand meinen Arm fest, als ich vorbeigehen will. 

"Sie möchte dich auch gern kennenlernen." Ich drehe mich verwirrt um.

"Wieso zur Hölle möchte sie mich kennehernen? Was hast du ihr bitte erzählt?" 

"Bitte. Als du letztens vor meiner Tür standest, musste ich ihr erklären, dass wir...eine Vergangenheit haben. Mary ist ein lieber Mensch. Ich versteh auch nicht genau, wieso sie dich treffen möchte, aber ich bin mir sicher, dass sie keine bösen Hintergedanken hat. Sie hat den Instinkt, jedem Menschen helfen zu wollen, den sie sieht.", er sieht verzweifelt aus, weshalb ich einfach ja sagen muss. 

"Ich brauche keine Hilfe, aber okay."

Dümmste Entscheidung jemals. 

"Bist du sicher, dass du du einen Big Mac essen willst, Ayana? Das sind ganz schön viele Kalorien.", sagt Mary und schaut mich mit ihrem künstlichen lächeln an. "Ich achte sehr auf meine Figur und Gesundheit, ich kann dir gerne Tipps geben, wenn du magst.", fügt sie hinzu. 

Wir sitzen gerade bei McDonalds und während ich mir ein BigMac Menü bestellt habe, nimmt Mary nur einen Ceasar Salat. Ich weiß, dass ich eine Therapie gemacht habe und aus der Magersucht raus bin, aber solche Kommentare stören mich trotzdem. 

"Nein, danke. Ich komm schon klar.", sage ich lächelnd und stopf mir den halben Burger rein. 

Sie schaut mich mit weiten Augen an, während Ben geschockt ist und aber ebenfalls lachen muss, so wie ich. 

"Ehm, okay...", sagt Mary mit verzehrtem Gesicht. Sie ging mir die ganze Zeit schon auf die Nerven, mit ihren ständigen Kommentaren. Ich kenne immer noch nicht den Grund, warum sie mich kennenlernen wollte, aber langsam habe ich das Gefühl, dass sie einfach nur sicherstellen will, dass ich keine Bedrohung für sie darstelle. 

"So sehr es mich auch amüsiert hat dich kennen zu lernen Mary, muss ich jetzt leider gehen." Ich lächle beide an und bringe mein Tablett weg. "Ayana, warte!", höre ich Ben noch hinter mir sagen. 

Als ich mich umdrehe, steht plötzlich Mary vor mir. Ben sitzt noch am Tisch.  "Was willst du noch?", frage ich und weiche einen Schritt zurück, weil sie so nah ist. Ich habe die ganze Zeit versucht ihre dummen Kommentare zu ignorieren und halbwegs freundlich zu bleiben, aber sie macht es mir immer schwerer. Ich habe keine Ahnung, was Ben meinte, als er mir erzählt hat, dass sie ein 'lieber Mensch' ist. 

"Hör zu, Ben und ich sind glücklich miteinander. Ich weiß nicht, wer du genau bist oder was euere 'Vergangenheit' bedeutet, aber seit er mir von dir erzählt hat, ist er anders. Halt dich gefälligst von ihm fern! Er braucht dich nicht. Ich wollte dir das persönlich sagen, damit du bloß nicht nochmal vor seiner Haustür stehst.", sagt sie in einem bedrohlichen Ton.

Sie kreuzt die Arme und diesmal geh ich näher an sie heran. "Hältst du dich für was besonderes? Keine Sorge, dass mit mir und Ben ist  vorbei. Ich bin doch nur hier, weil er mich seit Tagen anbettelt, den Kontakt wieder aufzunehmen. Also spiel dich nicht so auf."

Ihre Augen verengen sich, als sie mich voller Hass anstarrt. "Du bist seine Ex?"  "Was dachtest du denn?", antworte ich verwirrt. 

"Du Miststück.", sagt sie trocken. Und bevor ich es realisiere, trifft meine Hand ihre Wange und ihr Kopf dreht sich zur Seite. Oops? 

"Was zur Hölle?!", sagt Ben plötzlich, der sofort zu Mary rennt, der eine gefälschte Träne herunter, als sie Ben umarmt und sagt: "Sie hat mich einfach geschlagen, Benni! Ich wollte mich nur für das Treffen bedanken!" Ben schaut mich geschockt an, während mein Mund runterklappt. 

Früher wäre ich ausgerastet und hätte sie bestimmt nochmal geschlagen, aber ich atme tief ein und sage nichts. Vielleicht ist es besser so, wenn er denkt, ich sei ein Miststück. Das wird es leichter für uns beide machen, uns gegenseitig zu vergessen. 

"Ist alles okay?", fragt Ben und schaut sich ihre rote Wange an. "Verdammt, Ayana! Was sollte das?! Was ist bitte dein Problem?" Ben klingt so sauer, und auch aus seinen Augen ist jegliche Zuneigung verschwunden und nur noch Wut zu sehen. 

Vielleicht ist es besser so...


_____________________________


life is the living hell !Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt