"Wie alt bist du eigentlich?" fragte ich Flemming, der gelangweilt durch verschiedene Kanäle des Fernsehens zappte.
Verwirrt sah er mich an "Zweiundzwanzig. Warum?". Mir gefiel es zwar überhaupt nicht, dass er so gespielt unwissend nachfragte, was man auch daran erkannte, dass ich zickig meine Augen verengte, aber ich antwortete ihm aus Höflichkeit: "Weil du ja nicht auf meine Schule gehst".
Er lachte, was mich voll nervte. Was lachte der denn jetzt bitte so dumm? "Nur weil ich nicht auf deine Schule gehe, heißt das nicht, dass ich auf gar keine gehe" kicherte er belustigt und drehte sich grinsend wieder zum Fernseher.
Beleidigt verschränkte ich meine Arme. Ich konnte es einfach nicht mehr aushalten! Seitdem ich wusste, dass dieser Vollidiot mich angegriffen hatte, konnte ich nicht mehr gutgelaunt und entspannt in seiner Nähe sein. Es für mich zu behalten konnte ich aber auch nicht lange. Es war nur eine Frage der Zeit bis er erfuhr, wie viel ich wusste und mich gewaltsam nach Antworten zwang.
"Weiß du eigentlich-" "Warum hast du mir das angetan, du scheiß Arschloch?!" kreischte ich völlig aufgelöst.
"Hm? Was meinst du?" tat er auf scheinheilig und sah wieder zu mir. Tze ich hätte es wissen müssen. Kein Mensch dieser Erde hatte so schöne, grüne Augen, abgesehen von mir!
"Was ich meine?! Dass du mich fast umgebracht hast, du norwegisches Stück Dreck!" brüllte ich durchs gesamte Haus und ignorierte somit, dass er direkt neben mir saß.
Erst konnte ich aus seinem Gesicht lesen, dass er zurück brüllen wollte, doch dann wurde seine Mimik etwas weicher. Er seufzte "ich hab das nicht gewollt, alles klar? Ich kann es nicht immer kontrollieren. Und an dem Tag war ich halt voll sauer und wurde von deinem ach so tollen Gefährten durch den Wald gejagt".
Ich verengte giftig meine Augen. "Denkst du wirklich, dass das eine gute Ausrede geschweige denn Entschuldigung ist?! Mein wunderschöner Körper wird für immer von deinem scheiß Kontrollverlust Narben davontragen müssen! Meine Hülle war mal perfekt und makellos! Und jetzt sieh mich an!" ich schluchzte gut schauspielerisch inszeniert auf und klatschte mir meine Hände vor mein Gesicht.
"Milo, es tut-" "sieh mich an verdammt!" zischte ich und sah ihn mordlustig an. Ich hob mein T-Shirt an "guck dir das an! Das da wird nie wieder weggehen!". Ich deutete auf die verkrustete Wunde an meinem Bauch.
Er schluckte und atmete tief durch. Er schien nach Worten zu suchen. Als er wieder seinen Mund aufmachen wollte, kam ich ihm zuvor. "Halt einfach deine Schnauze! Wenn du mir jetzt mit einer dummen, unnötigen Entschuldigung ankommst, dann raste ich wirklich! Wenn du willst das das du diesen" ich deute auf meine Wenigkeit "tollen, neuen Mitbewohner und Freund beibehältst, hältst du deine scheiß Fresse und beeindruckst mich möglichst schnell!".
Flemming musste anscheinend gar nicht erst lange nachdenken und sprang auf. Schnell schaltete er den Fernseher aus und flüchtete in den Flur. Ausgehfähig stand er dann wieder vor mir. Er deutete mir, ihm zu folgen, doch ich blieb nur bockig mit verschränkten Armen auf der Couch sitzen.
Er hatte wohl gemerkt, dass ich nicht hinter ihm war und kam wieder zu mir. Als er meine widerständige Einstellung erkannte, stöhnte er genervt auf. Gerade wollte er ein Machtwort sprechen, als ich meinen Zeigefinger vor meine Lippen hielt und ihn somit andeutete, kein Wort von sich zu geben.
Dann streckte ich mit gehobenen Kinn meine Arme aus, woraufhin mich Flemming augenrollend auf den Arm nahm. Er trug mich zu seinem Auto, dass nicht mal ansatzweise so erregend war, wie von der geilen Jasmin.
Eigentlich wollte ich fragen, wohin er mich entführte oder zumindest ob wir zurück fahren könnten, um mein Handy mitzunehmen, denn in mir machte sich ein ungutes Gefühl breit. Vielleicht lag es daran, dass ich ihm nicht mehr vertraute oder an diesem gruseligen Grinsen, welches er auf seinen vollen aber nicht so hinreißenden Lippen wie von Shane hatte. Moment was?
Sein Auto brachte er an einem Waldstück zum Stehen. Ich stieg unsicher aus dem Auto. Es dämmerte schon langsam, weshalb sich der Himmel in vielen verschiedenen Farben strahlte.
Zögernd sah ich zu Flemming, welcher ebenfalls ausgestiegen war und mich optimistisch zu sich wank. Ich hatte wirklich kein gutes Gefühl, wenn ich in den Wald sah, welcher schon reichlich dunkler war, als der Himmel. Ich würde nicht sagen, dass ich eine Angst vor Wäldern entwickelt hatte, denn ich hatte vor nichts und niemandem Angst, aber ich nenne es gerne mal 'hohen Respekt'. Woher sollte ich denn wissen, ob es nicht doch noch mehr von diesen übermenschlichen Wesen gab, die einen im Hinterhalt angriffen?
"Komm schon, Milo. Ich pass auf dich auf, versprochen!" lachte er, als er wohl mein Misstrauen erkannte. Ich fand das jedoch gar nicht zum Lachen, was er wohl kurz danach in meiner Stimme raushörte: "Halt die Fresse, man! Sei froh, dass ich überhaupt mitgekommen bin, du Arschkriecher!".
Trotzdem ging ich ihm mit angezogenen Schultern und geduckten Kopf hinterher. Ich wusste nicht mal, warum ich ihm nachlief. Ich hatte ja nicht einmal mein Handy zur Hand, um im Falle eines Falles meine letzten Sekunden dieser Erde aufzuzeichnen!
"Ist es noch weit?" ich versuchte meiner Stimme einen genervten Ton unterzujubeln, was jedoch nicht den Respekt übertönte. Ja, mein gewaltiger Respekt vor dem Wald stieg bei jedem verdammten Geräusch, welches nicht von mir oder von meinem Guide kam.
"Nein, wir sind so gut wie da" hörte ich Flemming schmunzeln. Tze, da hatte er noch Glück gehabt. Hätte er hinterhältig über meine Hilflosigkeit in diesem Pflanzengarten gelacht, würde er nicht mehr lange lachen.
Genervt schnaubte ich. "Ja toll, aber wie weit ist es noch?" mein nörgelndes Zischen ließ ihn frustriert Stöhnen. "Boar, wir sind eben fast da. Willst du die Metermaße haben oder was?" murmelte er matt und stapfte weiter über Wurzeln und Steine.
"Jaha. Aber wie -" ich stolperte über irgendsoeine dämliche Pflanze und legte mich aufs Maul. "Verdammte Scheiße!" fluchte ich, als ich spürte, wie mein Knie schmerzte und ein länglicher Schmerz über meine Wange zischte. Ich legte meine Finger an diese und spürte wie Blut herunter rann. Genervt von mir selbst drehte ich mich auf die Seite und sah auf mein Knie hinunter. In der Hose war ein Loch. Viele kleine Steinchen, Dreck und Blut stachen mir ins Auge.
"So viel zu 'Ich pass auf dich auf, versprochen'!" keifte ich Flemming an, welcher mich mit einer Mischung aus Schadenfreude und Mitleid musterte. "Jetzt hilf mir doch mal, Arschloch!" brüllte ich ihm entgegen und schaute ihn giftig an. Shane hätte mir sofort geholfen. Nein, Shane hätte mich aufgefangen und mich nicht erst fallen gelassen! Jetzt wusste ich zumindest, wer von den beiden der Gentleman war.
Das letzte Stück der Strecke hatte mich Flemming mal wieder getragen, was mich ehrlich gesagt aufregte. Er trug mich immer wie eine Braut, eben wie ein nutzloses Weib. Zumindest behielt er recht, denn es war nicht mehr weit.
"Du hast mich durch dieses ganzen scheiß Wald laufen lassen, damit wir in eine Hütte gehen können?! Ist das dein kackverdammter Ernst?! Lass mich sofort runter! Ich sagte, du sollst mich runter lassen, du Bastard von Nordmann!" ich strampelte, versuchte ihm ins Gesicht zu schlagen, damit er mich endlich runter ließ.
"Na gut" meinte er und löste seine Hände abrupt von meinem Körper, sodass ich mit einem lauten Bauchklatscher auf dem harten Waldboden aufkam. Ich stöhnte auf und hielt mir mit zusammengekniffenen Augen meinen Bauch.
"Flemming?" fragte eine dunkle, mir unbekannte Stimme irritiert "wer ist das?". Angesprochener räusperte und trat mir leicht in die Seite, woraufhin ich mich sauer aufrappelte. Mich starrten geradewegs zwei außergewöhnlich grünblaue Augen nieder. Ich schluckte, wollte meinen Blick anwenden, zwang mich jedoch der Dominanz des Blickes standzuhalten.
"Du Frage ist doch wohl eher: Wer bist du?" eigentlich hatte ich vor diesen Fremden nur etwas zu provozieren, doch als ich sah, wie dieser seine Augen verengte und mich noch animalischer anschaute, senkte ich meinen Blick. "Milo Hoskins" räusperte ich mich und presste meine Zähne aufeinander. Mir ging es gewaltig auf den Sack, dass dieser Typ schon einen auf Boss machte. Wer war dieser Trottel überhaupt?
"Kommt rein" hörte ich ihn sagen und musste schlucken. Dieser Typ war mir überhaupt nicht geheuer und dann sollte ich bei ihm ins Haus? Ich blieb wie angewurzelt stehen, doch spürte kurz darauf Flemmings Arme, welche mich wie ein Fliegengewicht hochstemmten. "Ich mag ihn nicht!" zischte ich diesen an, welcher daraufhin grinsen musste "wer is'n das überhaupt?". Er trug mich in die kaum beleuchtete Waldhütte.
"Mein Halbbruder.".

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Beast Inside
WerewolfMilo zieht um, schon wieder. Weil er gegen irgendwelche Regeln verstoßen hatte, schon wieder. Um eins klarzustellen, Milo ist ein Arschloch. Er ist die menschliche Verkörperung des absoluten Übertreibens und der totalen Provokation. Und so wie jede...