"Ask me everything if you just answer me all of my questions."

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Paluten blieb stirnrunzelnd zurück auf dem Flur des Krankenhauses. Manu lief eilig hinter Micha her, welcher gerade in das angepeilte Krankenzimmer trat. Palle war sich sicher, dass er Maudado kannte. Jedenfalls gut genug, um sagen zu können, dass er kein depressiver Mensch war, doch wie konnte man sich auch täuschen. Aus Manus Aussage war auch zu schließen, dass Palle Manu eigentlich überhaupt nicht kannte. Hatte er nicht in einem ähnlichen Kontakt zu ihm wie zu Maurice gestanden? Er hatte bei beiden nicht gewusst, wie sie aussahen und dachte sie zu kennen. Besonders Manu. Jetzt keimten Zweifel in ihm auf. Sicher hatte sein Freund Geheimnisse. Nicht nur vor ihm. Aber da war noch etwas anderes, bei was Palle sich sicher war, dass er es wissen müsste. Eigentlich. Er war sich immer so sicher gewesen, dass er vor allem Manu und Maudado gut kannte, obwohl er sie noch nie gesehen hatte. Doch Manu hatte Recht. Was wusste er schon? Wieso war er eigentlich so unglaublich naiv? Diese Eigenschaft hatte ihn bisher auch nicht weiter gebracht, sondern immer nur schmerzhaft in die Realität geschleudert.
"Sind sie Herr Mayer?" Aus seinen Gedanken gerissen drehte sich Palle um und sah in zwei große dunkelbraune Augen. Die Krankenschwester war hier um ihn zum Arzt zu bringen.
"Ähm...Ja." brachte Palle etwas überfordert hervor, was die Schwester zu einem Grinsen verleitete. "Die anderen sind im Zimmer. Wenn ich sie holen soll..."
"Nein." sie schüttelte lächelnd den Kopf, "Ich bringe erstmal sie zum Arzt. Er würde sie gerne unter vier Augen sprechen." Ohne eine weitere Widerrede nickte Palle und folgte der Krankenschwester, bis sie vor einer Tür stehen blieben und sie ihm bedeutete einzutreten.
Das Zimmer war recht klein. In der Mitte des Raumes stand ein Schreibtisch, hinter welchem der Arzt bin einem Stapel Papieren versunken saß und wartete. Die weißen Wände waren mit professionell aussehenden Postern űber die verschiedensten Krankheiten beklebt. Hinter dem Arzt lag ein großes Fenster, welches eine beruhigend weite Aussicht űber den Vorhof des Krankenhauses bot. Auch an dem Schreibtisch des Arztes, nur auf der anderen Seite, stand ein zweiter Stuhl. Paluten fűhlte sich plőtzlich ziemlich wohl.
"Nehmen sie Platz, Herr Mayer." sagte der Arzt ohne aufzusehen, als die Tür geschlossen wurde. Palle lief steif auf den Stuhl zu, schob ihn zurück und setzte sich ungeduldig. Erst jetzt sah der Arzt auf, lächelte und reichte Paluten die Hand.
"Ich bin übrigens Doktor Hohl." Palle ergriff die Hand sofort.
"Danke, dass ich mit ihnen sprechen kann." Während Dr. Hohl seine Hand wieder zurückzog und sich geduldig auf seinem Stuhl zurücklehnte, begann Palle nervös ein weiteres Mal den Raum zu betrachten. Die unangebrachte Aktion von Manu vorhin war auch ihm ziemlich unangenehm gewesen. Zu gern hätte er sich entschuldigt, doch er konnte einfach nur schweigend dasitzen, auf eine Reaktion des Arztes warten und neue Details seiner Umgebung nahezu aufsaugen.
"Nun, Herr Mayer." brach der Arzt das eiserne Schweigen, "Fragen sie mich ruhig, was sie fragen wollten."
"Erstmal," verlegen betrachtete Palle die Tischkante vor sich. Jetzt war der passende Zeitpunkt. "muss ich mich für meinen Freund entschuldigen. Er kommt nicht so mit der Situation klar und kann ziemlich anstrengend sein."
"Kein Problem. So etwas erlebe ich öfter, als sie es sich vorstellen können." Palle sah wieder auf und blickte dabei zwangsläufig in zwei herzliche braune Augen, "Sie sind schwul, richtig?" Die Frage traf Palle unerwartet. Er runzelte skeptisch die Stirn.
"Ist meine Sexualität irgendwie von Bedeutung?" fragte er etwas nervös, "Und falls sie darauf anspielen: Ja, Manuel ist mein fester Freund." Der Arzt nickte zufrieden.
"Darauf wollte ich tatsächlich hinaus." sagte er und schrieb etwas auf ein Blatt Papier vor sich.
"Was hat das bitte mit Maurice zu tun?"
"Ihre Beziehung zu ihm..." Palle schnaubte.
"Ich bin vielleicht schwul, aber ich bin nicht in Maurice verliebt. Wir sind nur sehr gute Freunde."
"Verstehe..." Zögernd hob der Arzt seinen Kopf, legte seinen Stift beiseite und sah Paluten erwartungsvoll an, "Nun. Was wollen sie wissen?" Palle räusperte sich und drückte seinen Rücken gegen die Stuhllehne seines Sitzplatzes.
"Wann wird er wieder fit sein?"
"Die nächsten Tage sollte er sich langsam wieder erholen. Dann wartet die Rehabilitation auf ihn."
"Wird er im Rollstuhl sitzen?"
"Was sonst? Auf beiden Beinen Protesen? Ich denke ein Rollstuhl wäre eine durchaus intelligentere Wahl."
"Wo soll er dann hin?"
"Nach Hause?"
"Wir wissen nicht wo er wohnt."
"Ich dachte sie wären seine Freunde?" Palle schüttelte schulterzuckend den Kopf. Vor wenigen Tagen hätte er keine Sekunde an seiner Freundschaft mit den drei YouTubern gezweifelt.
"Wir kennen uns über das Internet."
"Und da nennen sie sich enge Freunde?"
"Natürlich, wir...wir machen viel zusammen und...eigentlich...Wissen sie das ist etwas komplizierter zu verstehen."
"Nun gut. Wenn er bei Bewusstsein ist kann er ja erzählen wo er wohnt. Sonst noch etwas?" Palle brachte keinen Ton mehr heraus. Er hatte noch so viele Fragen, die seine Gedanken belagerten, die er aber aus einem unbestimmten Grund nicht aussprechen konnte. Etwas versiegelte seinen Mund, sodass kein Laut in die Luft gelangen konnte. Etwas in ihm wollte nicht, dass er etwas sagte. Egal was. Es sollte unausgesprochen bleiben. Verzweifelt und geschlagen schüttelte Palle den Kopf. Was hätte er sonst tun sollen?
"Was ist denn mit ihrem anderen Freund? Dem Fahrer." Der Fahrer. Michael. Wie sie es alle nicht wagten seinen Namen auszusprechen. Palle spűrte plőtzliche Wut in sich aufsteigen. Es war so unfair.
"Was soll mit ihm sein?" gab er schnippisch zurűck.
"Seine Beziehung zu dem Opfer." Das Opfer. Maurice. Wie sie es alle nicht wagten seinen Namen auszusprechen. Palle wurde von leerer Enttäuschung erfűllt. Es war so unfair.
"Was soll damit sein? Er hat ihn genauso gut gekannt wie ich."
"Verzeihen sie mich, ich bin schon alt," der Arzt lachte laut auf, "Ich komm nicht ganz mit. Erklären sie mir das bitte, solange es nicht zu persönlich ist."
"Kennen sie YouTube?"
"Ja, klar."
"Wir vier sind auf YouTube aktiv und haben uns auch űber die Plattform kennengelernt."
"Ich verstehe immer noch ni..."
"Versprechen sie mir einfach niemandem etwas von diesem Gespräch zu erzählen. Das ist mir sehr wichtig." Palle hatte eine Chance gewittert.
"Gut. Ich verspreche es." Eine Chance sich endlich richtig őffnen zu kőnnen.

Meeeeep ._.

GLPalle ~~ Heimliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt