Kapitel 32

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Tränen rangen meine Wangen hinunter. Ich konnte nicht fassen, dass mir das gerade wirklich passiert war. Ich wurde verbannt. Verbannt. Ich atmete ein paar Mal tief ein und aus, um mich zu beruhigen und hielt mich an der Efeu überwucherten Mauer fest, um nicht umzufallen. Newt war nicht einmal zwanzig Meter weit weg von mir, aber trotzdem unerreichbar. Es fühlte sich so schrecklich an, getrennt von ihm zu sein. Es war grauenvoll zu wissen, dass ich den Jungen vielleicht nie wieder sehen würde und mich nicht einmal von ihm verabschieden konnte.

Ich schüttelte energisch meinen Kopf, als würde ich so versuchen den Gedanken loszuwerden Newt nie wieder zu sehen. Ich durfte nicht so denken. Das war nicht gut, denn alles, was jetzt zählte, war überleben. Ich musste all meine Emotionen in irgendeine finstere Ecke meines Gehirnes schieben. Die Bilder von Newt und seine Schreie, die immer noch in meinen Ohren nachhalten, musste ich versuchen zu verdrängen.

Ordnung. Struktur. Ich brauchte einen Plan. Noch einmal würde ich nicht so viel Glück haben und die Nacht ohne jegliche Planung überleben.

Als erstes legte ich mir die digitale Armbanduhr um, die sagte, dass es gerade 21 : 03 Uhr war. Morgen um 7 : 00 Uhr würden sich die Tore wieder öffnen. Also waren es genau zehn Stunden, die ich hier überleben musste. Diese zehn Stunden würden verdammt lang werden, das wusste ich schon in diesem Moment.

Jetzt, da ich mich wieder etwas beruhigt hatte, konnte ich den Druckknopf des kratzigen und engen Lederbandes um meinen Hals öffnen. Es war ein gutes Gefühl, als ich endlich wieder frei atmen konnte und das Lederband direkt vor die Öffnung auf den Boden warf, wo es Morgenfrüh irgendjemand aufsammeln durfte.

Mein Blick schweifte über die riesigen mit Efeu bewucherten Betonwände, als ich überlegte, was ich jetzt tun sollte. Was wäre jetzt am besten? Verstecken so wie letztes Mal? Mich in die Ranken hängen so wie Thomas? Oder doch etwas ganz anderes?

Auf einmal hallten lautes Surr und Klick Geräusche durch das Labyrinth. Die Griewer waren erwacht. Obwohl der Lärm noch sehr fern klang, steigerte sich mein Puls und meine Atmung beschleunigte sich.

Thomas hatte mir gestern beim Abendessen von diesem Griewerloch erzählt. Das war der Ort, wo die Griewer sich tagsüber aufhielten. Aber jetzt – in der Nacht – waren sie im Labyrinth unterwegs, was zwangsläufig hieß, dass das Griewerloch frei war. Einen Moment lang war ich entsetzt von meiner Idee, aber als ich es mir genauer überlegte, war sie gar nicht so schlecht – aber trotzdem wahnsinnig. Selbstmord würde es eigentlich sehr gut treffen. Ich würde meine Nacht im Griewerloch verbringen. Das musste ja eigentlich der sicherste Ort im Labyrinth zu dieser Zeit sein.

Ich zog das Messer, das immer noch in meinem Hosenbund steckte, hinaus und lief, wie es meine Hose mir verriet, gleich bei der ersten Abzweigung nach rechts und bei der Nächste nach links. Prinzipiell war ich von meiner Idee überzeugt; nur zwei Probleme boten sich dabei: Erstens hatte ich schrecklich Angst davor einen Griewer direkt in die Arme zu laufen; weil wenn dies der Fall wäre, dann müsste ich die ganze Nacht durch von ihn wegrennen und das war mit Abstand das allerletzte, worauf ich Lust hatte. Und zweitens wusste ich ja nicht wirklich was das Griewerloch überhaupt war. Höchstwahrscheinlich war es irgendeine Art Hölle oder Raum, aber es könnte mich auch zu etwas komplett unerwarteten führen. Was konnte ich selber nicht sagen, aber inzwischen würde mich in diesen Labyrinth nichts mehr überraschen...

Während ich den vorgegebenen Weg auf meiner Hose streng befolgte, hörte ich immer wieder die markerschütternden Klick und Surr Geräusche der Griewer, die immer lauter und lauter wurden. Neben den Griewergeräuschen hörte ich aber auch immer wieder eine Art Tosen, wie Stein, der auf Stein rieb. Ich war mir sicher, dass das das Labyrinth war, das sich veränderte – das letzte Mal, als ich eine Nacht hier verbracht hatte, war mir das gar nicht aufgefallen. Sicherlich war ich damals einfach viel zu nervös gewesen von den immer näher kommenden Griewergeräuschen.

Alles, was wir geben mussten ~Maze Runner FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt