„Was machen sie mit uns?", fragte ich den Jungen, der mit mir in dem kleinen Wagen saß der von Pferden über Land gezogen wurde. Wir hatten an der Decke kleine Schlitze zur Belüftung, damit wir nicht erstickten – keine Fenster. Die Übelkeit in mir versuchte ich zu ignorieren, was nicht gut funktionierte durch das ständige Holpern über Wurzeln und Äste. Mein Gegenüber zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich wollen sie uns in die nächste größere Stadt bringen und Lösegeld für eingefangene Geflüchtete sammeln." „Von wo kommst du? Ich meine, wie lang sitzt du schon hier drin?" „Goltig, drei Wegstunden von Fiadah, fünf südlich der Hauptstadt." Ich nickte. Im Dunkeln beobachtete er mich misstrauisch. „Was hast du vorhin gemeint, ich sollte mich damit abfinden oder sterben?", fragte ich nach. „Du denkst du bist schlauer, du denkst du findest einen Weg zu fliehen von hier. Das denken einige, mehr als du denkst. Ich war dabei, als ein Mann es versuchte und scheiterte. So etwas willst du nicht sehen. Glaub mir." Darauf wusste ich nichts zu erwidern. Natürlich hatte ich angefangen heimlich Pläne zu schmieden, aber mehr um nicht verrückt zu werden als um sie wirklich durch zuführen.
Ich lehnte mich zurück in die Dunkelheit und gab mich meinen Gedanken hin, die heimlich Möglichkeiten durchgingen zu entkommen, egal was der Junge gesagt hatte. Ich brauchte nur den richtigen Moment und genug Mut. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft ein wenig Schlaf nachzuholen, doch ich bekam kein Auge zu.
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Als der Wagen hielt, hatte der Junge die Augen zu. Ich konnte nicht sicher sagen, ob er schlief, aber es sah danach aus. Der Platz hier war eng, ich hoffte, dass nicht noch jemand an diesem Tag festgenommen werden würde. Die Tür wurde aufgerissen und der Junge schrak auf. Auch ich zuckte zusammen. Der Mann, der vorgeschlagen hatte mich doch laufen zu lassen warf eine Flasche zu uns, knallte die Tür wieder zu und ich konnte hören wie seine Schritte wegführten, ebenso wie andere. Wir wurden allein gelassen.
„Denk gar nicht dran", unterbrach der Junge meine Gedanken. Seine Augen waren wieder geschlossen, ich hatte ihn schon ganz vergessen. „Sie lassen immer eine Wache da", erklärte er weiter. Er musste mich wirklich für eine Rebellin halten. „Wie ist dein Name", fragte ich stattdessen. Überrascht öffnete er seine Augen, setzte sich gerade hin und schnappte sich die Wasserflasche, die immer noch unangerührt auf dem Boden lag. „Jeremy." Er nahm einen tiefen Zug. „Und du?" „Amira." Spöttisch zog er eine Augenbraue hoch, sagte jedoch nichts. „Auf dich Amira!", darauf trank er noch einmal einige Schlucke und reichte dann mir die Flasche weiter.
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„Eigentlich ist es hier gar nicht so schlecht", stellte ich nach Stunden, in denen wir kein Wort gewechselt hatten fest. „Stimmt, man hätte es schlimmer treffen können, aber wenn du erst einmal ausgeliefert wirst, dann hast du nichts mehr..." Seine Worte verloren sich und ich beschloss nicht weiter nachzufragen. Nach einer Weile Stille fügte er hinzu: „Eigentlich freue ich mich fast darauf, irgendwann anzukommen, auch wenn es meine Freiheit kostete, die habe ich hier auch nicht."
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Als wir wieder hielten waren wir beide wach. Ich warf Jeremy fragende Blicke zu. Doch bevor er die Chance hatte mir zu antworten, ging auch schon die Tür auf, darüber, endlich wieder für einen kurzen Augenblick frische Luft atmen zu können, konnte ich mich jedoch nicht freuen, stattdessen blickte ich geradewegs in das Gesicht des Anführers. „Auszeit", sprach er mit einem fiesen Grinsen und Jeremy wirkte als würde er einen Befahl befolgen wollen, während ich keinen Schimmer davon hatte, was er wollte.
Auszeit hieß Zeit draußen, was vielleicht unter anderen Umständen sehr gut geklungen hätte. Aber nicht für mich. Jeremy und ich traten raus aus dem winzigen Raum, meine Gelenke schmerzten, weil sie viel zu lange kaum bewegbar gewesen waren. Das Sonnenlicht blendete mich sosehr, dass ich meinen Arm schützend vor mein Gesicht hielt, wie schon vor einigen Tagen, als ich aus dem Tunnel trat, obwohl jetzt schon Nachmittag war und die Sonne tief stand.
Wir würden hier für die nächsten Stunden rasten, hatte man mir gesagt. Unter Bewachung ließen sie uns unsere Geschäfte erledigen, sie gaben uns Wasser, kein Essen. Ich hatte seit Tagen nichts mehr im Bauch gehabt, aber tatsächlich war mir die meisten Zeit davon nicht danach gewesen. Vielleicht hatte sich mal jemand in dem Wagen übergeben. Der Geruch wäre bestimmt für Tage nicht mehr verschwunden. Jedoch dachte ich nicht, dass das die Leute kümmerte, die uns gefangen hielten. Wir waren die Gefangenen. Die Umstände waren wie sie kamen. Insofern war ich mehr als dankbar mit Jeremy in dem Wagen zu sitzen.
Es wurde ein Feuer gemacht und alle Männer scharrten sich darum, sie waren etwa zu zehnt. Jeremy und ich wurden festgebunden. Wir warfen uns verschiedene Blicke zu, aber zu reden wagte keiner von uns. Ich versuchte mir vorzustellen wie das Leben dieser Männer wohl aussah. Von ihren Familien getrennt aus Geldmangel oder selber mal als Gefangener und dann die Fähigkeiten erkannt? Ich dachte mir Geschichten für sie aus. Der Geruch von geröstetem Fleisch zog mir in die Nase und brachte mich fast um. Mein Bauch knurrte.
Nach einer Weile kam einer der Männer zu uns rüber und sah mich an. „Ey, können wir die nehmen?" Der Anführer hob seinen Kopf, sah zu mir rüber. „In ner Stunde brechen wir auf. Bis dahin müssen die Pferde gefüttert, der Platz geräumt und die Wagen fertig sein. In der Zwischenzeit kannst du machen, was du willst. Solange du sie nicht entkommen lässt und pünktlich fertig bist, ich will endlich aus dieser Gegend weg", beendete er seine Ansprache. Einige Männer standen auf und begannen das Lager zu räumen, andere aßen weiter. Der Mann vor mir rührte sich nicht. „Sollen die anderen doch räumen, ich habe wichtigeres zu tun." Dann begann er die Knoten zu lösen, mit denen ich befestigt war, nicht ohne mir vorher noch zuzuzwinkern. „Wir werden zusammen viel Spaß haben." Als ich begriff worauf er hinaus wollte, ergriff mich die blanke Panik. Der Schreck war mir mit Sicherheit anzusehen. Doch es war schon zu spät. Mit einem Blick zurück zu Jeremy stellte ich fest, dass er nur mir nur hilflos nachsah, während ich mich immer weiter von ihm entfernte und in Richtung Wald gebracht wurde.
Ich versuchte so viel Abstand wie möglich zwischen mich und den Mann zu bringen. Er kam mir immer näher, während ich zurückwich. Schreien war zwecklos. Alle Worte waren aus mir verschwunden. Er berührte mich. Ich schupste ihn von mir, trat gegen sein Bein, er fluchte. „Tu das noch einmal und du wirst die Folgen zu spüren kriegen." Ich musste an Jeremy denken und daran, dass er mir geraten hatte nichts zu tun. Aber das hatte sich nur auf Abhauen bezogen. Würden sie mich auch so bestrafen? Der Mann drückte mich gegen einen Felsen. An das, was danach geschah konnte ich mich kaum erinnern. Ich wusste nur noch, dass ich irgendwann doch geschrien hatte. Er hatte gelacht. Ich hatte mich gewehrt, danach war meine Erinnerung unterbrochen.
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Als ich wieder aufwachte fuhren wir wieder, mir tat alles weh. Jeremy blickte mich mitleidig an. Warum hast du nichts getan, dachte ich, obwohl ich wusste, dass er nicht konnte. Die Erinnerung kam nach und nach bruchstückhaft. Dann sah ich das Blut an meinen Fäusten.
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MIRA
Viễn tưởngEine Krankheit breitet sich in Alliera aus und bringt Mira dazu aus ihrer Heimatstadt Fiadah zu fliehen und sich auf den Weg in die Hauptstadt zu machen. Als sie endlich wieder Arbeit findet, führen viele seltsame Umstände zu einer Bekanntschaft, mi...