Kapitel 12

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Im ersten Moment fühlte ich nichts als pure Panik in mir aufsteigen. In jede einzelne Zelle, in jede einzelne Ader und Synapse in meinen kompletten Körper schoss Adrenalin. Ich musste weg bevor der Griewer kam!

So fest wie möglich umgriff ich die Efeuranke in meiner Hand, als ich sah, wie das Monstrum immer näher und näher zu mir kam, bedrohlich mit seinen Greifarmen, die nach mir ausgefahren waren, zwickend. Jetzt oder nie. Leben oder Tod.

Mit dem letzten Quäntchen Mut und Überlebenswille, das noch irgendwo tief in mir steckte, riss ich mich aus meinem Versteck hinaus und stemmte meine wackeligen Beine gegen die Wand. Ein lautes Ratsch Ratsch und Surr Surr war zu hören, bevor ich alle Kraft in mir mobilisierte und mich versuchte die Wand hochzustemmen.

Ich setzte ein Fuß vor den anderen, während ich mich mit meinen Händen immer weiter nach oben zog – immer weiter weg von den Griewer, der noch am Boden verweilte. Es waren höchstens sechs oder sieben Meter, die ich über dem Boden des Labyrinths hing und von denen ich den Griewer beobachtete. Mit der Naivität des ersten Gefühl des Sicherheit, hatte ich gedacht, dass ich hier oben aus der Schusslinie war – weg von der Gefahr. Aber das blenden hellrote Licht leuchtete direkt auf mich und nicht einmal einen Augenblick später schlugen mit einem gewaltigen Ruck die Spikes des Griewers in den harten Beton ein. Er kam die Wand hoch!

Vor Schock riss ich meine Augen auf. Ich hing hier – sieben Meter über dem Boden – und unter mir rollte ein Monster gerade die Wand hoch! Ich legte meinen Kopf in den Nacken, um zu sehen, wie weit es noch hochging, aber sehr viel weiter schien der Efeu nicht mehr zu reichen und unter mir kam gerade eine Killermaschine die Wand hochgeklettert. Der einzige Weg war zur Seite. So schnell wie möglich – mit beiden Beinen an der Wand abgestützt und mit einer an der Efeuranke festhaltend – riss ich eine andere Efeuranke nur ungefähr einen Meter weit weg von mir von der Mauer. Ohne einen Blick nach unten zu werfen, wo der Griewer seinen Abstand zu mir sicher schon mindestens halbiert hatte, schwang ich mich auf die andere Liane. Sofort wiederholte ich das ganze Spiel ein paar Mal und es klappte erstaunlich gut – ich verlängerte meinen Abstand zu dem Tier sogar um ein paar Meter. Und dann kam es mir wie ein Gedankenblitz durch den Kopf geschossen: Die Schwachstelle dieses Viehs war seine Wendigkeit. Ich musste mich einfach so schnell hin und her bewegen, dass es nicht mitkam, da es einfach viel zu riesig und schwer war. Mit einem Schulterblick zu dem Griewer, der gerade ungefähr zehn Meter hinter mir war und seine Spikes mit einem lauten Krachen nach und nach in den Beton haute und mit einem ekelerregenden Schlürfgeräusch wieder hinaus und in seine haarige und wulstige Haut zog, beschloss ich etwas zu tun: Ich musste zurück auf den Boden und würde etwas versuchen. So schnell wie möglich riss ich wieder eine Ranke vor mir ab und packte diese. Aber dieses Mal würde ich nicht noch eine nehmen, sondern an dieser Liane runterrutschen. Ich stemmte meine Füße weg von der Betonwand und rutschte die Efeupflanze hinunter, die meine kompletten Handflächen aufriss, da sie so schrecklich rau war. Höllische Schmerzen schossen durch meinen kompletten Arm und ich spürte, wie heißes Blut an meinen Handflächen hinunterlief, aber in dem Moment, als ich den Steinboden unter meinen Schuhsohlen spürte, war es mir egal – es musste mir egal sein, sonst würde ich bald nicht nur an meinen Handflächen Bluten. Jetzt hieß es überleben und nicht wegen Wehwehchen rumheulen.

Ich blickte hoch zu den Griewer, der seine Mühe hatte sich abwärts zu bewegen und sich in den Efeugewächsen verfangen hatte. Das war meine Gelegenheit. Ohne noch länger darüber nachzudenken wohin ich rennen sollte oder was taktisch am besten wär, rannte ich los. Ich spürte, wie der Zugwind mitten in mein Gesicht und durch meine Haare pfiff, als ich immer wieder scharf die Kurven kratzte, um in neue Gänge einzubiegen. Zu Beginn wurden die Geräusche des Griewers an der Wand immer leise, da ich ihn wahrscheinlich abgehangen hatte, aber es waren vielleicht zehn Minuten später, als ich wieder das Surren und Klicken des Monstrums hörte. Es lief mir eiskalt den Rücken hinunter. Auch wenn ich mich nicht an mein Leben vor der Lichtung erinnern konnte, war ich mir sicher, dass das mit weitem Abstand die allerschlimmste Nacht aller Zeiten war.

Alles, was wir geben mussten ~Maze Runner FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt