Kapitel 30

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Can POV

Was hatten sie bloß getan? Was hatten sie meiner Frau angetan? Warum? Wie wahnsinnig müssen Menschen nur sein, um so etwas zu tun? Sie hatten Leyla krank gemacht. Wieder. Sie war auf dem Weg der Besserung gewesen und nun fing alles wieder von vorne an. Sie war am Ende. Wieder. Sie verlor den Verstand und blickte mich panisch an. Sie zitterte am ganzen Körper und in ihren Augen war Schmerz zu erkennen. Sie litt viel zu sehr darunter, was ich nicht wollte. Dieser eine Satz löste in mir so unglaublich viel aus. Als hätte mir jemand ein Messer in mein Herz gerammt. Es war unbeschreiblich. Nachdem wir uns eine Weile schweigend angeschaut hatten, stand ich auf und ließ sie ohne ein Wort zurück. In diesem Moment hatte ich nur einen Gedanken. Ich werde dich retten und mich für dich rächen, Leyla. Du wirst keine Schmerzen mehr ertragen. Das dachte ich mir. Ich hatte eine ziemliche Wut in mir und hätte in diesem Moment alles kaputt machen können. Ich zog meine Waffe hervor und schoss auf jeden, der mir in die Quere kam. Egal wohin ich schoss, ich schoss einfach. In diesem gesamten Haus tat ich dies. Ich bekämpfte und erschoss jeden, der mir im Weg stand. Ich war nicht mehr ganz bei Sinnen und hatte nur noch eines im Kopf. Deniz zu finden und ihn zu erledigen.

Also suchte ich ihn, mit schweren Verletzungen, in diesem verdammten Haus und fand ihn dann schließlich mit Mert zusammen in einem Raum. Sie hatten sich über irgendetwas unterhalten, bis ich reinplatzte und mit der Waffe auf die beiden zielte. Mert blickte mich amüsiert an und stand mit Deniz zusammen von dem Ledersofa auf. Beide blickten mich an, während ich mir das Blut mit meiner Hand wegwischte weg, welches sich an meiner Lippe befand.
"Can. Wie war es mit deiner Frau? Habt ihr schön miteinander geredet?", fragte Mert mich provokativ und daraufhin schoss ich ihm in den Arm. Deniz und er blickte mich beide geschockt an. Ich zeigte keine Gnade.
"Hast du sie angefasst?", fragte ich Deniz nun ernst. Er schluckte und zitterte nervös.
"Antworte mir", sagte ich in einem lauten Ton, woraufhin er sofort nickte. Ich schoss sofort ohne jegliche Hemmungen auf ihn und er fiel zu Boden. Ich hatte ihn geschickt knapp am Herz verfehlt. So schien es zumindest. Dann zielte ich mit meiner Waffe wieder auf Mert, der mehr als geschockt war und ich grinste.

"Ja, Mert. Du hast Recht. In mir steckt tatsächlich ein Monster. Ein ziemlich gefährliches Monster. Ich habe dich schon oft genug gewarnt. Verschwinde aus meiner Stadt und lass dich hier nie wieder blicken. Das sind meine Straßen, denn ich bin bin Can Yalçin", sprach ich und ließ dann meine Waffe sinken. Ich begab mich aus dem Raum und ließ die beiden einfach zurück. In diesem Moment merkte ich selbst nicht, dass ich schreckliche Dinge getan hatte. Ja, ich hatte wohlmöglich etwas getan, was ich nie tun wollte. Ich hatte wahrscheinlich Menschen getötet. Ob Deniz es schaffen würde, wusste ich nicht. Ob Merts Männer schwer verletzt waren, wusste ich auch nicht. Ich wusste nur, dass es sich gut angefühlt hatte, die Menschen zu verletzen, die es auch wirklich verdient hatten. Ohne jegliche Gedanken begab ich mich wieder zu Leyla. Meine Verletzungen, diese eigentlich unerträglichen Schmerzen, waren mir egal. In diesem Moment dachte ich an nichts. Frei von jeglichen Gedanken und Gefühlen. Es war tatsächlich ein befreiendes Gefühl. Leyla musterte mich geschockt und ich kniete mich wieder erschöpft hin. Ich legte meine Hände auf den kalten Boden und hatte meinen Blick gesenkt.

Leyla POV

Can sah furchtbar aus. An ihm klebte sehr viel Blut. Er hatte schwere Verletzungen und hielt in seiner rechten Hand eine Waffe, an der ebenfalls Blut klebte. Er kniete sich vor mich und hatte seinen Blick müde gesenkt. Was hatte er getan? Ich hatte viele Schüsse gehört. Er hatte doch wohl nicht etwa geschossen. Oder? Nein. Can würde so etwas nicht tun. Er würde niemanden ohne Grund verletzen. Oder? Was, wenn er auf Deniz geschossen hat? Was, wenn Deniz jetzt tot ist? Oder hat er villeicht auf Mert geschossen? Was ist passiert? So viele Fragen schwirrten in meinem Kopf. Er hob seinen Blick langsam wieder und wischte sich mit der Hand, in der er die Waffe hielt, das Blut an seinem Mund ab.Ich traute mich überhaupt nicht, ihm in die Augen zu schauen und hatte ein sehr schlechtes Gefühl. Ich wollte ihn nicht mehr mit dieser Waffe sehen, weswegen ich sie ihm aus den Händen nahm. Mir war ziemlich schwindelig und alles drehte sich. Mein Kopf drohte zu explodieren und ich sah alles verschwommen. Ich hatte ziemlich viel Blut durch meine Verletzungen verloren und hatte keine Kraft mehr.
,,L-Leyla? Was ist los?'', hörte ich Can besorgt sagen, doch seine Stimme schien naiv fern. Keine Minute später wurde alles schließlich schwarz und ich fiel tatsächlich in Ohnmacht.

