Kapitel 19

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Die nächsten vier Tage waren mindestens genau so langweilig wie der davor. Einfach nur im Bett liegen, die Decke anstarren und über den Sinn des Lebens hier auf der Lichtung nachzudenken war ganz einfach nicht mein Ding. Zwar kamen mich Newt, Thomas, Minho und Chuck immer wieder besuchen, dennoch ließ das meine Stimmung nicht auf Hochtouren laufen. Thomas, der seine Ausbildung bei Minho begonnen hatte, erzählte mir, dass das Leben als Läufer nicht so besonders war wie er es sich vorgestellt hatte; es bestand eigentlich nur aus rennen und noch mehr rennen, wenn du nicht mehr kannst und aus erschöpft und K. O. sein, wenn man wieder auf die Lichtung zurückkam. Ich fragte mich, ob Newt Thomas gezwungen hatte das zu erzählen und mich so von meiner Idee Läuferin zu werden weiter abbringen sollte oder ob es wirklich der Wahrheit entsprach. Minho machte meistens nur dumme Scherze darüber, dass ich den ganzen Tag hier rumlag und nichts tat während er sich den Arsch aufriss – natürlich war das nicht ganz ernst gemeint und ich spürte, dass ich immer besser mit der sarkastischen Art des Jungens zurechtkam. Chuck hingegen plapperte mich, wenn er mich besuchen kam, die ganze Zeit voll mit irgendwelchen belanglosen Dingen, die auf der Lichtung passiert waren – beispielsweise war ein Klo verstopft gewesen, zwei Lichter hatten sich geprügelt und mussten als Strafe eine Tag im Bau verbringen oder dass sein bester Freund Thomas jetzt Läufer war. Er meinte es sicherlich nur gut – ich schätzte seine Gegenwart auch sehr -, denn er versuchte meinen öden Alltag etwas aufzupeppen, dennoch war ich nach einer halben Stunde Chuck-Monolog dann doch zufrieden damit, wenn er ging und ich wieder meine Ruhe hatte. Newt, der morgens aufstand bevor ich überhaupt aufwachte und meistens erst spät abends wieder zurückkam, wenn ich schon fast wieder beim Schlafen war, merkte man deutlich an, dass ihn die Arbeit als Anführer nicht restlos gefiel. Er hatte sehr viel zu tun und kam kaum zur Ruhe, selbst als er dann endlich im Zimmer angekommen war und eigentlich schlafen sollte. Ich wusste selber nicht warum, aber seit der Nacht, in der ich ihn nach den Käferklingen gefragt hatte und er das erste Mal mit mir in einem Bett geschlafen hatte, bleib er auch die restlichen Nächte immer bei mir. Mich störte seine Nähe ganz und gar nicht, vor allem jetzt, da ich ihn tagsüber eh so wenig sah. Es fühlte sich sogar gut an jemand neben sich liegen zu haben, vor allem, wenn ich wieder schlecht träumte. Meine Albträume wollten einfach nicht besser werden. Jede Nacht träumte ich davon, wie Griewer mich verfolgten, ihre Greifarme und Spikes nach mir ausgefahren hatten, aber es kamen keine Erinnerungen aus der Zeit vor dem Labyrinth zurück. Wenn ich nachts aufwachte – nach einem Albtraum – war Newt immer bei mir und beruhigt mich. Er legte vorsichtig einen seiner starken Arme um mich und tatsächlich fühlte ich mich jedes Mal besser.

Es war der fünfte Morgen nach der Nacht im Labyrinth, als ich das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder das Gehöft verließ. Mein kaputtes Bein tat beinahe gar nicht mehr weh und die Wunde verheilte laut den Sanis überraschend gut. Das einzige, das mir noch zu schaffen machte, war mein Kopf, den ich im Labyrinth angeschlagen hatte. Zwar tat er nicht direkt weh, es war vielmehr ein stetiges Brummen und Schwindelgefühl, das durch meinen Kopf dröhnte und immer wieder durch ein Zucken unterbrochen wurde. Bei diesen Zuckungen tauchten für Millisekunden Bilder vor meinem inneren Auge auf. Die meisten waren so schnell in den Abgründen meines Gedächtnisses verschwunden wie sie aufgetaucht waren, dass ich sie gar nicht richtig wahrnehmen konnte; nur an vereinzelte erinnerte ich mich: Ein Bild einer Klippe, ganz nahm an einem tosenden Ozean; ein langer, grauer Gang, nur mit Neonröhren beleuchtet, ohne jeglichen Fenster; an High-Tech-Computer, aber was auf ihren Bildschirmen stand erkannte ich nicht; ich erkannte eine Frau mit den gleichen roten Lockenkopf wie ich, aber sie war deutlich älter als ich und einmal sah ich die Lichtung, aber aus der Vogelperspektive, wie als hätte ich das alles hier beobachtet. Ich verstand nicht, was das sollte oder ob es normal war und die anderen Lichter auch solche „Flashbacks" hatten. Aber irgendwie traute ich mich auch nicht zu fragen, denn was, wenn es nicht so war? Dann würden mich sicher alle für verrückt halten...

Alles, was wir geben mussten ~Maze Runner FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt