Kapitel 2: Ich brauche...

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Es war der nächste Tag, die Perle neben mir war mehr als still und sagte nichts. Die meiste Zeit schaute sie aus dem Fenster und war in ihren Gedanken. Woran sie dachte? Ob jemand ihre Familie benachrichtigt hatte? Als ich sie danach fragte, nickte sie nur und meinte, dass ihre Eltern auf Geschäftsreise waren und erst in drei Wochen wiederkamen. Na super.

Mum brachte ihr neue Sachen mit und sie bedankte sich bei ihr, anscheinend mochte Mum sie ziemlich.

Ich selbst hatte mir in der Nacht unendlich viele Gedanken darüber gemacht, was der Arzt gesagt hatte. Ich konnte mich an die letzten zwei Jahre nicht erinnern. Unglaublich, dass sowas ging. Wieso ausgerechnet zwei Jahre? Verstand ich nicht, aber ich konnte von Glück reden, dass es nur zwei Jahre waren und nicht mein ganzes Leben.

Auch das mit dem Unfall und dem Rollstuhl war neu. Ich wusste nicht so ganz, wie ich damit umgehen sollte. Klar, ich hatte die Zeit im Rollstuhl wohl nun hinter mir, aber trotzdem. Was haben die anderen dazu gesagt? Wie fand Jenn es? Wieso hatte sie sich immer noch nicht bei mir gemeldet?

Ich beschloss ihr zu schreiben.

WhatsApp Gespräch

Ich: Hey Sweety, was geht? ;o
Jenn: ?
Ich: Marlo?!
Jenn: Marlo? Wie.. Also warum schreibst du mir? ôo
Ich: Vermiss dich?
Jenn: Verarsch mich nicht, Marlo. Das auf dem Fußballplatz war wohl deutlich genug.
Ich: ? Was war da? Sorry, ich hab keinen Plan, hatte Sonntag nen Unfall kann mich an die letzten 2 Jahre nicht mehr erinnern. Falls du mir nicht glaubst komm ins Marien Krankenhaus, da lieg ich immer noch.
Jenn: Was?!
Ich: Frag mich nicht. Ich weiß selbst nichts mehr. Außer das was der Arzt mir gestern erzählt hatte. Also? Willst du mich besuchen kommen? Vermisse dich! :(
Jenn: Ähm... ok? Komm am Nachmittag, ok? Soll ich dir was mitbringen?
Ich: Ja, dich! In nem heißen Outfit. ;)
Jenn: Bis nachher Marlo xD

WhatsApp Gespräch beendet.

Na wenigstens war Jenn noch die alte. Ich grinste zufrieden und legte mich zurück ins Bett. Ich müsste mal Duschen gehen und rasieren. Konnte ich eigentlich wieder laufen? Oder mussten die Muskeln erst aufgebaut werden, wenn ich so lange im Rollstuhl saß? Kein Plan. Ich musste es probieren, sah ich ja dann, wenn ich wie son Sack auf die Fresse flog. Wie das Weib neben mir einen Tag zuvor. Sah bestimmt bei mir etwas heißer aus.

Als sie endlich aus dem Badezimmer kam, versuchte ich mein Glück. Ich setzte mich an den Rand des Bettes, setzte die Füße vorsichtig auf den Boden, was kein Problem war, und stand auf. Jedoch nickten meine Beine wie so Streichhölzer weg und ich flog voll auf die Fresse.

„Fuck!", fluchte ich und setzte mich erst einmal hin.

„Scheiße, Marlo! Alles gut? Hast du dich verletzt?", fragte das Mäuschen, die sich vor mich kniete und ihre Hände auf meine Beine legte. Diese Augen. Diese Angst. Ich schluckte und nickte. Versuchte wieder ein wenig Abstand zu bekommen, immerhin war sie eine Fremde, für die ich nichts fühlte. Kein Plan, was ich mit ihr hatte. Die anderen hatten gestern dazu nichts mehr gesagt und sie selbst sagte auch nichts dazu. Dann eben nicht. Ihr Problem.

„Alles gut. Kannst wieder zurück gehen. Schaff das schon alleine.", knurrte ich und hievte mich ein wenig viel umständlich in den nahestehenden Rollstuhl. Drecks Teil.

Sie schaute traurig zu mir, nickte und legte sich zurück in ihr Bett, wo sie sich die Decke bis an die Nase zog, sich mit dem Rücken zu mir drehte und sicherlich wieder aus dem Fenster guckte. Ihr Verhalten war seltsam.

Ich nahm mir frische Sachen aus dem Schrank und verschwand ins Badezimmer, wo ich ziemlich lange die morgendliche Routine machte. Aber besser so langsam, als ungewaschen! Ekelhaft.

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