Kapitel 83

161 6 0
                                    

Leyla POV

Es ist unerträglich. Zu wissen, dass alle meinen Mann beschuldigen und somit mit dem Finger auf ihn zeigen, während der wahre Täter seine Freiheit genießt. Es ist demütigend und auch verletzend. Ich will etwas unternehmen. Ich muss etwas dagegen unternehmen. Entschlossen begebe ich mich mit Cansu zu Azra und bitte sie darum, auf sie aufzupassen, was sie verwirrt.
"Entschuldige. Ich bereite dir so viele Umstände, aber ich muss jetzt stark sein und ich muss Can helfen", erkläre ich ihr, als ich ihr Cansu übergebe. Sie lächelt sanft.
"Du musst dich nicht entschuldigen. Ich passe gerne auf Cansu auf. Versprich mir aber, dass du auf dich aufpasst und dich nicht in Gefahr begibst. Can würde nicht wollen, dass dir etwas geschieht", spricht sie besorgt, woraufhin ich lächele.
"Keine Sorge. Was das betrifft, habe ich ihm ein Versprechen gegeben. Ich muss jetzt für meinen Mann da sein. Jetzt ist an der Zeit, dass wir ein friedliches Leben miteinander führen. Eine friedliche Ehe. So, wie wir es von Anfang an hätten tun sollen, es aber nicht konnten. Wie hätten wir denn wissen können, dass uns solch ein Schicksal widerfährt?", frage ich schon fast mich selbst, während Azra mir zuhört und mich wohl versteht

"Weißt du, eigentlich bin ich sehr glücklich darüber, dass ich Can begegnet bin. Ja, wir hatten unsere Schwierigkeiten. Aber jetzt stehe ich hier und sage, dass ich für ihn stark sein muss, um ihm zu helfen. Und erst jetzt bemerke, wie dumm ich damals gewesen bin. Ich hatte in meinem Lebem keinen Sinn gesehen. Dabei war er, mein Leben, doch die ganze Zeit bei mir gewesen und hat mir alleine schon mit seiner Anwesenheit die Kraft gegeben, weiter zu leben", erkläre ich ihr ehrlich, während mir dabei die Tränen kommen. Sie hat ebenfalls Tränen in den Augen, lächelt jedoch weiterhin. Aufmunternd legt sie ihre Hand auf meine Schulter. Ich blicke sie an.
"Meine kleine Schwester ist wirklich erwachsen geworden", sagt sie stolz, woraufhin wir uns umarmen. Ja, ich habe diese Erkenntnis erst jetzt. Wäre er nicht an meiner Seite gewesen, hätte ich meinem Lebem wohlmöglich ein Ende gesetzt und wäre nicht zu dem Menschen geworden, der ich heute bin. Eine Frau, die früh erwachsen geworden ist. Ich verabschiede mich und setze mich anschließend in mein Auto. Währenddessen muss ich die ganze Zeit über lächelnd. Ich werde dich retten, Can. Ich werde dir helfen. Du hast es nicht verdient für eine Tat, die nicht deine Schuld ist, eingesperrt zu sein. Ich werde für dich da sein. Entschlossen fahre ich dann zu meinem Ziel. In ein paar Tagen wäre Cans erste Verhandlung und heute wäre der Tag, an dem etwas geschehen würde, dass diese Verhandlung ändern würde. Ich begebe mich auf das Polizeirevier, suche nach dem Kommissar, der für Cans Fall zuständig ist. Auch wenn er anfangs etwas verwundert zu sein schien, schenkt er mir etwas von seiner Zeit, sodass ich mir ihm sprechen kann.

"Was meinen Sie damit? Meinen Sie das wirklich ernst? Das soll ich ernsthaft tun?", fragt er mich empört, nachdem ich ihm erklärt habe, was ich vorhabe. Ich blicke ihn ernst an und beuge mich etwas nach vorne.
"Bitte, tun Sie mir diesen Gefallen. Er ist unschuldig und Mert ist unberechenbar. Das ist die einzige Möglichkeit, um Can frei zu sprechen", erkläre ich, doch er weigert sich.
"Tut mir leid, Frau Yalçin. Aber das kann ich nicht tun", meint er, woraufhin mir dann etwas einfällt. Ich muss ihn einfach überreden.
"Dann schlage ich etwas vor. Wenn ich Mert bis zu der Verhandlung nicht zu Ihnen bringe, werden Sie das tun. Ich werde alles daran setzen, um ihn zu finden. Aber falls ich es nicht schaffe, werden Sie dann meine Bitte erfüllen?", frage ich ihn, woraufhin er mich wieder anblickt. Seufzend denkt er für einen Moment nach.
"Na gut. Das bleibt aber unter uns. Sie haben drei Tage Zeit. Wenn nicht, dann müssen Sie mit den Konsequenzen rechnen", erklärt er mir und ich nicke einverstanden.
"Ich habe in diesen dreißig Jahren, in denen ich in diesem Beruf arbeite, schon vieles gesehen. Aber ihre Liebe zueinander übersteigt alles. Diese junge Liebe ist einmalig und bewundernswert", sagt er, woraufhin ich lächele. Wie recht er hat.
"Wir beide hatten anfangs nicht gedacht, dass wir so enden würden. Dabei fing alles ganz einfach damit an, dass er mein Nachbar wurde", sage ich schmunzelnd. Von einem ganz einfachen Nachbarn zu meinem geliebten Ehemann. Bevor ich ging, hatte ich jedoch noch eine Bitte.
"Noch eine Sache. Erzählen Sie meinem Mann bitte nichts von alldem. Er darf das nicht erfahren. Falls ich Mert nicht finden kann und es tatsächlich so weit kommen sollte, wird er es erfahren. Aber jetzt soll er sich keine Gedanken um mich machen. Tun Sie mir bitte diesen Gefallen", bat ich ihn inständig. Er war einverstanden und somit konnte ich nun mit dem beginnen, was ich vorhatte.

Can POV

"Glaube mir. Wenn ich könnte, wenn ich auch nur einen Beweis hätte, dann würde ich dir helfen, Can. Du und Leyla, ihr beide habt das nicht verdient", sagt einer meiner engsten Freunde, Kadir. Er ist einer der wenigen, den ich schon seit einer Ewigkeit kenne und dem ich viel anvertraue. Außerdem ist er auch einer der wenigen, dem ich meine Gefühle zeige. Ich halte meinen Blick nur gesenkt und bleibe still. Meine Gedanken sind nur noch bei ihr. Isst sie genug? Schläft sie regelmäßig? Hat sie Alpträume? Geht es ihr gut?
"An was denkst du?", fragt Kadir mich dann und reißt mich somit aus meinen Gedanken. Doch als ich aufblicke und er somit in meine Augen blickt, versteht er es wohl. Er seufzt, lehnt sich etwas zurück.
"Du denkst an Leyla, nicht wahr?", fragt er nach, woraufhin ich nicke.
"Was soll ich bloß tun? Sie ist noch so jung und hat so vieles ertragen müssen. Ich weiß nicht, ob sie das verkraftet. Ich weiß nicht einmal, ob es ihr gut geht, obwohl sie tagtäglich mir versichert, dass sie stark ist und ich mich nicht um sie Sorgen muss. Aber meine Gedanken sind ständig nur bei ihr. Tag und Nacht. Ich würde alles dafür geben, um bei ihr zu sein. Kadir, ich liebe diese Frau mehr als mein Leben", erkläre ich aufrichtig, während mir die Tränen kommen und er mir aufmerksam zuhört.
"Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Can. Das tut mir wirklich leid für euch beide. Du musst versuchen stark zu sein. Leyla hätte nicht gewollt, dass du so endest. Genau wie du Tag und Nacht an sie denkst, tut sie das selbe. Ihre Gedanken sind ständig bei dir", erklärt er mir. Er weiß das, weil ich ihn darum gebeten habe, nach ihr zu sehen. Ich musste einfach sichergehen, dass sie sich nichts angetan hat.
"Sag mir, was sie dir alles erzählt hat. Sag mir, wie es ihr geht und was sie macht. Ist sie sehr verletzt?", frage ich ihn nun, woraufhin er bedauernd nickt.
"Auch wenn ich es dir nicht sagen will, damit du nicht verletzt wirst, muss ich es dir sagen. Sie ist am Ende", antwortet er, was mein Herz mal wieder bricht. Dann erzählt er mir alles, was sie ihm erzählt hat. Und ich vermisse sie mit jedem Satz immer mehr.

ZwangsheiratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt