Kapitel 25

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Misstrauisch musterte ich den großen mit muskelbepackten Körper. Seine Arme zierten Unmengen an Tattoos und an beiden Ohren war ein Tunnel gestochen worden. Ich beobachtete mit aufmerksamen Augen, wie er elegant sein Weinglas an seine Lippen setzte. Ich sah zu, wie sein Kehlkopf kurz nach unten rückte, da er schluckte. Er leckte sich über seine Lippen und schaute zu der Weinflasche, welche vor ihm stand, weshalb ich ihn wie hypnotisiert anstarrte. Seine Haare waren pechschwarz, wie die von Flemming.

"Warum starrt dein kleiner Freund mich an?" fragte dieser um es zuzugeben wunderschöne Mann an seinen Halbbruder gerichtet, welcher sich neben mir auf der Couch saß.

Bevor Flemming jedoch antworten konnte, nahm ich ihm dies ab. "Unschönes Gefühl, was? Tja, so hab ich mich gerade auch gefühlt" zischte ich, wunderte mich aber trotzdem wie er Ruhe und gleichzeitig auch Dominanz ausstrahlen konnte. Flemming schluckte laut und sah unparteiisch aus dem Fenster.

Ich erkannte, wie seine Mundwinkel sich leicht hoben. "Du bist ziemlich vorlaut für so einen Haufen Haut und Knochen" als Flemmings Kopf wieder zu seinem Halbbruder raste, hatte dieser jedoch wieder seine neutrale Maske aufgesetzt.

"Aha" angesäuert von seiner überspielten Gelassenheit verschränkte ich meine Arme "Warum ich nochmal meine Schuhe in diesem Stück ausgekotzten Mist namens 'Wald' schmutzig gemacht?". Herausfordernd rümpfte ich meine Nase und sah abwartend zu Flemming. 

"Gute Frage. Warum ist diese albernde Bohnenstange hier?" seine stechend blaugrüne Augen ruhten auf Flemming, welcher sich dabei sichtlich unwohl fühlte. Einerseits fragte ich mich warum, denn schließlich waren sie verwandt, oder so etwas in der Art. Andererseits genoss ich den Anblick des leicht eingeschüchterten Flemming, welcher sich verunsichert durch seine dunklen Haare fuhr.

"Ich- ähm" er räusperte sich kurz "ich wollte dich dem Rudel vorstellen". 

Sofort verschluckte sich der vermutlich älteste im Raum an seinem Rotwein und hustete wie verrückt. Ich sah Flemming nur fragend an. Und das soll was besonderes sein? Er wollte mir ein paar von seinen Kumpels vorstellen? Naja, was hätte ich auch sonst von einem Monster erwarten können. 

"W-" "Caleb, er ist ein Freund von mir! Wir können ihm vertrauen!" beteuerte Flemming und hob seine Hände um seinen Halbbruder zu beruhigen, welcher sich nach seinem Hustenanfall beinahe auf Flemming gestürzt hätte. Ich beobachtete die Situation nur grinsend. Ich meine, ich hatte eh nichts zu melden. Das waren barbarische Giganten, also konnte ich mich auch stattdessen zurücklehnen und die Show genießen.

"Wie kannst du dir da so sicher sein?" knurrte Caleb, welcher sich sichtlich beherrschen musste, nicht vor Wut zu platzen. Nun, das war der Moment, wo ich mich wieder einschaltete.

"Also ich weiß ja nicht ob das normal vor einer Freundschaft so einem... Ding ist, aber dein toller Bruder hätte mich beinahe gekillt!" mit neuem Wut gekrönt, schaute ich giftig zu Flemming. Ob ich noch sauer war? Ja verdammt, und das würde sich auch nicht in den nächsten Jahrzehnten ändern!

"Warum nur fast?" grinste Caleb wieder überraschend ruhig. Obwohl er seinem Halbbruder di Frage gestellt hatte, sah er mir grinsend ins Gesicht. Ich verengte meine Augen. Dieser abartige Sadist fand das auch noch lustig!

"Was fällt dir eigentlich ein, du-" "reiß dich zusammen, Milo! Vor dir sitzt immer noch ein Alpha!" unterbrach mich Flemming, welcher anscheinend wieder ins Leben gerufen worden war.

"Ist schon okay, Flemming. Sprich weiter, Milo" er nippte an seinem Getränk und leckte sich dann über seine Lippen. Ich starrte ihn an, ich konnte eben nicht anders. So wie er dort saß: führend, herrschend, tonangebend. Seine Augen jedoch strahlten diesen gewissen Reiz aus. Er wollte also spielen was? Na schön, dann lass uns spielen Arschloch!

"Wenn du damit andeuten wolltest, was ich denke, das du es wolltest, warne ich dich besser jetzt vor: Ich werde zu Shane gehen. Und weißt du was der machen wird? Der wird mit all seinen Biestern auf dich losgehen und dich in Stücke reißen!" fauchte ich und funkelte ihn zornig an.

Er grinste und richtete sich etwas auf. "Er ist zum schreien, nicht wahr Flemming?" schmunzelte Caleb und gab Flemming einen kurzen Seitenblick. 

"Und was würde dein geliebter Shane sagen, wenn er hören würde, dass ich dich zu meinem Gefährten mache? Hm? Was würde er sagen?".

Meine Kehle war wie trockengefegt und meine Lippen waren fest verankert. Kein einziger Ton kam über diese. Meine Augen fixierten nur langsam den jungen Mann. 

Es war still, bis sich Flemming räusperte und nervös neben mir hin und her wippte. "A-aber warum? Ich meine- er?!" er sah Caleb sprachlos als auch überfordert an, woraufhin der Angesprochene seine Augen finster verengte.

"Stell meine Entscheidungen nicht infrage" sein gefährliches Zischen ließ mich wieder aus meiner Schockstarre erwachen.

"Aber warum er?! Ich meine- komm schon! Es gibt Tausende- nein, Millionen anderer Personen, die du haben könntest und die auch noch einen winzigen Funken Anstand, Disziplin geschweige denn Benehmen oder Gehorsam besitzen! Warum dann ausgerechnet er?!" ich nickte zustimmend, überlegte dann nochmal was er gesagt hatte und sah ihn empört an. Wie konnte er nur?

"Er ist etwas besonderes. Außerdem haben wir viele Gemeinsamkeiten, findest du nicht?" nun schmunzelte Caleb wieder leicht und zwinkerte mir zu. Fassungslos starrte ich diesen Gott von einem Typen an. Ich blinzelte, was dachte ich da für einen Mist? Reiß dich verdammt nochmal zusammen, Milo!

"Nun ja, ja aber das musst doch nicht heißen, dass-" "Flemming, verschwinde!" knurrte Caleb aufgebracht. Seine eigentlich ganz ansehnlichen blaugrünen Augen färbten sich allmählich rot, weshalb ich erschrocken den Atem anhielt. Das war wohl der Vorgesetzte dieser Viecher.

Flemming stand auf und zog mich mit hoch. "Er bleibt hier" zischte er und starrte Flemming drohend in den Rücken. Als würde dieser den todbringenden Blick spüren, blieb Flemming stehen. Mein Handgelenk hielt er noch immer mit einem festen Druck umschlungen.

"Er wird freiwillig mitkommen. Würde er hierbleiben wollen, würde er etwas sagen" ich schluckte nervös, als ich die aggressiv klingende Tonlage ebenfalls in Flemmings Stimme hörte.

Er zog mich ohne weitere Worte zur Tür, schlug sie laut knallend zu und nahm mich auf seinen Rücken, da ich ihm offensichtlich mit meiner Verletzung zu langsam war.

"Was- was bedeutet das jetzt für mich?" fragte ich räuspernd. Meine Stimme war dabei ungewohnt unsicher und leise. 

Ich hörte Flemming seufzten. Das konnte nichts gutes bedeuten. "Denk doch mal nach: Zwei Werwölfe aus verschiedenen Rudeln stehen auf dich und du hast nicht einmal eine Wahl einen auszusuchen" schnaubte Flemming, während er mich durch den nun stock finsteren Wald schleppte. Gerade wollte ich mich fragen, wie er nur so problemlos laufen konnte, als mir wieder diese eine übernatürliche Sache ins Gedächnis nieselte.

"Hä, warum kann ich nicht einfach sagen: Fick dich Caleb, Shane ist geiler?" fragte ich und verschränkte meine Hände vor seiner Brust, damit ich meinen Kopf angenehm auf seinen muskulösen Schultern ablegen konnte.

"Weil es eine Rangordnung gibt! Caleb ist ein Alpha und dein 'geiler Shane' ist nur ein Beta, was so viel bedeutet wie: du hast keine Wahl. Viel Spaß mit deinem tollen Caleb" nun war es still. Man hörte nur noch Flemmings Getrampel, knacksende Äste, die raschelnden Blätter und unsere lauten Atemzüge.

"Was ein Scheiß" murmelte ich und schloss mit einem mulmigen Gefühl meine Augen. Ich mochte Caleb nicht, schon als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Doch nun, wo er sich zwischen mich und Shane stellte, hasste ich ihn, abgrundtief. 

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