Kapitel 45

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Can POV

Ich dachte viel über die ganze Sache nach. Ich dachte ständig darüber nach, was ich tun könnte und was am sinnvollsten wäre. Ja, ich hatte sogar für eine kurze Zeit darüber nachgedacht, Leyla zu verlassen. Meinetwegen war sie ständig in Gefahr. Nur meinetwegen hatten Mert und Aleyna es auf sie abgesehen. Wäre ich nicht in ihrem Leben aufgetaucht, würde sie ein ganz normales Leben führen. Oder? Das fragte ich mich und war mir unsicher. Ich meine, schließlich hätte sie sich damals umgebracht, wäre ich nicht gewesen. Auf einer Seite also konnte ich sie überhaupt nicht alleine lassen. Sie war meine Ehefrau. Sie war schwanger. Sie brauchte mich.Und ich, ich brauchte sie. Auch wenn es hart klingt. Ich hätte sie einfach niemals kennenlernen dürfen. Jeden Tag hatte ich Schuldgefühle und machte mir ständig Sorgen um sie. Sie könnte jeden Tag sterben. Ein Mann wie ich ist einfach nicht dazu gemacht, um sich ständig um eine Frau zu kümmern und ein normales Leben zu führen, dachte ich mir betrübt. Nachdenklich blickte ich mich um, während ich alleine im Wohnzimmer saß. Dieses einfache, friedliche Leben passte einfach nicht zu mir. Dieses sanfte, harmonische war nicht mein Lebensstil. Niemals hätte ich gedacht, dass ich so ein Leben leben würde. Ich war einfach kein gewöhnlicher Mensch, der zu Hause sitzen und sich um eine Familie kümmern konnte. Ich war ein gefürchteter Gangster, der sich ständig in Gefahr begab und rein gar nichts mit diesem Leben zu tun hatte. Nur ein Kämpfer. Mehr war ich nicht. Liebe, Freude, Familie, Harmonie. Das passte nicht zu mir.

Auch wenn diese Gedanken gerade mehr als Absurd waren, da ich Aleyna und Mert damit eigentlich Recht gab, war es nun Mal die Warheit.Und vor der Warheit kann niemand  fliehen. Auch ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Auch wenn ich es so sehr wollte. Ich ein Gefühl in mir, dass von Tag zu Tag immer schlimmer wurde. Alles wurde zur Realität. Dieses Gefühl, welches mir sagte, dass ich bald meinen eigenen Weg wieder gehen werde. Genau wie ich es damals immer getan hatte. Das Gefühl, dass mir sagte, dass ich Leyla verlassen werde. Ständig stellte ich mir die selben Fragen, während ich immer wieder über all das nachdachte. Waren diese Gedanken absurd oder einfach nur die Realität? Musste ich Leyla verlassen? Musste ich wieder der alte Can werden? Seufzend begab ich mich nach draußen, um etwas spazieren zu gehen. Zu Hause konnte ich einfach nicht mehr still sitzen. Es war etwas kühl und die Sonne ging langsam unter. Bald würde es dunkel werden. Bedrückt setzte ich mich auf eine Bank und blickte in den schönen Sonnenuntergang. Mir kam meine kleine Schwester Cansu wieder in den Sinn. Damals hatte Mert sie nur umgebracht, weil sie meine kleine Schwester ist. Er hatte keinerlei Gründe gehabt, um sie zu ermorden.

