Teil 30

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Der Flug in die Hauptstadt dauerte zum Glück nicht lange. Shuri wartete schon auf dem Landeplatz auf uns. T'Challa und zwei der Dora Milaje standen bei ihnen. Shuri hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht, was mir sagte, dass sie in ihrer Forschung noch mehr als die Lösung für Bucky's Problem gefunden hatte. Etwas anderes hatte ich aber auch nicht erwartet.

Wir wurden direkt nach der Landung in den Palast geführt. Dabei lief die Prinzessin mit sehr selbstsicheren Schritten vor uns. Es war klar, dass sie sich sicher war, dass ihre Idee funktionieren würde. Ich konnte es kaum erwarten, endlich zu erfahren, was genau sie sich überlegt hatte. Das ganze Geheim-halten machte mich echt wahnsinnig und das wusste sie ganz genau. Wahrscheinlich der Grund, wieso sie es überhaupt gemacht hatte. Jedenfalls liefen wir den ganzen Weg zum Labor zu Fuß. Bucky und T'Challa unterhielten sich etwas, aber ich schenkte ihrer Konversation nicht wirklich Beachtung. Shuri war das interessanter.
"Also? Was hast du dir überlegt?", fragte ich gespannt. Sie grinste.
"Ich hatte die Idee, wie ich an einer neuen KI gearbeitet habe. Es müsste ja möglich sein, das menschliche Gehirn mittels Algorithmus umzuprogrammieren. So gesehen ist das Gehirn ja nichts anderes als ein komplizierter Computer"; erklärte sie mir. Ein Algorithmus?
"Das heißt du kannst ihn einfach so umprogrammieren? Aber... wie genau? Ich kann mir das echt nicht vorstellen wie du das anstellen willst. Immerhin gibts hier nicht sowas wie einen Tastatur oder so." Jetzt bekam ich langsam Bedenken. So gut das auch klang, konnte ein Algorithmus wirklich so ein Problem lösen? Shuri tätschelte aufmunternd meine Schulter.
"Vertrau mir, das klappt. Ich habe schon getestet, ob das Prinzip von dem Ganzen klappt, und das tut es. Aber der Algorithmus kann nur die Programmierung selbst entfernen. Alles rundherum zu ändern wäre doch etwas gefährlich. Also er wird sich immer noch an alles erinnern, an das er sich jetzt auch erinnert. Nur kann halt keiner mehr die Kontrolle über ihn übernehmen, das muss dir klar sein." Ich nickte. Irgendwie hatte ich ja gehofft, dass der Eingriff auch bei seiner Schlafstörung und generell den Belastungen der letzten Jahre helfen würde. Aber das würden wir wohl auf die klassische Art in den Griff bekommen müssen. Trotzdem waren das gute Aussichten.
Da stupste mich Shuri mit dem Ellenbogen an und warf mir einen vielsagenden Blick zu. "Was aber viel wichtiger ist: Wie steht es denn so mit eurer Beziehungen? Die sexuelle Spannung zwischen euch kann man ja förmlich spüren." Dieses Biest. War ja klar, dass sie das Thema wieder aufbringen würde.
"Zwischen uns läuft nichts. Wir sind nicht mehr als Freunde", verteidigte ich mich. Von dem Zwischenfall heute Mittag erwähnte ich aber nichts. Sonst würde sie es mich bestimmt nicht mehr vergessen lassen und das musste nicht unbedingt sein.

Als wir endlich am Labor ankamen wurde Bucky direkt von zwei der Ärzte in einen eigenen Raum geführt. Um ehrlich zu sein, gab mir das ziemlich zu bedenken, aber es würde schon seinen Grund haben, wieso nur ausgebildetes Personal mit ihm im Raum war. Das hatte ich schon früh in meiner Karriere gelernt. Shuri ging mit ihrem Bruder und mir in den Nebenraum. Dort befand sich eine Glaswand, durch die man den ganzen Hauptraum gut im Blick hatte. Wahrscheinlich, damit Leute zuschauen konnten, ohne die Ärzte zu stören. Eigentlich ziemlich schlau.
"Die Neuprogrammierung wird etwas dauern, also macht es euch so lange hier gemütlich", sagte sie nur knapp und ging dann auch schon in den Hauptraum, um den Eingriff zu leiten. Ich war jedes Mal wieder über die Fähigkeiten dieses Mädchens erstaunt.
"Hat sich Captain Rogers bei euch gemeldet?", fragte da T'Challa. Ich schüttelte nur den Kopf.
"Nein. Ich habe schon mehrmals versucht, ihn zu erreichen, aber er hat noch nicht zurückgerufen. Ich gehe davon aus, dass er aktuell noch auf der Flucht vor den Behörden ist und sich daher nicht meldet", gestand ich. EIgentlich störte es mich gewaltig, dass Steve sich nie meldete. Mit jedem Tag, der verstrich, bekam ich mehr und mehr das Gefühl, dass er uns und besonders Bucky einfach zurück gelassen hatte. Ich wollte es eigentlich nicht glauben, aber er hatte noch nicht mal eine Nachricht geschrieben oder sich sonst irgendwie gemeldet damit wir immerhin wussten, dass es ihm gut ging. Einfach nichts. Und der Fakt, dass ich schon ziemlich abgeschottet von den Medien war machte die Situation nicht besser. Er hätte schon sterben können und weder Bucky noch ich hätten davon etwas gewusst, außer wir würden direkt darüber informiert. T'Challa betrachtete mich kurz.
"Ich lasse dich mit meinem Handy anrufen, vielleicht hebt er dann eher ab." Er hielt mir ein extrem modern wirkendes Smartphone hin. Ich war irgendwie nicht mal mehr überrascht. Eigentlich brauchten sie ja keine Handys, aber trotzdem hatten sie welche und die vom Rest der Welt waren nicht mal annähernd auf einem ähnlichen Stand.
ich nahm das Telefon dankend an, entschuldigte mich, und ging aus dem Raum raus. Sollte er abheben sollte da keiner mithören. Das Handy war zum Glück schon entsperrt. T'Challa hatte auch Steve's Nummer eingespeichert, was die ganze Situation für mich erleichterte. Ich klickte auf seinen Kontakt, rief ihn aber noch nicht an. Er würde sowieso nicht abheben. Einen Versuch war es wohl aber trotzdem wert. Ich atmete einmal tief durch und drückte dann auf seine Nummer. Die nächste Minute fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Die monotone Piepen des Anrufs machte mich wahnsinnig.
Plötzlich klickte es und... "Willkommen in der Sprachbox von..." War ja klar. Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht. Natürlich würde er nicht abheben. Aber wenn ich schon dabei war konnte ich ihm auch eine Nachricht hinterlassen.
"Hey, Steve, ich bins, Lilly", begann ich. Was sollte ich ihm denn überhaupt sagen? Egal. Ich sagte einfach das, was mir in dem Moment in den Sinn kam. "Bucky hat gerade seine Behandlung. Prinzessin Shuri meinte, dass sie die Gehirnwäsche mit einem Algorithmus neu programmieren kann. Was danach passiert, weiß ich jetzt noch nicht, aber ich...", ich stockte für einen Moment. "Ruf bitte an. Bucky braucht dich. Du kannst ihn doch nicht einfach so allein lassen. Ich kann dich nicht ersetzen. Ich bitte dich einfach. Lass uns irgendwie wissen, dass es dir noch gut geht." Wieder eine Pause. "Bis dann." Mit diesen Worten legte ich auf.

A Story of Winter and Water (Bucky FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt