Kapitel 52

282 8 2
                                    

Can POV

Ich stieg sofort in mein Auto und fuhr so schnell wie möglich, als ich diesen einen Anruf bekam. Tränen bildeten sich in meinen Augen. Ich wollte einfach nichts mehr, als jetzt im Krankenhaus zu sein. Leyla war im Krankenhaus. Sie hatte einen Autounfall und befand sich anscheinend in einem sehr kritischen Zustand. Bitte, lieber Gott, lass das nicht wahr sein! Bitte, lass Leyla nicht sterben!, sagte ich mir selbst. Ich machte mir so große Sorgen, dass es mir sehr schwer fiel, richtig auf den Verkehr zu achten. So schnell wie ich fuhr, so schnell kam ich auch an. Ich nahm Cansu, die ich natürlich mitgenommen hatte, hoch, und ging sofort ins Krankenhaus. Eilig ging ich zu dem Empfang.
"Entschuldigen Sie. Wo befindet sich Leyla Yalçin? Ich bin ihr Ehemann und wurde gerade informiert, dass sie einen Unfall hatte", sagte ich zu der Empfamgsdame. Sie musste nicht in ihren Computer schauen, da sie wusste, wo Leyla in diesem Moment war. Anscheinend war es nicht lange her, dass Leyla eingeliefert worden war.

"Ihre Frau wird gerade operiert. Sie wurde gerade eben erst eingeliefert. Gedulden sie sich und setzten sie sich hin. Es könnte eine Weile dauern, bis die OP vorüber ist", meinte sie dann und ich nickte. Ihre Stimme klang betrübt, während sie mir das alles erzählte.
Ist Leyla so schwer verletzt?, fragte ich mich und versucht nicht auszuflippen. Traurig setzte ich mich hin und betrachtete Cansu, die ich die ganze Zeit über im Arm hielt. Sie sah sehr müde aus und würde wohl gleich einschlafen. Für mich hieß es warten. Ich musste jedoch noch Leylas Familie Bescheid geben. Oh man. Sie werden am Boden zerstört sein, dachte ich mir. Schließlich hatten sie vor gerade einmal zwei Monaten ihren einzigsten Sohn verloren und nun befand sich ihre jüngste Tochter in Lebensgefahr. Wie sollte ich es ihnen bloß sagen? In mir herrschte ein Gefühlschaos. Ich war traurig und wütend zugleich. Doch vorallem war ich wütend auf mich selbst, da ich so ein miserabler Ehemann war. Ich hatte mal wieder versagt. Warum kann ich sie nicht richtig beschützen?, fragte ich mich verzweifelt.

Ich machte mir schreckliche Vorwürfe und wählte mit zitternden Händen die Nummer von meinem Vater.
"Efendim, Oğlum (Ja, mein Sohn?)", sprach er und ich schluchzte.
"Baba (Papa). Leyla k-kaža geçirdi (Leyla hatte einen Unfall). I-Ich bin im K-Krankenhaus u-und warte. Lütfen ğ-ğel (Bitte komm). Ich kann das alleine nicht durchstehen", sprach ich mit zitternder Stimme. Ich hatte Angst. Angst um Leyla. Ich fühlte mich wieder wie ein kleiner Junge. Ich brauchte jetzt meine Eltern, sonst würde ich das nicht packen, dachte ich mir.
"Tamam, Oğlum (Okay, mein Sohn). Ich rufe kurz Leylas Eltern an und sage ihnen Bescheid. Ich bin gleich bei dir. Bleib stark. Ağlama, Can (Weine nicht, Can)", sagte er und ich war froh, dass er gleich hier sein würde. Ich fühlte mich wirklich wie ein kleines, ängstliches Kind, dass nur noch zu seinen Eltern wollte.

Diese Angst in diesem Moment war unbeschreiblich. Schon lange hatte ich diese furchtbare Angst nicht mehr gespürt. Das letzte mal hatte ich sie gespürt, als Cansu kurz vorm Sterben war. Da hatte ich sie das letzte Mal gefühlt. Diese Angst und nun war sie wieder da. Ich hatte Angst um Leyla. Große Angst. Furchtbare Fragen gingen mir durch den Kopf. Was, wenn sie es nicht schafft? Was soll ich dann tun? Könnte ich jemals weiterleben? Ich weinte meinen ganzen Schmerz heraus und malte mir ständig schreckliche Dinge aus, die gescheben könnten. Es ist meine Schuld. Alles ist meine Schuld. Ich wusste nicht genau warum, weshalb ich mir selbst die Schuld gab. Doch irgendwie spürte ich, dass es etwas mit mir zu tun hatte.

Mert POV

"Mert. Wie lange willst du noch so lachen? Die Ärzte denken am Ende noch, dass du verrückt wärst", flüsterte Aleyna besorgt zu mir und blickte sich um, doch ich hörte nicht auf sie. Schließlich war ich meinem Ziel einen großen Schritt näher gekommen und freute mich sehr.
"Ach, komm schon. Freu dich doch. Die beiden sind kurz davor sich zu trennen. Hast du Cans Gesicht gesehen, während er dort so armselig gewartet hat? Das war doch unbezahlbar", sagte ich lachend. Doch Aleyna blieb ernst. So eine Spielverderberin.
"Mert. Komm zu dir. Wir beide übertreiben es. Dieser Plan ist verrückt. Du bist verrückt", meinte sie, woraufhin mein Lachen verblasste. Tief blickte ich ihr in die Augen.

"Ja. Ich bin verrückt. Meinetwegen haben schon so einige Menschen ihr Leben verloren und als nächstes wahrscheinlich Leyla. Aber das ist mir egal. Solange ich gewinne, ist alles in Ordnung. Can wird sich solche Vorwürfe machen. Du hast gesehen, wie schwach er sofort geworden ist. Ich habe es doch gesagt. Sie ist seine Schwachstelle. Jetzt können wir uns zurücklehnen und zusehen, wie diese Schwachstelle Can Yalçin langsam zerreißt und er von der Bildfläche verschwindet", erklärte ich amüsiert. Ja, ich hatte Leyla angefahren. Das war Teil meines Planes. Denn ich wusste, dass ich Can nur so knacken konnte. Nur so konnte ich erreichen, dass er am Ende war. Genau wie damals, als er Angst um seine Schwester hatte. Doch mal sehen, ob er im Gegensatz zu damals, wieder aufsteigen kann oder für immer am Boden liegen wird, dachte ich mir gespannt. Aleyna und ich befanden uns in der Cafeteria des Krankenhauses, da ich Cans Reaktion unbedingt nicht verpassen wollte.
"Oh man. Der Kaffee bekommt mir hier nicht gut. Außerdem will ich nicht mehr hier sein. Lass uns gehen", sagte Aleyna dann seufzend und stand auf.
"Warte. Ich muss noch eine Sache erledigen, bevor wir gehen", sagte ich, während ich zu ihr aufblickte.

Can POV

Leylas Familie war am Boden zerstört. Meine ebenso. Ich umarmte erst einmal meinen Vater, nachdem Azra Cansu in ihren Arm nahm.
"Alles wird gut, Can. Merak etme, Oğlum (Mach dir keine Sorgen, mein Sohn)",versuchte er mich zu beruhigen und klopfte mir auf die Schulter. In diesem Moment war ich mehr als froh, meine Eltern hier bei mir zu haben. Auch wenn ich nie ein sehr enges Verhältnis zu ihnen hatte, da mein Gangsterleben dies immer verhinderte, waren sie mir doch so unglaublich nah und bedeuteten mir alles. Sie waren trotz allem immer für mich da gewesen. Nachdem ich mich von meinem Vater gelöst hatte, blickte ich kurz zur Seite und traute meinen Augen kaum. Mert?

Langsam begab ich mich in seine Richtung. Er stand am Ende des Ganges. Ist er das wirklich?, fragte ich mich verwundert. Er hatte ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Anscheinend ist er tatsächlich hier, dachte ich mir. Ich wischte mir meine Tränen weg und musterte ihn verwirrt. Was tat er hier?
"Ich muss kurz mit dir reden, Can", meinte er und ich hörte ihm zu.
"Aleyna wartet im Auto. Sie wollte nicht kommen, da sie dir nicht in die Augen blicken konnte. Es gibt einen ganz bestimmten Grund, weshalb ich jetzt hier bin. Leyla", fing er an. Er ist wegen Leyla hier?, fragte ich mich selbst. Aleyna konnte mir nicht in die Augen blicken? Weswegen? Ich war ziemlich verwirrt und hörte ihm einfach weiter zu.

"Es ist wirklich schön, dich so niedergeschlagen zu sehen. Wow. Can Yalçin weint tatsächlich wegen einer Frau. Dass ich das mal erlebe. Genau auf diesen Moment habe ich gewartet. Can, sieh es ein. Du bist eine Gefahr für sie. Deine Frau schwebt in Lebensgefahr. Sie könnte von jedem deiner Feinde jederzeit umgebracht werden. Wir beide wissen schließlich, dass du sehr viele Feinde hast. Und einer sticht besonders heraus. Nicht wahr?", erklärte er mit einem teuflischen Grinsen. Nein. Das hat er nicht getan, dachte ich mir schockiert. Mir wurde langsam bewusst, weswegen dieser Mistkerl hier war. Meine Miene veränderte sich sofort. Von traurig zu sehr wütend.
"Du Mistkerl", sprach ich in einem dunklen Ton. Er lachte.

"Was? Mehr kannst du nicht? Ich dachte, dass sie dir sehr viel bedeutet. Hast du nicht vor, dich zu rächen?", fragte er mich provokativ. Er sprach mit mir so, als wäre ich ein kleines, schwaches Kind. Doch ich ließ mir das natürlich nicht gefallen. Wütend packte ich ihn am Kragen und zerrte ihn in eine Ecke, in der und niemand sehen konnte. Ich blickte ihm drohend in die Augen.
"Wehe du kommst mir noch einmal unter die Augen. Halte dich von meiner Familie fern", sprach ich und ließ dann von ihm ab. Ich kehrte ihm den Rücken zu, da ich gehen wollte. Er widerte mich viel zu sehr an. Doch der Bastard wollte mich provozieren.

"Was? Hast du etwa Angst mich hier fertig zu machen? Sind hier etwa zu viele Zeugen? Oder bist du einfach nur zu schwach?", fragte er mich. Sofort blieb ich stehen, drehte mich zu ihm und schlug ihn mit der Faust in den Bauch. Er fiel auf die Knie, lachte jedoch einfach und blickte zu mir auf.
"Mehr kannst du sowieso nicht", sagte er nur. Ich trat solange auf ihn ein, bis er anfing zu bluten und verwundet auf dem Boden lag.
"Irgendwann werden wir bis zum Tod kämpfen. Das schwöre ich dir", sagte ich noch, während er nur stumm zu mir aufschaute und anfing wie verrückt zu lachen. Er war wahnsinnig. Ich tat nichts, kehrte ihm den Rücken zu und ging wieder zu meiner Familie. Nur für Leyla würde ich bis zum Tod kämpfen, dachte ich mir. Nur für sie.

ZwangsheiratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt