Für einen Moment sagte keiner von uns beiden etwas. Es war diese typische, unangenehme Stille, die man einfach durchbrechen will, aber man nicht weiß, wie, ohne es noch schlimmer zu machen. Da nickte Bucky langsam. "Ich verstehe", sagte er nur, "Na dann vertraue ich dir da mal."
Ich sah ihn an. Wie durfte ich das jetzt verstehen? Dachte er etwa, dass ich etwas dagegen hatten, mit ihm hier zu sein? Oder sagte er wirklich die Wahrheit und meinte es auch so? Sein Gesichtsausdruck half mir kein bisschen weiter. Wie ich solche Situationen hasste. Mit sowas konnte ich echt nicht gut umgehen. Das hatte ich noch nie gekonnt. Um der Situation irgendwie zu entfliehen räusperte ich mich kurz. "Wollen wir schauen, wo wir was zu essen herbekommen? Ich bekomm langsam Hunger."
"Ja, klar, gute Idee", meinte er mit einem leichten Lächeln.
Puh, nochmal Glück gehabt. Gerade so noch eine noch unangenehmere Situation verhindert. Schnell stand ich auf und ging zu dem Teil der Hütte, der einer Küche am Nächsten kam. Ich hoffte einfach, dass in dem Schrank, der neben dem "Herd" stand, etwas Essbares zu finden war. Wenn nicht müssten wir wohl oder übel ins Dorf und uns erkundigen, wie und wo wir das Essen herbekommen konnten. Kurz bevor ich den Schrank öffnete schloss ich die Augen und sprach in Gedanken ein Stoßgebet aus. Ich war alles anderes als gläubig, aber ich tat es trotzdem. Zaghaft öffnete ich die Schranktür... und siehe da! Mein Gebet war erhört worden! Der Schrank war mit den verschiedensten Dingen gefüllt. Ich fand Mehl, Linsen, etwas Gemüse, aber auch ein paar getrocknete Kräuter und sogar Zucker! Das war schon mal ein gutes Zeichen. Die Vorräte würden wahrscheinlich sogar einige Zeit lang halten und außerdem gab es im See Fische, von denen mir schon vorher gesagt worden war, dass sie essbar waren. Zum ersten Mal an diesem Tag war ich wirklich erleichtert. Irgendwie ja auch traurig, aber das tat im Moment nichts zur Sache. Ich war einfach froh, dass wir schon Verpflegung da hatten.Ich schaute kurz zu Bucky. "Ich könnte uns einen Linseneintopf oder so machen. Dafür wäre alles da", schlug ich vor.
Er nickte, die vorherige Anspannung war nun auch endlich abgefallen. Ich nahm alles Nötige aus dem Schrank. Für Wasser musste ich wohl oder übel raus zum Brunnen oder zum See. Der See war näher. Und vielleicht hatte ich ja Glück und fand noch eine Fisch, der sich am Ufer aufhielt. Ich nahm einen Topf aus dem Regal neben dem Lebensmittelschrank und stellte ihn schon mal zu der Feuerstelle. "Kann ich irgendwie helfen?", kam es da plötzlich von Bucky.
Überrascht sah ich zu ihm. Irgendwie hatte ich gar nicht daran gedacht, dass er auch irgendwas machen wollen würde. Aber was konnte man mit nur einem Arm machen? Gemüse schneiden ging schwer. Aber sonst...? "Du könntest beim Wasser holen mitgehen. Vielleicht fangen wir ja auch einen Fisch, da brauche ich auf jeden Fall Hilfe", meinte ich, ein leichtes Schmunzeln auf den Lippen.
Aber ich hatte nicht gelogen. Ich war zwar das letzte Mal in der Middle School mit meinem Vater fischen gewesen, aber selbst da hatte ich es nicht geschafft, die Fische auch wirklich zu töten. Das Fangen selbst war absolut kein Problem, besonders nicht, seit sich bei mir die Mutation ausgeprägt hatte. Es lag aber hauptsächlich daran, dass ich nicht genug Kraft dazu gehabt hatte. Und Bucky war alles andere als schwach, von daher? Win-win-Situation. Er saß nicht sinnlos in der Gegend herum und ich hatte etwas Unterstützung.Bucky nickte. Er schien erleichtert darüber zu sein, helfen zu können. Er hatte davor wirklich etwas bedrückt gewirkt. Vermutlich kam er sich selbst etwas nutzlos vor, aber ich wollte keine wahllosen Annahmen treffen. Es hätte auch etwas komplett anderes gewesen sein können. Wahrscheinlich eine Mischung aus Vielem. Ich fand in einem Schrank einen Eimer, der ziemlich sicher fürs Wasserholen gedacht war. Und wenn nicht, dann hatte er jetzt diesen Sinn zugeteilt bekommen. "Gehen wir?", fragte ich Bucky, der immer noch auf dem Bett saß.
Er stand schnell auf. "Ja, klar."
Ich lächelte leicht und ging mit ihm zum See. Zum Glück war der Weg dorthin nicht weit und bald hatten wir die große Wasserfläche vor uns. Ich watete langsam ins kühle Nass, bis ich knietief im Wasser stand. Das Gefühl war unglaublich angenehm, besonders in dieser Hitze. Ich füllte den Eimer direkt mit Wasser an. Natürlich war er danach zu schwer. Was hatte ich eigentlich erwartet? Ich hätte zwar komplett ohne Eimer auch Wasser holen können, aber daran habe ich natürlich nicht gedacht. Also schleppte ich den viel zu schweren, randvollen Eimer ans Ufer und stellte ihn vor Bucky auf den Boden.
"Kannst du den bitte nehmen? Ich kann den nicht so weit tragen", bat ich ihn, dezent peinlich berührt. Ich erfüllte wohl echt das Klischee einer typischen Frau: zu schwach für körperliche Arbeiten aber perfekt für den Haushalt.
"Wollen wir nicht davor noch nach Fischen Ausschau halten?", schlug Bucky vor, sein Blick war auf eine Stelle im See gerichtet, die sich schon im tieferen Bereich befand. Ich nickte. Da fiel mir etwas ein: Bucky wusste noch nichts von der Mutation. Als ich sie das letzte Mal, was auch gleichzeitig das erste und einzige Mal war, in seiner Anwesenheit verwendet hatte, hatte er es nicht wirklich mitbekommen. Früher oder später würde ich es ihm ohnehin sagen müssen. Ich atmete tief durch. Besser jetzt als nie, sagte ich mir selbst und wandte mich wieder an Bucky."Ich möchte dir vorher noch kurz was zeigen, wenn das in Ordnung ist."
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A Story of Winter and Water (Bucky FF)
Fanfiction{Abgeschlossen} Lilly ist Ärztin. Nach außen hin wirkt sie ganz normal, vielleicht etwas schüchtern, aber das stimmt nicht. Sie birgt ein Geheimnis, an dem sie nur ihre engsten Freunde teilhaben lässt. Doch nachdem sie zur Einsatzärztin der Avengers...