Langsam öffnete ich meine Augen, die weh taten und versuchte mich an etwas zu erinnern. Doch mein Kopf tat ziemlich weh und ich sah alles noch etwas verschwommen. Ich hörte Stimmen und blickte ohne jegliche Gedanken auf die weiße Decke.
"Ja. Ich weiß, es tut mir wirklich leid. Ich werde morgen da sein. Bis dann", sagte eine mir vertraute Stimme. Das war Can. Ich richtete mich langsam auf und erkannte, dass wir uns zu Hause befanden. Doch an meinem Arm war eine Nadel befestigt. Ich bekam eine Infusion. Erschöpft seufzte ich und blickte schweigend zu Can. Was war geschehen?
Er steckte sein Handy ein und drehte sich dann zu mir. Besorgt blickte er mich an und setzte sich sofort neben mich.
"Geht es dir gut?", fragte er mich und ich nickte stumm. Er lächelte leicht und nickte. Langsam richtete ich mich mehr auf und musterte ihn. Das Blut, welche vorhin an ihm geklebt hatte, war weg. Seine Verletzungen wurden wahrscheinlich auch behandelt.
"Was ist passiert?", fragte ich ihn.

"Du bist ohnmächtig geworden. Deswegen habe ich dich nach Hause gebracht und sofort einen Arzt rufen lassen. Er hat gesagt, dass dir nichts fehlen würde. Du sollst dich nur viel ausruhen", erklärte er und ich nickte. Aber warum hatte er mir nicht ins Krankenkhaus gebracht?
"Can. Was hast du getan?", fragte ich ihn nun und sein Blick wurde sehr ernst.
"Was meinst du?", fragte er mich verwirrt.
"Was ist bei Mert passiert? Sag es mir", forderte ich ihn auf und er schien etwas nervös zu sein.
"Das ist unwichtig. Die Hauptsache ist, dass es dir gut geht", meinte er nur und stand auf, doch ich umfasste sofort sein Handgelenk und blickte zu ihm auf.
"Can. Ich will sofort wissen, was geschehen ist. Hast du etwas getan?", fragte ich ihn nun besorgt. Er seufzte und blickte mich nachdenklich an.
"Das geht dich nichts an. Mach dir keine Sorgen", antwortete er nur und verließ den Raum. Etwas stimmte nicht. Er hätte mir sonst geantwortet. Er hätte mir die Warheit gesagt.

Viele Wochen vergingen und Can wirkte von Tag zu Tag immer betrübter. Ich fragte jedoch nicht mehr nach und beließ es dabei. Ich wollte ihn nicht unnötig belasten. Can war verändert. Er hatte die Firma seines Vaters nun übernommen und es wirkte, als hätte er sein Leben auf der Straße komplett aufgegeben. Er war nicht mehr der junge, gefährliche Gangster. Er war nun irgendwie ein anständiger, normaler Mann, der seinen Pflichten nachging. Sechs Monate waren inzwischen vergangen und der Winter war angebrochen. Mit dem Winter auch mein Geburtstag. Ja, der 20.Dezember. Mein 18. Geburtstag. Ich saß im Wohnzimmer, blickte aus dem Fenster und dachte über die letzten Monate nach. Ich hatte zwar lange gebraucht, um diese Nacht zu verkraften, doch ich schaffte es, wieder stark zu sein. Meine Eltern, Azra, Nihat und Cans Eltern waren vorhin da gewesen, um mir zu gratulieren und gemeinsam zu essen. Es war wirklich schön und ich hatte nach langer Zeit endlich wieder mit ihnen geredet. Ich dachte nun wieder an den Vorfall von vor sechs Monaten. Von Mert hatten wir nach dieser Nacht nichts mehr gehört. Von Deniz auch nicht. Es war, als würden sie überhaupt nicht existieren. Als hätte Cans gesamtes Gangsterleben nie existiert.

Was war der Grund, weswegen er so plötzlich aufgehört hatte? Can war zu einem ruhigen, anständigen Menschen geworden. Zu einem ganz einfachen Mann. Zu einem anderen Menschen. Ich hatte mir zwar immer gewünscht, dass er sein gefährliches Leben für ein normales Leben aufgibt, war aber nun beunruhigt. Ich hatte seit dieser Nacht ein furchtbares Gefühl in mir. Ein Gefühl, dass ich bis heute nicht beschreiben kann. Ich schaltete den Fernseher an. Gerade waren die Nachrichten zu sehen. Ich hatte die Nachrichten lange nicht mehr geschaut. Sie zeigten einen Vorfall, der ein paar Monate zurück lag und als ich dann sah, was es mit diesem Vorfall eigentlich auf sich hatte, war ich mehr als geschockt und konnte meinen Augen nicht trauen.

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