kapitel 11

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In den letzten Tagen ist nicht viel passiert. Gemma und ich haben einige Male etwas unternommen und sind auf dem besten Wege, gute Freundinnen zu werden. Sie hat auch nicht so viel um Matty getrauert. Als wir gestern Essen waren, hat sie einen Jungen kennengelernt. Ich weiß zwar nicht, was da läuft, aber er sieht definitiv gut aus und sie trifft sich die Tage mit ihm. Außerdem weiß ich, dass er schon etwas länger an derselben Uni wie wir studiert.

"Effy, wir gehen am Wochenende alle campen. Möchtest du vielleicht auch mitkommen?", fragt Gemma, als sie auf ihrem Bett in einem Klatschmagazin blättert.

"Wen meinst du mit wir?", frage ich.

"Mich, Ross, George, Jesse, Amber und Zach. Und du. Wenn du willst, natürlich.", antwortet sie. Ambers Namen hat sie besonders abwertend betont, was ich ihr natürlich nicht verüble.

"Puh.", tue ich so, als würde ich überlegen. "Campen mit Amber. Ich glaube, ich passe."

"Ich kann's auch kaum glauben, dass ich mich ernsthaft dazu überreden lassen habe, mitzugehen.", lacht sie. "Aber solange Matty nicht dabei ist, kann sie mir nicht wirklich viel anhaben.", fügt sie etwas leiser hinzu.

"Warum fährt Matty nicht mit?", frage ich.

"Er hat keine Lust auf Amber und die ganzen anderen. Mit den anderen meint er bestimmt mich.", antwortet sie und versucht so desinteressiert wie möglich rüberzukommen.

Ich bewundere Gemma dafür, dass sie versucht, so stark zu bleiben. Auch wenn ich nicht weiß, wie es sich anfühlt, von einer guten Freundin und von dem Freund mehrmals betrogen zu werden, bin ich mir sicher, dass es extrem schrecklich sein muss, so hintergangen zu werden.

"Wie auch immer. Ich versuche jetzt nicht, Matty hinterher zu trauern. Diese Zeiten sind vorbei.", sagt sie total motiviert und legt ihre Zeitschrift weg.

"Das freut mich. Denke ich.", antworte ich zögernd, weil ich mir nicht sicher bin, ob sie Matty wirklich schon vergessen hat. Vor ein paar Tagen hat sie ihm noch hinterher getrauert und hat sich eingeredet, sie könne ihn nicht so schnell vergessen, da sie ihn wirklich sehr liebt. Aber anscheinend geht es ihr gut.

"Außerdem kann ich wieder nach 'nem Neuen Ausschau halten.", grinst sie.

"Gehört der, den du gestern kennengelernt hast, auch dazu?", frage ich und ziehe eine Augenbraue hoch.

"Jake? Ich weiß nicht. Ich will erst einmal meinen Spaß haben. Ich war ganze sechs Monate mit Matty zusammen. Währenddessen habe ich mich mit keinem Anderen getroffen, ich denke, ich sollte erst einmal meinen Spaß haben.", zwinkert sie. "Und ich werde dich zu jeder Party mitschleppen.", fügt sie grinsend hinzu.

"Oh nein, das kommt nicht in Frage.", sage ich kopfschüttelnd. "Du hast mich zu genug Partys geschleppt. Und beide endeten nicht ganz so toll."

"Warum nicht? Du bist schön, du bist single.. das ist doch das wichtigste.", vesucht sie mich zu überreden.

"Und ich möchte lieber anders meinen Spaß haben.", stelle ich klar.

"Das ist sicherlich nicht die Art Erinnerung, die du an dein Studentenleben haben willst.", sagt sie und hebt protestierend den Zeigefinger.

"Woher willst du das wissen?", zucke ich mit den Schultern.

"Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass du das nicht verpassen willst. Und ich als deine Freundin sorge dafür, dass du es bekommst.", antwortet sie.

Ich verdrehe nur die Augen, weil ich keine Lust habe, weiter mit ihr zu diskutieren.

"Wie auch immer, denkst du, ich kann das.." sie steht auf und läuft zu ihrem Kleiderschrank. Dort holt sie einen weißen Pullover mit Spitzärmeln und eine schwarze Hose heraus. ".. für das Treffen mit Jake anziehen?"

"Ja, auf jeden Fall.", nicke ich. "Seit wann fragst du mich, was du anziehen kannst?", frage ich unsicher.

"Naja, das ist mein erstes richtiges Date. Ich weiß jetzt nicht, ob das ein Date ist, aber.. keine Ahnung, Jake ist wirklich süß. Und ich will bei ihm keinen schlechten Eindruck hinterlassen.", gibt sie zu.

Ich reiße meine Augen weit auf. "Du hattest noch nie ein Date?", frage ich.

"Nein.", antwortet sie kopfschüttelnd. "Ich habe immer nur mit irgendwelchen Kerlen rumgemacht. Und.. du weißt schon. Und Matty habe ich auch bei einer Party kennengelernt, wo wir oftmals miteinander rumgemacht haben, bis ich mehr von ihm wollte.", gibt sie zu. "Amber ist schon seit einem Jahr an dieser Uni und ich war mit ihr befreundet, also hat sie mich mit auf diese ganzen Collegepartys genommen.", fügt sie etwas leiser hinzu.

"Oh.", antworte ich. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Sie hat ihren Ex-Freund bei einer Party kennengelernt, zu der sie von ihrer angeblichen Freundin geschleppt wurde.

"Das ist ein ganz fettes 'oh'.", sagt sie und räumt die Sachen wieder in den Kleiderschrank.

"Wann triffst du dich mit Jake?", frage ich, um das Thema zu wechseln.

"Morgen Abend. Ich hoffe, es läuft gut.", sagt sie. Man merkt ihr ihre Aufregung an.

"Ich drücke dir die Daumen.", lächle ich. "Warum bist du eigentlich so aufgeregt?", frage ich und ziehe eine Augenbraue hoch.

"Weil das mein erstes Date ist, natürlich. Ich weiß echt nicht, was man da machen darf und was nicht.", antwortet sie.

"Jake scheint dir zu gefallen.", ziehe ich sie auf.

"Gar nicht. Er ist nur ein wenig süß.", grinst sie.

"Ich glaube dir nicht.", lache ich.

"Dann muss ich dich leider enttäuschen.", sagt sie und lässt sich auf ihr Bett fallen. "Wie gesagt, ich genieße mein Singleleben."

"Wie auch immer, ich hatte auch noch nie ein Date.", sage ich.

"Ernsthaft? Ich dachte, du hattest einen Freund."

"Ja, schon. Es ist kompliziert.", antworte ich und schaue auf die Wand, damit Gemma meinen Blick nicht sieht. Ich frage mich, was Alex gerade macht. Ob er auf der Suche nach mir ist oder sich mit irgendwelchen anderen Frauen vergnügt. Oder ob er doch etwas anderes macht. Ich hoffe nur, dass er nicht nach mir sucht. Von mir aus kann er etwas mit anderen Frauen machen, solange er mich in Ruhe lässt, bin ich mehr als zufrieden. Ich bin schon zwei Jahre durch die Hölle gegangen, noch einen Tag länger hätte ich das nicht mehr ausgehalten.

"Alles in Ordnung?", reißt Gemma mich aus meinen Gedanken.

"Ja, alles super.", lüge ich. Ich will nicht, dass sie weiß, dass ich abgehauen bin.

"Sicher?", fragt sie.

"Ja, es ist wirklich alles in Ordnung.", antworte ich. "Was hast du gesagt?"

"Ich habe dich nur gefragt, ob du es mir erzählen möchtest.", sagt sie.

"Nein, nicht jetzt.", schüttle ich den Kopf.

Es klopft an der Tür. Ich springe auf und öffne sie. Vor mir steht ein dunkelhaariger Junge, der sich mit dem Ellebogen am Türrahmen abstößt und grinst. Er hat ein blaues Auge und eine Wunde an seiner Unterlippe.

"Ehm, hi?", sage ich.

"Hey, Schnecke. Ist Gemma da?", fragt er.

"Kommt drauf an, wer du bist.", sage ich.

"Ich bin Tyler, ein guter Kumpel von ihr. Und jetzt würde ich gerne zu ihr.", antwortet er.

Ich sehe Gemma an, die mich und diesen Tyler belauscht und sehe sie fragend an. Sie nickt und antwortet: "Schon gut, ich kümmere mich um ihn."

"Also gut, ich lasse euch dann allein.", sage ich und verlasse das Zimmer.

Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee war, Gemma mit diesem Jungen allein zu lassen, da er nicht gerade wie ein braver Junge aussieht, vor allem, weil er in eine Schlägerei verwickelt war, so wie es aussieht, aber sie weiß bestimmt selbst, was am besten für sie ist.

Ich bin so in meinen Gedanken versunken, dass ich gegen jemanden knalle.

"Sorry.", entschuldige ich mich. Als ich aufblicke, wünschte ich, ich hätte mich nicht entschuldigt.

"Geh mir aus dem Weg.", sagt Matty und schiebt mich zur Seite.

"Willst du etwa zu Gemma?", frage ich, als er losläuft.

Er bleibt stehen und dreht sich wieder um. "Warum? Willst du versuchen, mich von ihr fern zu halten?", fragt er wütend.

"Nein, aber sie hat gerade Besuch.", antworte ich so locker wie möglich. Ich lasse mir von Mattys Wut keine Angst einjagen. Das ist er nicht wert.

"Tyler, oder?", fragt er und nickt wütend. "Ich weiß. Dieser Kerl versucht, mir mein scheiß Leben zur Hölle zu machen, indem er versucht, mich auf irgendeine Art und Weise zu provozieren, aber das klappt nicht."

Ich schaue auf seine Knöchel runter, die vor ein paar Tagen noch extrem verwundet waren. Die Wunden sind immer noch zu sehen. Dieser Tyler sah doch extrem verletzt aus. Hat etwa Matty.. ?  Und wenn schon, das interessiert mich nicht. Ich habe schon mehrmals mitbekommen, wie wütend Matty werden kann.

"Jedenfalls will Gemma dich nicht sehen.", sage ich.

"Bist du neuerdings ihre Sprecherin?", zischt er. "Ich denke nicht. Und von dir lasse ich mir auch nichts sagen. Kümmer dich um dein eigenes Leben. Und bestell Alex schöne Grüße von mir."

Er dreht sich wieder um und macht einen Abgang. Ich werde ihm dieses Mal aber nicht erklären, dass Alex mich nicht hierher geschickt hat. Soll Matty doch glauben, was er will. Die letzten zwei Jahre mit Alex haben mich stärker gemacht.

"Idiot.", murmele ich. Echt krass, wie schnell er es schafft, meine Laune zu verderben.


Mattys POV:

"Gemma, mach die Tür auf.", brülle ich und klopfe so fest es geht mit meinen Fäusten an der Tür. Ich weiß ganz genau, dass sie mit diesem scheiß Tyler da drin ist. Wenn ich den in die Finger kriege, dann kann er was erleben!

"Ich schlage die Tür sonst kaputt, ich meine das ernst.", warne ich sie und klopfe weiter.

"Was willst du?", höre ich sie rufen.

"Wir müssen reden.", rufe ich und klopfe erneut.

Die Türklinke geht runter und Gemma steht vor mir. Hinter ihr steht Tyler, der ein dreckiges Grinsen auf dem Gesicht hat. Am liebsten würde ich ihn hier und jetzt umbringen, aber ich weiß, dass das nur noch mehr Probleme mit sich bringt.

"Ich wusste doch, dass dieser Wichser bei dir ist.", zische ich. Mein Gesicht ist nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt und ich sehe sie eindringlich an.

"Denkst du etwa, da läuft was? Matty, nicht jeder ist so wie du.", sagt sie und läuft ein paar Schritte zurück und verschränkt dabei ihre Arme. "Außerdem, was sollte das? Warum hast du ihn geschlagen?", fragt sie.

"Du hast es ihr erzählt? Was für ein Weichei bist du denn, dass du dich bei meiner Ex ausheulst?", frage ich wütend, als ich mich zu Tyler wende. Ich schiebe Gemma zur Seite und packe Tyler am Kragen. Ich habe nichts dagegen, ihm noch ein blaues Auge zu verpassen.

"Irgendjemand muss ja erfahren, was für ein aggressiver Typ du bist. Außerdem seid ihr nicht mehr zusammen, von daher hast du dich hier überhaupt nicht einzumischen.", sagt er und grinst dabei immer noch. Dieser Wichser findet echt alles komisch. Aber nicht mehr lange. Meine Faust trifft sofort sein Auge und augenblicklich liegt er auf dem Boden.

"Was machst du denn da?", fragt Gemma geschockt.

"Wonach siehts denn aus?", frage ich.

Tyler steht wieder auf und ehe ich reagieren kann, trifft seine Faust meine Wange. Meine Wut steigt sofort. Was denkt er eigentlich, wer er ist, dass er mich schlägt?

"Matty, wenn du das machst, weil du denkst, dass zwischen uns was läuft, dann hast du ihn umsonst gehauen. Und jetzt lass es, verschwinde!", brüllt sie. Aber darum geht es mir nicht. Nicht wirklich. Es geht mir hauptsächlich darum, dass dieser Wichser meine Mom beleidigt hat und es trotzdem noch wagt, mich bei Gemma  schlecht hinzustellen.

"Ich denk' nicht dran.", flüstere ich und haue Tyler so fest, dass er wieder auf den Boden fällt. Ich bücke mich und boxe so oft auf ihn ein, wie es nur geht. Im Hintergrund höre ich Stimmen, die ich ausblende. Meine Wut ist im Moment so groß, dass alles, was nichts damit zu tun hat, Tyler zu töten, mich automatisch nicht interessiert.

Ich spüre Hände an meiner Schulter, die versuchen, mich zu stoppen, doch ich stoße die Person mit meinem Ellebogen weg.

Ich höre eine bekannte weibliche Stimme "Ah" sagen und drehe mich ruckartig um. Mit weit aufgerissenen Augen sehe ich die Person an, die gekrümmt auf dem Boden liegt und kann nicht glauben, was ich da gerade getan habe.




alone together  ➳ matty healy / in bearbeitungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt