Als Steve am Morgen aufbrach ging gerade erst die Sonne auf. Wir umarmten uns noch ein letztes Mal, bevor er in den vorbereiteten Jet stieg. Kurz darauf hob er auch schon ab. Ich sah ihm traurig hinterher, wie er hinter dem Kraftfeld verschwand, das Wakanda vor fremden Blicken und Bedrohungen schütze.Ich wusste jetzt schon, dass ich ihn unglaublich vermissen würde, immerhin waren wir sehr enge Freunde geworden über die kurze Zeit, die ich mit ihm verbracht hatte. Ich blieb noch eine Weile stehen, mein Blick in den Himmel gerichtet. Tränen standen in meinen Augen, aber ich hielt sie zurück so gut es ging. Ich konnte Steve immer noch anrufen, wenn ich unbedingt mit ihm reden wollte, aber trotzdem war das nicht dasselbe.
Irgendwann ging ich dann auch hinein. Ich machte mich für den Tag fertig und begab mich in den Unterrichtsraum. Klassenzimmer konnte man es ja nicht nennen, da ich allein war. Es standen die Basics für isiXhosa*, ihre Sprache, auf dem Plan. Es war wirklich keine leichte Sprache, besonders wegen den Klickgeräuschen. Ich biss mir unzählige Male auf die Zunge beim Versuch, verschiedene Wörter auszusprechen, aber Aviwe, der Lehrer, war geduldig, schließlich war es erst mein zweiter Tag bei ihm. Ich fragte mich, wie lang es wohl dauern würde, bis ich ein gewisses Maß an Wortschatz und grammatikalischem Wissen aufgebaut hatte, um mich zumindest mit den Einheimischen verständigen zu können. Bald würde das auf jeden Fall nicht sein. Aber immerhin sprachen hier auch fast alle meine Sprache, besonders die in der Hauptstadt, von daher gab es auch mit den Ärzten kein Problem, was die Verständigung anging. Zumindest das sollte kein Hindernis sein.
Nach gefühlten acht Stunden hatte ich dann endlich eine Pause. Mein Kopf platzte fast vor neuen Informationen. Immerhin hatte Aviwe gemeint, dass ich alleine lernen konnte, sobald Grammatik und Aussprache saßen. Das war schon eine gewaltige Erleichterung. Ich kam mir echt wie in einem Intensivkurs auf der Uni vor. Nur war ich alleine und die Information über eine Sprache, mit der ich mich davor noch nie auseinander gesetzt hatte. Sobald ich allein lernen konnte würde es bestimmt viel angenehmer werden. Dann war es nicht so geballt.
In meiner Pause wollte ich T'Challa aufsuchen. Vielleicht hatte er ja schon mit den Ärzten gesprochen, auch wenn das sehr unwahrscheinlich war, immerhin war er jetzt König, musste aber erst dazu gekrönt werden. War seine Schwester Shuri womöglich die besser Ansprechperson? Aber sie war noch so jung. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht merkte, wie ich in einen komplett anderen Teil des riesigen Gebäudes gelaufen war. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, wie lange ich gelaufen war, ohne wirklich auf meine Umgebung zu achten, aber als ich mich umsah merkte ich, dass ich mitten im Krankenflügel stand. Diesen Teil hatte mir T'Challa sogar schon teilweise am Vortag gezeigt, aber sagen, wo genau ich mich befand konnte ich nicht. Verdammt. Wie oft sollte ich mich hier drinnen denn noch verirren. Das war doch schon zum Haareausreißen. Ich seufzte. Wenn ich schon hier war konnte ich auch die Ärzte direkt fragen, oder? Damit hatte ich also ein neues Ziel: Den Oberarzt finden und mit ihm reden. Sollte ja nicht allzu schwer sein, oder?
Leichter gesagt, als getan, ich brauchte bestimmt eine halbe Stunde, um überhaupt mal einen Arzt am Gang zu treffen, dann dauerte es nochmal gute 20 Minuten, um den Oberarzt ausfindig zu machen. Der Oberarzt war ein älterer Mann mit grauen Haaren. Er beäugte mich skeptisch. "Was gibts?", fragte er den Arzt, der mich zu ihm gebracht hatte. Ich antwortete für mich selbst. "Ich bin Ärztin. König T'Challa hat mir hier Unterkunft gewährt, da ich nicht mehr in mein Heimatland zurück kann. Und ich weiß, dass unsere Technologien noch lange nicht mit euren mithalten können, aber ich kann etwas, das normale Menschen nicht können", sagte ich bestimmt. Die Ereignisse der letzten Tage hatten mir einen Selbstbewusstseins-Boost gegeben. Die beiden Ärzte sahen sich an.
"Und das wäre?" Ein Hauch von Genervtheit schwankte in seiner Stimme.
"Ich kann Wasser und Blut kontrollieren. Dadurch habe ich noch nie einen Patienten wegen Blutverlust verloren. Wenn Sie mir nicht glauben kann ich es ihnen jederzeit beweisen." Ich war selbst etwas schockiert darüber, wie überheblich ich eigentlich dabei klang, aber es war die Wahrheit. Jetzt mussten sie mir nur noch glauben.*isiXhosa: eine der 11 offiziellen afrikanischen Sprachen, wurde in Black Panther verwendet
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A Story of Winter and Water (Bucky FF)
Fanfiction{Abgeschlossen} Lilly ist Ärztin. Nach außen hin wirkt sie ganz normal, vielleicht etwas schüchtern, aber das stimmt nicht. Sie birgt ein Geheimnis, an dem sie nur ihre engsten Freunde teilhaben lässt. Doch nachdem sie zur Einsatzärztin der Avengers...