Ich hatte mir geschworen, mich an ihm für alles zu rächen. Aber ich konnte es nie. So zog sich unsere Feindschaft dann in die Länge. Jahr für Jahr hassten wir uns gegenseitig immer mehr. Jeder fragte mich ständig, weswegen ich Mert nicht einfach tötete. Doch ich konnte niemandem eine Antwort darauf geben. Denn die Wahrheit war, dass ich für das Töten zu feige war. Das mit Deniz damals war ein Unfall gewesen. Ich wollte ihn nicht absichtlich umbringen. Niemand wusste es bis heute. Nur Mert und ich. Dieses dreckige Geheimnis, welches wir in uns bewahrten. Jedoch wusste ich wenigstens jetzt eine Sache. Mert und Aleynas Ziel. Beide wollten Leyla und mich voneinander trennen. Aleyna, weil sie wieder mit mir zusammen sein wollte und Mert, um mir das Leben einfach zur Hölle zu machen, weil er mich so sehr hasste. Sie hatten sich miteinander verbündet, um mächtiger zu sein und ihre Ziele besser erreichen zu können. Jedoch wollte ich es einfach nicht verstehen. Warum? Warum taten sie all das und zerstören unser Leben? Nur wegen solch schwachsinnigen Zielen? Warum wir? Wie weit würden sie noch gehen?

Egal wie oft ich mich das alles fragte, ich bekam einfach keine Antwort. Ich musste so schnell wie möglich handeln. Denn man weiß nie, wann und wie die beiden als nächstes wieder zurückschlagen werden. Ich sah plötzlich, wie ein Junge auf mich zugerannt kam. Er sah aus, als wäre er so um die 17 und schien ziemlich nervös sowie panisch. Auf einmal blieb er direkt vor mir stehen und musterte mich genau.
"D-Du bist doch Can Y-Yalçin oder?", fragte er mich hoffnungsvoll.
"Ja. Warum? Wer bist du?", fragte ich ihn verwirrt.
"Bitte, hilf m-mir. Solche Typen verfolgen mich, weil ich denen noch Geld schulde. Sie wollen mich umbringen", erklärte er mir ängstlich. Oh man. Was stellt die Jugend von heute bloß alles an?, fragte ich mich.
"Warum schuldest du denen Geld?", fragte ich ihn. Er setzte sich neben mich und erzählte es mir.
"Ich habe denen mehrere Monate lang Kokain abgekauft, habe aber jetzt kein Geld. Die gehören zu einer Gang. Aber-aber du bist doch ein beliebter Gangster. Der Beste. Kannst du mir bitte helfen?", flehte er mich an. Ich seufzte. Was tun diese kleinen Kinder bloß für dumme Sachen?, fragte ich mich verwundert.
"Wie alt bist Du?", fragte ich ihn.
"17", antwortete er. Also hatte ich Recht. Ich lächelte, da er mich an mich selbst erinnerte. Auch ich steckte mit 17 in solchen Schwierigkeiten. Der Unterschied zwischen ihm und mir war, dass ich es damals allein geschafft hatte, gegen diese ganzen Rebellen zu kämpfen. So hatte ich mir meinen Ruf erkämpft und keiner traute sich mehr, mir etwas anzutun.
"Ich helfe dir nur, wenn du mir versprichst, dass du mit der ganzen Scheiße aufhörst", sagte ich und er nickte sofort.Ein paar Sekunden später kamen auch schon vier Typen angerannt. Zwei von ihnen hatten ein Messer in der Hand und einer hatte sogar einen Baseballschläger dabei. Ich stand auf und stand ihnen gegenüber. Sie blickten mich ängstlich an und waren wohl ziemlich erstaunt. Sie waren natürlich viel kleiner als ich, da sie wohl so alt wie der Junge waren.

"I-Ist das C-Can Yalçin?", fragte der eine den anderen neben ihm nervös. Ich lächelte.
"Ja, der bin ich. Was ist euer Problem?", fragte ich die vier, die ihre Augen weit aufgerissen hatten und musterte sie.
"Er sieht wirklich so stark und gut aus, wie es alle immer sagen", flüsterte der eine mit dem Baseballschläger zu dem, der neben ihm stand. Ich verschränkte meine Arme lächelnd ineinander. Wer ihnen sowas wohl gesagt hat?
Bestimmt die Mädchen in ihrem Alter, die für mich schwärmen .Beliebt zu sein ist wirklich anstrengend, dachte ich mir amüsiert.
"Krass. Schau dir seinen Style und seine Muskeln an. Er ist perfekt. Kein Wunder, dass alle für ihn schwärmen", flüsterte einer, doch ich konnte alles hören. Ich räusperte mich und blickte die vier ungeduldig an.
"Der schuldet uns eine menge Geld", erzählte der mit dem Baseballschläger.
"Warum müsst ihr ihn dann gleich umbringen? Und das auch noch mit Waffen. Wenn ihr echte Kämpfer seit, solltet ihr auch mit euren eigenen Fäusten kämpfen", erklärte ich. Sofort legten die vier beschämt ihre Waffen auf den Boden und hörten mir weiter zu.

"Kämpfen ist keine Lösung. Es bringt euch nur in Schwierigkeiten. Ihr seit noch sehr jung und solltet nicht so eine Scheiße abziehen. Deswegen hört lieber auf damit und konzentriert euch auf die wichtigen Dinge des Lebens", sagte ich zu den Jungs.
"Und die wären?", fragte der eine mit der Cap. Ich lächelte.
"Da gibt es vieles. Familie, Schule, Karriere, Liebe. Aber am Ende müsst ihr selbst entscheiden, was ihr für richtig haltet und euren Weg wählen", antwortete ich. Die Jungs blickten sich gegenseitig skeptisch an.
"Bist du wirklich Can Yalçin? Der, über den ständig geredet wird, klingt nämlich gar nicht nach dir", meinte dann der eine Junge, mit den schwarzen Haaren und dem Nike-Hoodie.
"Selbst ein gefürchteter Rebell wie ich kann auch anders sein. Aber egal wie anders ich klinge. Rebell bleibt Rebell. Nicht wahr?", sagte ich noch und ließ die fünf dann zurück. Ich wusste, dass die vier dem Kleinen nichts mehr anhaben konnten.
"Wow. Er weiß echt, wie man redet", hörte ich noch einen der Jungs sagen und lächelte. Ja, ich wusste, was die besten Worte waren. Ich dachte über sie nach. Rebell bleibt Rebell. Für immer. Egal wie sehr ich mich ändere, meinen Ruf kann ich niemals ändern. Mein Ruf als ein gefürchteter, beliebter Gangster, dachte ich damals. Irgendwann würde dieser Ruf wieder eine Bedeutung für mich haben. Ja, und villeicht muss ich tatsächlich irgendwann wieder zurückkehren.

Mert POV

Viele Monate waren inzwischen wieder vergangen. Aleyna und ich hatten extra diese ganzen Monate gewartet. Schließlich hatten wir den ultimativen Plan, um Can und Leyla ein für alle mal zu trennen. Pardon. Sie werden sich selber trennen. Oder eher Can wird sich trennen. Wir mussten die ganzen Monate warten, da Leyla schwanger war. Wir hatten beschlossen, erst zu warten, bis sie ihr Kind bekommen würde und dann würden wir zurückschlagen. Schließlich mussten wir diesen Plan noch ein wenig ausarbeiten.
"Wann ist es soweit?", fragte Aleyna mich ungeduldig.
"Bald. Das Kind wird in ungefähr zwei Wochen da sein", antwortete ich, während wir aus dem Fenster blickten. Meine Männer hatten die beiden all die Monate wieder beobachtet. Dadurch wusste ich genau, wann was passieren würde. Somit auch, wann Cans und Leylas Kind geboren werden würde. Ebenfalls wusste ich, dass Can tatsächlich wieder zu einem Gangster geworden war. Seit drei Monaten schon war er wieder der erfolgreiche, gefürchtete Can Yalcin, der er damals schon gewesen war und Leyla wusste davon nichts. Er tat das alles hinter ihrem Rücken. Wirklich interessant, wie sich die Dinge verändern können. Zu Hause wat er ein einfacher Mann, der sich um eine Familie kümmerte und draußen wat er ein unberechenbarer Gangster, der vor nichts zurückschreckte. Wirklich sehr interessant.
"Denkst du wirklich, dass das klappen wird?", fragte Aleyna mich unsicher und blickte mich an. Ich lächelte zufrieden und siegessicher, während ich in den Sonnenuntergang blickte.

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