Mit jedem Tag, der verging, vertraute mir Bucky mehr und mehr. Zwar wollte er mich immer noch nicht wecken, wenn er wieder mitten in der Nacht aus einem Albtraum aufwachte, aber nachdem wir herausgefunden hatten, dass es ihm half, wenn während er schlief leise Musik oder ein Hörbuch lief, ging es ihm schon etwas besser. Es war keine perfekte Lösung, aber so wachte er zumindest nicht mehr jede Nacht schweißgebadet auf. Von einen Tag auf den anderen ging so etwas sowieso nicht. Deshalb war jeder Fortschritt eine sehr willkommene Veränderung.
Nach gut zwei Wochen bekam ich einen Anruf von der Prinzessin. Ohne, dass ich überhaupt irgendetwas gemacht hatte flackerte ein Hologramm von ihr aus einer der Kimoyo-Perlen auf. Ohne zu zögern begann sie auch schon zu sprechen: "Ich habe eine Lösung gefunden, wie wir die Triggerwörter aus James' Kopf bekommen!" Sie klang so selbstzufrieden wie immer. Genauso kannte ich sie.
Die Nachricht kam trotzdem sehr überraschend. Immerhin war es eine ziemlich heikle Angelegenheit, aber ich vertraute ihr da mal. "Das ist großartig. Was hast du dir denn überlegt?", fragte ich sie interessiert.
Shuri grinste nur. "Das siehst du dann, wenn ihr hier seid. In ner halben Stunde kommt euch wer abholen, also macht euch am Besten schon mal fertig. Bis später!" Und schon verschwand das Hologramm.
Dieser Geheimniskrämerei machte mir schon irgendwie Sorgen. So schlau sie auch war, ihre Methoden konnten manchmal etwas experimentell sein und wenn sie jetzt schon so komisch reagierte konnte ihre Idee wirklich alles Mögliche sein. Aber wir hatten wohl kaum eine andere Wahl. Das hieß dann wohl packen. Also erhob ich mich von meinem Platz hinter der Hütte um Bucky bescheid zu geben, der zumindest vorhin noch auf seinem Bett gesessen hatte. Als ich aber rein ging sah ich ihn nirgendwo. Seltsam. "Bucky?" Keine Antwort.Wahrscheinlich war er in der Zwischenzeit an den See gegangen, er hatte in den letzten Wochen viel Zeit dort verbracht, was ich aber auch nachvollziehen konnte. Dann wohl auf zum See. Die Mittagssonne schien mir direkt ins Gesicht. Ich versuchte zwar, mit meiner Hand das strahlende Licht etwas abzuschirmen, aber recht viel mehr als den Boden konnte ich trotzdem nicht anschauen. Ich machte mir eine geistige Notiz, mir eine Sonnenbrille zu besorgen, wenn wir später wieder in der Hauptstadt waren. Aber immerhin kannte ich den Weg zum See schon ziemlich gut, wodurch ich ohne Probleme hinfand, trotz meines eingeschränkten Blickfeldes. Nur kurz später war ich auch schon angekommen und sah auf die große Wasserfläche. Und siehe da, Bucky stand ungefähr bis zur Hälfte seiner Oberschenkel im Wasser, mit dem Rücken zu mir. Aber da war eine kleine Sache, mit der ich absolut nicht gerechnet hatte: Er wusch sich gerade, sprich er war nackt. Komplett nackt. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mich das kalt ließ. Eher das Gegenteil. Ich konnte richtig fühlen, wie mir das Blut in den Kopf schoss. Ich hatte vielleicht schon einige Leute halbnackt durch meinen Job gesehen, aber das war etwas komplett andere. Eilig, wenn auch etwas widerwillig, sah ich weg und räusperte mich laut. "Uhm, ich habe vorhin mit Prinzessin Shuri gesprochen, sie hat was gefunden, um die Triggerwörter endlich los zu werden, wir werden bald abgeholt", rief ich etwas lauter als gewollt.
"Oh, okay", kam es nur von Bucky. Er klang ziemlich überrascht und ich konnte hören, wie er schnell ans Ufer watete. Oh Gott, wie peinlich das alles einfach war. Mein einziger Trost war, dass ich ihn nur von hinten gesehen hatte, anders wäre die Situation wohl viel schneller viel unangenehmer geworden. Ich gab ihm etwas Zeit, um sich anzuziehen bevor ich mich, immer noch mit hochrotem Kopf, zu ihm drehte. "Shuri meinte vorhin, dass in einer halben Stunde wer vorbei kommt. Also jetzt so in einer viertel Stunde." Ich erwischte mich dabei, wie mein Blick kurz nach unten wanderte. Reiß dich gefälligst zusammen und starr nicht so!, ermahnte ich mich selbst.
"Alles klar." Bucky schien das Ganze gar nicht so zu stören, wie mich. Zumindest ließ er es sich nicht anmerken, wenn dem so wäre. Er ging komplett gelassen zu mir und benahm sich so als wäre gerade nichts passiert. "Hast du schon alles gepackt?", fragte er mich noch. Ich schüttelte schnell den Kopf. "Noch nicht, ich hab nach dir gesucht"; gestand ich. Eigentlich war das ja ne ganz normale Reaktion, aber ich fühlte mich warum auch immer schuldig, dass ich noch nicht gepackt hatte. Da hatte ich mir wohl gewaltig was eingebrockt. EIgentlich hatte ich gedacht, dass ich nach so langer Zeit allein mit ihm etwas abgehärtet wäre, aber das war ganz klar nicht der Fall.Trotz dem anhaltenden Schamgefühl machte ich mich mit Bucky auf den Weg zurück zur Hütte um alles Nötige zu packen, was relativ schnell geschehen war. Nur kurz nachdem wir alles in die Reisetasche gepackt hatten landete auch schon ein Jet auf der großen freien Fläche neben der Hütte. Irgendwie war ich ja froh, dass wir jetzt nicht mehr allein waren. Es hatte die ganze Zeit ziemlich unangenehme Stille geherrscht, wobei das eigentlich allein meine Schuld gewesen war.
Auf dem Weg zur Hauptstadt war es recht ruhig im Jet nachdem die Dora Milaje, die bei uns waren, selbst nicht sehr gesprächig waren. In solchen Momenten vermisste ich echt Shuri mit ihrer großen Klappe. Während dem Flug sah ich auch immer wieder zu Bucky rüber, der die vorbeiziehende Landschaft beobachtete. Ich hätte echt gern gewusst, was in seinem Kopf vorging. Machte er sich Sorgen? Freute er sich? Oder dachte er an etwas ganz anderes? Ich konnte an seinem Gesicht nichts ablesen und genau das machte mich immer neugieriger. Genauso wie die Tatsache, dass ich keine Ahnung hatte, was die Prinzessin eigentlich genau geplant hatte. Der Tag würde wohl immer aufregender und aufregender werden. Na toll. Auf das hatte ich eigentlich keine Lust, aber viel dagegen machen konnte ich jetzt auch nicht, außer diesen Fakt zu akzeptieren. Und das musste ich wohl. Also tat ich es Bucky gleich und beobachtete die unberührte Natur, über die wir hinweg flogen.
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A Story of Winter and Water (Bucky FF)
Fanfiction{Abgeschlossen} Lilly ist Ärztin. Nach außen hin wirkt sie ganz normal, vielleicht etwas schüchtern, aber das stimmt nicht. Sie birgt ein Geheimnis, an dem sie nur ihre engsten Freunde teilhaben lässt. Doch nachdem sie zur Einsatzärztin der Avengers...