Kapitel 56

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"Ich habe schon seit dem Tag, an dem ich dich zum ersten mal gesehen hatte erkannt, dass du eine ganz besondere Frau bist. Du hast dich um mich gesorgt, immer zu mir gehalten, mich beschützt, dich um mich gekümmert. Du hast dich in mich verliebt und geheiratet. Trotz meines gefährlichen Lebens und meiner Art hast du dich in mich verliebt. Du hast es geschafft, dass auch ich mein Herz an dich verliere. Ich liebe dich und ich werde dich für immer lieben. Aber je mehr ich dich liebe, desto mehr stelle ich eine Gefahr für dich dar. Meinetwegen wärst du beinahe gestorben .Meinetwegen ist dein Bruder gestorben. Meinetwegen bist du jeden Tag in Gefahr, denn meine Feinde haben es auf dich abgesehen und ich bin ein Mörder. Ich bin Schuld an Deniz tot. Ich möchte aber nicht, dass du verletzt wirst. Denn genau das verletzt mich. Ich möchte, dass du ein glückliches und friedliches Leben lebst. Denn genau das hast du verdient. Ich habe Angst um dich. Dir kann noch so viel meinetwegen zustoßen. Mert und Aleyna sind unschlagbar. Sie sind beide verrückt und haben das alles geplant. Mert hat deinen Bruder getötet und dich angefahren. Er wird immer so weiter machen, bis zu deinem Tod. Das darf aber nicht geschehen, Leyla. Bevor das geschieht, müssen wir also eine Entscheidung treffen", sagte er. Seine Worte waren gleichzeitig so schön und gleichzeitig so schmerzhaft.
"U-Und die wäre?", fragte ich ihn mit zitternder Stimme. Er seufzte. Er merkte wohl, dass ich genau vor dem Angst hatte, was er mir gleich sagen würde. Ihm fiel es sehr schwer, diese Worte auszusprechen. Das sah ich ihm an. Ich sah den Schmerz in seinen Augen.
"Wir sollten uns trennen und das alles beenden. Nur so kann ich mir sicher sein, dass du in Sicherheit bist. Nur so wirst du nicht verletzt und kannst ein friedliches und normales Leben führen", antwortete er und das gab mir den Rest. Ich schluchzte und schloss meine Augen. Ich ließ meinen Tränen freien Lauf. Der Schmerz in diesem Moment war einfach unbeschreiblich. Mein Herz fühlte sich so schwer an. Nein. Das kann es nicht gewesen sein. Das darf es nicht gewesen sein, sagte die Stimme in meinem Kopf. Langsam öffnete ich meine Augen wieder und nahm seine Hand in die meine. Ich nahm seinen Ring und stecke ihn ihm seufzend wieder an. Er blickte mich irritiert an.
"Du sagst, dass ich nur ohne dich ein friedliches und glückliches Leben haben könnte", sagte ich, während ich mir meinen Ring wieder an den Finger steckte. Dann blickte ich ihm wieder in die Augen.
"Aber du liegst falsch. Ohne dich wird mein Leben furchtbar sein. Ich liebe dich. Mehr als alles andere. Mir ist egal, ob Mert mich ebenso wie meinen Bruder und deine Schwester umbringen wird. Die Hauptsache ist, dass ich an deiner Seite bleiben kann. Nur so kann ich glücklich sein. Der Schmerz, von dir getrennt zu sein, ist viel schlimmer, als der Schmerz, der mir durch diese Wunden zugefügt wird. Das ist für mich das allerschlimmste. Ein Leben ohne dich ist wie ein Leben ohne Luft. Ich werde immer für dich da sein. Es ist nicht schlimm, dass mein Mann mir seine Vergangenheit verschwiegen hat. Es ist auch nicht schlimm, dass er mir nie erzählt hat, dass er ein Mörder ist. Das macht mir nichts aus, weil ich immer zu dir halten werde", erklärte ich ihm und ihm kamen die Tränen. Er senkte kurz seinen Blick und sah mich dann wieder an.
"Leyla. Es ist nicht so einfach, wie du denkst. Irgendwann wird er dich umbringen. Er wird dich so lange verfolgen, bis er sein Ziel erreicht hat. Willst du dein Leben lang etwa in Angst leben und ständig fliehen müssen?", fragte er mich. Daraufhin lächelte ich. Mein Herz übertraf meinen Verstand.
"Wenn ich bei dir bin, macht mir das alles nichts aus", antwortete ich und er konnte es wohl nicht fassen. Doch es war die Warheit. Ohne ihn hatte mein Leben keinen Sinn.
"Es ist uns nicht möglich, eine normale Ehe zu führen", meinte er dann in einem lauten Ton.
"Es ist möglich", widersprach ich ihm in einem noch lauteren Ton. Sofort schwieg er dann. Wir schwiegen dann beide für eine Weile und sahen uns nur traurig an. Er konnte es doch nicht einfach so beenden. Wir liebten uns doch. Meine ganzen Befürchtungen und meine Träume wurden also am Ende doch war. Can wollte mich verlassen und das nur, damit ich glücklich wurde. Doch was war mit ihm?
Er wird alleine sein, dachte ich mir besorgt. Traurig und alleine. Genau wie ich. Das konnte und durfte doch nicht unser Ende sein. Can bedeutete mir alles. Wenn er nicht bei mir ist, werde ich weder in Frieden leben, noch in Frieden sterben, dachte ich mir. Wir beide standen vor einer Entscheidung, die er anscheinend schon getroffen hatte. Ich jedoch nicht. Ohne ein Wort stand er auf und ließ mich alleine. Ich weinte alleine im Stillen. Warum sollten wir uns trennen, wenn Gott uns zusammen geführt hat?, fragte ich mich.
Das ergab doch überhaupt keinen Sinn!Innerlich schrie ich meinen ganzen Schmerz und Frust raus. Ich raufte mir meine Haare und fühlte mich so, als würde ich den Verstand verlieren. Can durfte mich nicht verlassen. Er durfte nicht gehen!

Can POV

Mit Tränen in den Augen begab ich mich nach draußen und ging mir frustriert meine Haare. Der Schmerz in ihren Augen war einfach zu unerträglich gewesen. Bevor ich ging, hörte ich sie noch weinen und schreien. Sie litt unter meinen Worten. Sehr sogar. Ich Idiot hatte sie verletzt. Aber es war notwenig. Sie musste die Warheit erfahren. Sie musste erfahren, was in mir vor sich ging und was ich ihr verschwiegen hatte. Mit Schweigen wäre ich nicht weiter gekommen. Schluchzend setzte ich mich auf eine Bank und weinte. Doch plötzlich blickte ich auf zwei Füße.
"Deine Ehe scheint langsam zu zerbrechen", hörte ich eine Stimme sagen und blickte auf. Es war Mert. Dieser Bastard hatte noch gefehlt. Was tat er hier? Er hatte ein breites Grinsen auf seinem Gesicht und ich blickte ihn wütend an. Sofort stand ich auf und packte ihn am Kragen.
"Du Mistkerl. Du hast meine Ehe zerstört", schrie ich ihn an und schlug ihn.
"Deinetwegen hat jeder aus meiner Familie gelitten. Du hast mein gesamtes Leben zerstört", brüllte ich und war außer mir vor Wut. Ich schlug ihn viele Male heftig, sodass er zusammen sackte. Dann kniete ich mich zu ihm, sah ihn wieder an und rüttelte ihn. Sein Gesicht war Blut verschmiert.
"Warum tust du das alles? Warum setzt du alles daran, um mich fertig zu machen? Was habe ich dir jemals getan?", fragte ich ihn wütend und traurig zugleich. Mit Wut in den Augen und einer blutenden Nase sah er mich an.
"Was du getan hast? Immer warst du der Beste. Immer warst du der Gewinner und ich nur der Verlierer. In der Schule, auf der Straße. Ständig warst du die Nummer eins, während ich von allen nur verspottet wurde. Deinetwegen bin ich zum Mörder geworden. Deinetwegen bin ich wahnsinnig geworden. Ich werde der Gewinner sein. Deine Straßen und dein Ruf werden mir gehören. Du bist dieses mal der, der am Boden liegt und dort auch bleiben wird. Nie wieder wirst du mich übertreffen können. Niemals wieder. Ich bin viel stärker, als du es jemals sein wirst. Meine Schwester hat das nicht verdient. Deinetwegen mussten so viele ihr Leben lassen. Ich habe so viele getötet. Cansu, Cem und Deniz", sagte er wütend und langsam verstand ich, weshalb er all diese verrückten Dinge getan hat. Schon von Anfang an hatte er mich beneidet. Er war eifersüchtig auf meinen Erfolg, auf meinen Ruf und auf all das, was ich besaß. Er wollte sich für seine Schwester rächen, obwohl ich nichts mit ihrem Tod zu tun hatte. Er war komplett wahnsinnig geworden und hatte all diese furchtbaren Dinge getan, nur um der Bessere zu sein. Er gehört in die Psychiatrie, dachte ich mir. Deshalb also dieser ganze Wahnsinn. Ich hatte immer gedacht, dass ich Deniz getötet hätte. Doch in Warheit war er es gewesen. Er hatte mich in dem Glauben gelassen, ein Mörder zu sein, obwohl er es die ganze Zeit über selber gewesen ist. Er hatte mich in dem Glauben lassen,ein schlechter Mensch zu sein. Ich ließ seinen Kragen los und war einfach nur geschockt.
"Deswegen hast das alles also getan. Deswegen hast du so einen Hass auf mich. Deswegen hast du mein Leben zerstört. Nur deswegen hast du auch dein eigenes Leben zerstört. Nicht ich bin Schuld an deinem Versagen, Mert. Sondern du selbst. Du bist ein Mörder, ein Verlierer und ein Versager. Deine Taten allein sprechen schon dafür, dass du das Verlieren verdient hast. Nicht ich bin an dem ganzen Schuld. Du bist es. Du bist an allem Schuld. An allem", machte ich ihm wieder in einem normalen Ton klar und ging dann. Ich hörte jedoch, wie er aus lauter Wut schrie. Er war verrückt. So wie ich es immer gesagt hatte. Ich war traurig, wütend und erleichtert zugleich. Traurig über mein zerstörtes Leben, wütend wegen Merts Taten und erleichtert darüber, dass ich kein Mörder war. Ich lachte, weinte und schrie zugleich. Langsam verlor auch ich den Verstand. Das ist doch alles wahsinnig, dachte ich mir verzweifelt.

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