Erkenntnis und gute Nachrichten

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PRIYANKA

Die ganze Befreiungsaktion dauert jetzt schon über eine Stunde und ich habe immer noch nichts von Jeremy gehört

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Die ganze Befreiungsaktion dauert jetzt schon über eine Stunde und ich habe immer noch nichts von Jeremy gehört. Sicher, ich könnte auch einfach ins Wohnzimmer gehen und nachfragen, doch ich will nicht das sie mich so aufgelöst sehen. Denn, wenn der Anruf kommt und er mir sagt, dass es Justin gut geht, oder noch schlimmeres, möchte ich keine Zuschauer. Also stehe ich in Justins Zimmer und schaue aus dem Fenster, hänge meinen Gedanken nach und warte angespannt darauf, dass mein Handy klingelt. Ich atme tief ein und drehe mich um, lasse den Blick durch das leere Zimmer schweifen.

Es sieht alles noch so aus, wie er es verlassen hat. Sicher, es sind nur fünf Tage gewesen, aber für mich fühlt es sich wie eine halbe Ewigkeit an. Mein Blick bleibt auf dem Piano hängen, das neben mir steht. Langsam gehe ich darauf zu und fahre mit meinem Finger über die glatte Oberfläche. Wenn er gespielt hat, habe ich ihm manchmal heimlich zugehört. Ich stand vor der Tür und lauschte den Klängen, die seine talentierten Finger erzeugten und wünschte mir, neben ihm zu sitzen und dem Spiel seiner Finger zuzuschauen. Und jetzt, jetzt stehe ich da und berühre die Oberfläche und stelle mir vor, wie er da sitzt und spielt. Er wird wieder spielen können, da bin ich mir sicher, ich glaube fest daran.

Sanft hebe ich den Deckel hoch und setze mich hin, zuerst betrachte ich die Klaviatur bloss, doch dann drücke ich einige Tasten und höre den Klängen zu bis sie gänzlich verklungen sind. Ich schliesse die Augen und versuche all meine Konzentration in meine Finger zu projizieren und von ganz allein beginne ich zu singen. „Say, go through the darkest of days. Heaven's a heartbreak away. Never let you go, never let me down. Oh, it's been a hell of a ride, driving the edge of a knife. Never let you go, never let me down. Don't you give up, nah-nah-nah. I won't give up, nah-nah-nah. Let me love yo, let me love you", singe ich und verstumme, als ich Agent Wyatt im Türrahmen stehen sehe. Ich räuspere mich und könnte im Boden versinken, dennoch schiebe ich meine Scham zur Seite und stehe auf. „Sie hätten meinetwegen nicht aufhören müssen. Sie haben Talent, vielleicht nehmen Sie und Ihr Stiefsohn schon bald eine Platte auf." Stirnrunzelnd schaue ich sie an und als ihr Lächeln immer breiter wird, begreife ich was sie damit mein. So schnell ich kann bin ich bei ihr und drücke sie so fest wie nur kann. „Er lebt? Wie geht es ihm?", frage ich und kann die Tränen vor Glück und Erleichterung nicht weiter zurückdrängen. Shelby löst sich von mir und nickt, was mich dazu verleitet sie ein zweites Mal zu umarmen. „Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Wie die Ärzte vor Ort über Funk sagten, wurde Justin angeschossen und ins Krankenhaus gebracht." Diese Nachricht dämpft die Freude ziemlich und katapultiert die Sorgen wieder nach vorne. „Angeschossen? Wie...wie geht es ihm?" Ich wische mir übers Gesicht um stark zu wirken, doch das bin ich nicht und es war ein kläglicher Versuch es zu verbergen. „Er war ansprechbar, als Ihr Verlobter ihn gefunden hat. Wie sein Zustand jetzt ist, entzieht sich meiner Kenntnis." Ich nicke und atme tief ein und wieder aus, versuche meine Gedanken zu ordnen. „Danke, dass Sie es mir gesagt haben, Agent Wyatt." Sie nickt mir zu und begleitet mich nach unten, wo die anderen bereits zusammen packen. „Fahren Sie beruhigt ins Krankenhaus, wir räumen alles zusammen, denn unsere Arbeit ist getan. Alles Gute Priyanka, das meine ich nicht nur einfach so. Ich hoffe wirklich das sie beide glücklich werden." Über ihre ehrlichen Worte freue ich mich sehr, ich bedanke mich und gehe mit schnellen Schritten aus dem Haus. Als ich Jeremys Anwesen hinter mir gelassen habe, breche ich in Tränen aus und dieses Mal lasse ich ihnen freien Lauf, weine haltlos und gebe mich meinen Gefühlen ganz und gar hin. Es tut gut endlich mal alles rauszulassen, was sich in den letzten Tagen angesammelt hat und als ich im Krankenhaus ankomme, fühle ich mich stark genug Jeremy gegenüber zu treten. Nach einer kurzen Suche, habe ich ihn in der Notaufnahme des Jacksons Memorial Hospitals gefunden. Er sitzt auf einem Stuhl und sieht ziemlich fertig aus. Ihn so zu sehen verlangsamt meine Schritte und ich habe Angst, dass etwas schlimmes passiert ist. Doch bevor ich umkehren kann, hebt er den Kopf und als er mich sieht, steht er auf und kommt auf mich zu. Jeremy Bieber ist ein grosser, starker Mann. Ein Fels in der Brandung, doch dieser Mann der heute auf mich zu kommt, sieht um Jahre gealtert aus. Dunkle Ringe haben sich unter seinen rot umrandeten Augen gebildet, er sieht ziemlich erschöpft aus. „Darling, schön das du hier bist. Es tut mir so leid, dass ich dich nicht angerufen habe, aber ich...", er lässt den Satz in der Luft hängen und schliesst mich in seine Arme, drückt mich so fest an sich, dass es mir die ganze Luft aus der Lunge drückt und ich kaum noch atmen kann. Als er zu schluchzen beginnt, frage ich mich wie es Justin geht und mir fällt auf, dass ich mir keine Sorgen um Jeremy gemacht habe. Ihm hätte auch etwas passieren können, doch meine gesamte Sorge galt Justin. Mir wird klar, dass ich für Jeremy nicht das gleiche empfinde wie für Justin und das ich endlich reinen Tisch machen muss. „Er wurde angeschossen, Priyanka.... Die Ärzte operieren ihn gerade, sein Zustand sei kritisch, aber sie denken, dass er es schaffen wird. Oh Gott! Mein armer Junge....", schluchzt er und klammert sich an mir fest. So aufgelöst habe ich ihn noch nie erlebt, jetzt fallen all die Sorgen ab, die er sich um seinen Sohn gemacht hat. „Ich bin bei dir...", flüstere ich und tröste ihn so gut es geht. Nach einer Weile hat er sich vollständig beruhigt und wir setzen uns auf die Stühle. Nun beginnt das grosse Warten, Stunde um Stunde vergeht, einmal kommt einer der Ärzte