Eine warme Hand, welche sich vorsichtig auf meine Schulter legte, holte mich aus meinen bemitleidenswerten Gedanken.
"Milo? Ich weiß, du hast es schon tausendmal beantwortet hast, aber bist du dir sicher, dass du dich an diesem Abend mit Caleb nur geprügelt hast?" ich sah auf und erblickte gleich die stahlblauen Augen von Blondie, welche mich warmherzig musterten. Ich brauchte kein Mitleid! Von niemandem!
Ich entriss mich seiner Berührung und hievte mich trotz meines schweren und zitternden Körper auf. Man, seit wann bekam ich nach so einer nebensächlichen Auseinandersetzung weiche Knie?!
"Ja, verdammt! Jetzt lass mich zufrieden!" zischte ich und machte mich auf den Weg in mein Klassenzimmer.
"Weißt du, was die Folgen einer Vergewaltigung und einer Gehirnerschütterung sind?" fragte er mich mit belegter Stimme, wofür ich ihm dankbar war. Es mussten nicht auch noch meine Mitschüler behaupten, dass mir so etwas abartiges wie eine Vergewaltigung passiert sein sollte. Ich war schließlich kein Schwächling!
"Nein, weil es mich nicht interessiert!" keifte ich und verschnellerte meinen Gang.
"Gleichgültigkeit, Schuldgefühle, Angstzustände, Panikattacken, Schlafstörungen-" ich wirbelte herum "Welch ein Glück, dass keines dieser Dinge auch nur annährend zutrifft! Vielen Dank für deine Fürsorglichkeit und jetzt verpiss dich!"
"Das sah aber vorhin anders aus-" "Junge, was ist falsch bei dir?! Ich wurde gerade von meinem Freund gewürgt, der mich vor nicht mal zehn Minuten mit Sanftpfoten behandelt hat!" kurz stockte ich. Mein Freund?... Ich mein, er ist ein Freund, aber ob es wirklich diese Art von Freund war, wusste ich nicht genau. Vor allem nicht nach seiner Scheiß Aktion. Ficken kann er, das gebe ich zu. Aber richtiger Freund mit Liebe und den ganzen Kram? Vergiss es!
"Außerdem ist mir vieles so ziemliche egal, was dann auch die Gleichgültigkeit erklärt. Und Schlafstörungen? Bitte! Wenn ich nicht gerade von einem scheiß Monster die Nacht durchgefickt werde, muss ich damit klarkommen, in was für einer scheiß Fantasiewelt ich doch lebe!" knurrte ich leise "Und nächstes Mal zeigst du Shane so einen scheiß Brief, wenn ich nicht in der Nähe bin, klar?! Ich dachte schon, der killt mich hier und jetzt! Kannst du dir vorstellen wie traumatisierend es ist, davon auszugehen, in der Schule zu sterben?!"
Verständnislos starrte mich Blondi an. Ja, ich konnte auch mal ausrasten, also, mehr als sonst schon.
"Jetzt muss ich Shane hinterher rennen und ihn versuchen davon abzuhalten, mein Arschlochfreund abzumurksen. Danke dafür, Blondi" wütend stampfte ich also von Blondi weg, in Richtung Ausgang. "Zumindest habe ich diesmal einen plausiblen Grund zu schwätzen" brummte ich zu mir selbst.
Jaa, das Suchen und Finden der beiden mit Steroiden vollgepumpten Streithähne hatte ich mir einfacher vorgestellt. Die Realität stellte sich dann irgendwie als schwieriger heraus. Ich meine, wo zum Henker sollte ich anfangen zu suchen?! Bei Shane Zuhause, bei Flemming, bei Caleb oder doch irgendwo in diesem scheiß Wald?!
Doch genug Zeit hatte ich ja, mir darüber Gedanken zu machen. Da nämlich Shane mich heute morgen zu Schule mitgenommen hatte, musste ich nachhause laufen. Den ganzen Weg. Eine Stunde und achtzehn Minuten. Also wenn für mich nach diesem Vorfall nichts herausspringt, werde ich noch beide eigenhändig umbringen. Nicht das ich das könnte. Ich kann diesen Wixern ja nicht mehr einen blauen Fleck verpassen.
Nachdem ich also einen kleinen Essensstopp bei meinem Zuhause gemacht hatte und bei den Reeds nach Shane nicht fündig war, fuhr ich auch schon zu Flemming. Dieser wollte mir anscheinend nicht die Tür öffnen, denn selbst als ich sturmklingelte, rührte sich im Haus nichts. Möglich wärs auch, dass er in der Schule war. Aber komm schon, guck dir diesen Spacko an. Der geht niemals noch in die Schule.
Also machte ich mich auf den Weg zu Calebs Haus, auch wenn ich mich ab und zu verfuhr. Kack Ziehwege. Doch als ich dann endlich ankam, dämmerte es bereits.
Woher ich wusste, dass ich trotzdem noch rechtzeitig war?
Ich bog gerade nochmal links ab und konnte schon das alleinstehende Haus sehen, als mehrere muskulöse Personen aus dem Haus stürmten. Hinter dem Haus schienen ebenfalls hauptsächlich männliche Personen mit ihrer Orgie fertig zu sein, denn sie schlossen sich mit an. Eher gesagt, spaltete sich die Menschengruppe in zwei Teile. Und ich konnte schon erahnen welche zu wem gehörten.
Als ich näher heran fuhr, konnte ich auch Shane, Blondi als auch Luke erkennen. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich Flemming und Caleb. Dicht hinter ihnen konnte ich diese hässlichen Schlägertypen ausfindig machen.
Ich gab also nochmal richtig Gas und sprang wirklich elegant von meinem Quad ab.
"Okay, okay, ich fühl mich ja sehr geschmeichelt, dass ich hier im eigentlichen Mittelpunkt stehe, aber das ist wirklich nicht nötig" ich drehte mich zu Shane und machte eine einladende Handbewegung "Komm Shane, wir gehen nachhause."
Insgeheim hoffte ich, dass er wirklich nur dieses eine, verschissene Mal auf mich hörte, doch gleich darauf wurden meine Hoffnungen in Luft aufgelöst.
"Nein. Er hat meinen Gefährten gegen seinen Willen bei sich festgehalten, vergewaltigt und fordert ihn nun als den seinen" knurrte Shane, wobei sein Gesicht sich verformte. Er wurde wieder zu Monster. Und als seine Kumpanen ihn gehört hatten, ebenfalls.
Mein Atem stockte vor Angst und kontrollierte mich gerade noch, nicht herumzuwirbeln und abzuhauen.
"Wärst du mir nicht zuvor gekommen, würde er mir gehören. Aber war er mein, zumindest für ein paar Stunden" knurrte Caleb zurück und ich konnte gar nicht glauben, was er da gerade von sich gegeben hatte. ich wurde wirklich von ihm vergewaltigt. Ich. Von meinem scheinbar völlig unschuldigen Arschlochfreund.
Plötzlich erschienen die Bilder vor meinen Augen. Bilder die ich lieber weiter verdrängt hätte. Bilder die puren Ekel in mir auslösten.
Ehe ich dies noch richtig realisieren konnte, stürmte Shane auch schon auf Caleb zu und in binnen von Sekunden eskalierte es zu einer Massenprügelei. Naja, Prügelei war noch eine Beschönigung. Jeder versuchte den Gegner mit seinen übergroßen Krallen aufzuschlitzen oder zu Tode zu beißen. Wie Tiere.
Alles passierte so schnell, dass ich es nicht stoppen konnte.
Nicht dass ich es wirklich gekonnt hätte. Oder gewollt hätte.
Shane saß auf Calebs Bauch, schlitze mit seinen langen Klauen seine Brust auf, bis er letztendlich mit einem ohrenbetäubenden Grölen seine scharfen Fangzähne an der Halspartie ansetzte. Caleb, welcher pure Panik hatte und sich hilflos versuchte von Shane irgendwie zu befreien, streckte seine blutende Hand nach mir aus. Sein Blick war verschwommen und bittend.
Ich trat einige Schritte näher, kniete mich ein paar Meter vor ihm und sah ihn wortlos an. Ich hatte keine Worte für dass, was ich in diesem Moment empfand. Doch ich wollte ihm auch nichts sagen. Ich wollte nicht, dass das letzte was er hörte, meine Stimme war. Er sollte sein armseliges Röcheln mitanhören, welches er beim Blutspucken von sich gab, mit klaffender Wunde an der Kehle.
Shane wendete sich auf und sah mich an. Normalerweise hätte ich mich erschrocken, vor seinem zweiten Gesicht, vor dem Monster, was er war, doch ich tat es nicht. Ich fiel ihm nur um den Hals und flüsterte ihm ins Ohr: "Danke, dass du nie aufgehört hast, mich zu lieben. Deinen Würger von heute morgen werde ich dir nicht verzeihen, aber trotzdem denke ich, dass es an der Zeit ist, dir die besonderen Worte zu sagen; Ich kann mir vorstellen, dich in dem Rest meines Lebens zu akzeptieren"
Sein starrer und eintöniger Blick ließ mich mit meinen Augenrollen "Bedeutet ich liebe dich, du Homo."
Nun bildete sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. Er war glücklich, genau wie ich.
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Beast Inside
WerewolfMilo zieht um, schon wieder. Weil er gegen irgendwelche Regeln verstoßen hatte, schon wieder. Um eins klarzustellen, Milo ist ein Arschloch. Er ist die menschliche Verkörperung des absoluten Übertreibens und der totalen Provokation. Und so wie jede...