und klärt uns über den aktuellen Stand der Dinge auf. Justins Verletzungen sind schlimmer als angenommen, die Milz musste vollständig entfernt werden und wie es aussieht auch einen Teil seiner Leber, die durch die wandernde Kugel verletzt wurde. Der Arzt ist zuversichtlich, dass Justin es schaffen wird und hat uns beiden viel Kraft gewünscht, danach ist er wieder in den OP verschwunden. Das war vor drei Stunden, es ist bereits dunkel geworden und mein Rücken schmerzt von den unbequemen Stühlen im Wartebereich. „Willst du einen Kaffee?", frage ich Jeremy, der mit seinem Kopf an meiner Schulter gelehnt, neben mir sitzt. „Ja...Kaffee wäre gut", murmelt er. Ich stehe auf und suche nach einem Kaffeeautomaten, diesen finde ich drei Gänge weiter. Gerade fliesst die dunkle Flüssigkeit in einen labbrigen Pappbecher, als jemand meinen Namen schreit. Überrascht drehe ich den Kopf und sehe drei Journalisten, die Fotos von mir machen. „Wie geht es Justin? Wer hat ihn entführt und wie steht es um Ihre Affäre?", prasseln die Fragen auf mich ein. Ich bin wie gelähmt, kann keinem von ihnen antworten. Das Klicken der Auslöser hallt durch den ansonsten stillen Krankenhausflur und alarmiert eine Schwester, die aufgebracht auf die Presseleute zustürmt. „Hey! Schert euch zum Teufel! Das hier ist ein Krankenhaus, kein roter Teppich", brüllt sie und hält ihre Hand auf die Kameralinse. „Pfoten weg von meiner Nikon", beschwert sich dieser und tritt einen Schritt zurück. „Wenn Sie sich nicht sofort von hier verziehen, rufe ich den Sicherheitsdienst und der wird sie alle dorthin bringen wo sie hingehören und zwar vor die Tür. Sie haben die Wahl." Die Frau sieht kurz über die Schulter und will mir damit sagen, dass ich gehen soll. Dankbar gehe ich so schnell durch die Flure, dass ich etwas vom Kaffee verschütte. „Was ist passiert?", fragt Jeremy, als er mich sieht. „Die Presse, sie ist hier und hat mir Fragen gestellt", antworte ich und streiche mir die Haare aus dem Gesicht. „Hast du etwas gesagt?" Dass er mich für so naiv hält kränkt mich ein wenig, aber ich muss die Umstände berücksichtigen, also beruhige ich mich wieder. „Natürlich nicht. Eine Schwester hat eingegriffen und ich konnte gehen." Jeremy nickt und meint, dass er morgen ein kurzes Statement abgeben wird, wie es um Justins Gesundheitszustand steht und wie es weiter gehen wird. „Die Tournee wird er absagen müssen, wenigstens für zwei weitere Monate, bis es ihm besser geht", fügt er hinzu. „Das wird ihm nicht gefallen, er liebt seine Fans." Jeremy sieht an mir vorbei und als ich mich umdrehe, weiss ich auch wieso. Der zuständige Chirurg kommt auf uns zu. „Und wie geht es meinem Sohn?", fragt Jeremy ihn aufgelöst. Der Arzt begrüsst uns zuerst, danach erklärt er uns, dass die Operation erfolgreich war. „Er wird sich noch einige Wochen erholen müssen, aber wenn keine postoperativen Komplikationen, wie Wundinfektionen, oder andere Probleme auftreten, dann kann er schon bald das Krankenhaus verlassen." Als ich das höre, fällt mir ein richtiger Stein vom Herzen. Jeremy scheint es genauso zu gehen, denn in seinen Augen sehe ich Tränen glitzern. „Vielen Dank, ich danke Ihnen von ganzem Herzen", sagt er und schüttelt dem lächelnden Chirurgen die Hand. „Nichts zu danken, ich hab nur meinen Job gemacht. Wenn Sie wollen, können Sie zu ihm. Er ist wird zwar noch einige Stunden schlafen, aber Sie können jederzeit zu ihm." Wir bedanken uns noch einmal, danach geht der Chirurg zum nächsten Fall und wir setzen und erleichtert. „Willst du zu ihm?", frage ich ihn. Jeremy sieht mich an und zuckt mit den Schultern. „Ich weiss nicht ob er das möchte...immerhin hatten wir nicht das beste Verhältnis", meint er unschlüssig. Ich streichle ihm über die Wange und frage mich, wie ich ihm das bloss antun kann. „Unsinn, er wird sich bestimmt freuen dich zu sehen." Er lächelt und nickt anschliessend. „Okay, ich gehe. Begleitest du mich?" Damit habe ich nicht gerechnet, aber ich weiss nicht ob ich schon bereit bin Justin zu sehen. „Geh du, du bist sein Vater. Ich werde ihn dann morgen besuchen." Ich begleite ihn zu Justins Zimmer, gebe ihm einen Kuss und gehe danach aus dem Krankenhaus raus. Es ist eine sternenklare Nacht und ich wie ich so die funkelnden Lichter betrachte, wird mir klar, dass ich Jeremy die Wahrheit sagen muss. Nur wann ich das tun kann, weiss ich nicht. Wann und vor allem wie sagt man seinem Verlobten, dass man seinen Sohn liebt?


Stepmom verhängnisvolle BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt