Teil 28

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Ich wachte auf, als die Strahlen der Sonne durch das kleine Fenster schienen. Das konnte nun zwei Sachen bedeuten: Entweder hatte Bucky besser geschlafen, worauf ich auch sehr hoffte, oder er war aufgewacht, hatte mich aber nicht geweckt. Das wäre weniger gut gewesen. Ich gähnte ausgiebig, setzte mich auf und sah mich nach Bucky um. Aber sein Bett war leer. Verdammt. Er war generell nicht im Haus. Eilig stand ich auf und lief nach draußen. Fast schon hektisch sah ich mich nach ihm um. Ich setzte gerade dazu an, nach ihm zu rufen, als ich ihn an die Hauswand gelehnt auffand, seine Beine hatte er angezogen und sein Blick war auf den Boden gerichtet. Eine Welle der Erleichterung überkam mich und ich atmete einmal tief durch. Vorsichtig kniete ich mich neben ihn auf den Boden, um ihn nicht zu erschrecken.
"Hey", sagte ich sanft und legte meine Hand leicht auf seinen Unterarm. Bucky reagierte erst gar nicht auf mich. Er musste wohl wirklich einen Albtraum gehabt haben.
"Hey", wiederholte ich im gleichen Tonfall wie zuvor, "Ich hatte dich doch darum gebeten, mich aufzuwecken, wenn etwas ist. Ich hab mir eben echt Sorgen gemacht, als du nicht in deinem Bett warst."
Es dauerte einen Moment, bis Bucky etwas sagte. "Wieso machst du so, als würdest du dich ernsthaft um mich sorgen? Wenn ich dich mitten in der Nacht aufwecke, nur weil ich mich im Traum an Dinge erinnere, die ich verbrochen habe. Menschen, die ich getötet habe." Seine Stimme war kühl, während sein Blick auf den Boden geheftet blieb.
"Weil das nicht du warst", sagte ich bestimmt, ohne eine Sekunde zu zögern. "Du hattest keine Kontrolle darüber, du hattest keine Chance dazu, es besser zu wissen", ich hielt einen Moment Inne, bevor ich weiter sprach, "Du bist nicht der Winter Soldier. Du bist nicht mehr an Hydra gebunden, ok? Wir arbeiten schon an einem Weg, wie dich niemand mehr unter seine Kontrolle bringen kann. Auch nicht, wenn er die Trigger-Wörter kennt. Ich verspreche es dir. Es wird dich niemand mehr benutzen, du musst nicht mehr kämpfen. Du kannst frei sein."
Meine Worte waren ruhig, aber doch eindringlich. In gewisser Weise konnte ich mich in seine Situation hinein versetzen. Natürlich hatte ich niemanden getötet oder richtige Verbrechen per se begangen, aber ich wusste genau wie es sich anfühlte, wenn man sich für etwas die Verantwortung gab, auf das man keinen Einfluss hatte. Wahrscheinlich war es mir deswegen so wichtig, ihm zu zeigen, dass seine vergangenen Taten keine Rolle für mich spielten.
Bucky schien eine Weile zu brauchen, um genau zu verarbeiten, was ich ihm einzutrichtern versuchte. Aber schlussendlich erkannte er wohl doch zumindest einen Funken Wahrheit in dem, was ich gesagt hatte, steckte, denn er nickte, wenn auch nur zögerlich. Ich tätschelte seinen Arm kurz.
"Sag mal, an was erinnerst du dich noch von früher? Irgendeine peinliche Geschichte über Steve? Ich meine, seinen Selbsterhaltungstrieb wird er nicht erst als Captain America verloren haben, oder?", fragte ich ihn grinsend, um die Stimmung etwas aufzulockern. Und natürlich, um über noch mehr Peinlichkeiten von Steve bescheid zu wissen.
Ich kannte Steve zwar erst knapp ein halbes Jahr, aber allein in dieser Zeit hatter er schon echt viel Mist gebaut, so viel musste man ehrlich zugeben. Es war immer wieder lustig, wenn man darüber nachdachte, dass er in der Öffentlichkeit ein Zeichen für Pflicht und nahezu Perfektion gewesen war, zumindest bis zu dem ganzen Debakel mit den Sokovia-Akkorden. Privat sah das Ganze aber schon wieder anders aus. Und wenn Bucky nachgab hätte ich noch mehr, mit dem ich ihn necken konnte.

Er überlegte etwas, bevor er meinte: "Nur eine Geschichte?" Ein breites Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Genau das wollte ich hören. "So viele wie möglich", antwortete ich ihm.
Bucky's Haltung wurde um einiges lockerer, als er zu erzählen begann. Es freute mich wirklich sehr, dass er auf andere Gedanken gekommen war. Außerdem konnten schöne und lustige Erinnerungen nie schaden. Der Plan hätte kaum besser laufen können.

So verbrachten wir die Zeit damit, uns Geschichten über Steve's Fehltritte zu erzählen. Wobei Bucky um einiges mehr zu bieten hatte als ich, aber das war auch logisch. Er war ja immerhin der, der ihn seit klein auf kannte. Aber ich ließ es mir trotzdem nicht nehmen, von dem einen Mal zu erzählen, wo Steve sich bei einer Mission massiv in der Entfernung zwischen ihm und einer Glasscheibe verschätzt hatte und mit ziemlich viel Wucht dagegen geknallt war. Hätte Stark den Vorfall nicht aufgezeichnet hätte er die Sache wohl geleugnet und behauptet, dass die gebrochene Nase durch einen Kampf gekommen war. Solche Erinnerungen waren immer wieder schön.

Ehe wir uns versahen war es auch schon Nachmittag und die Schatten der Bäume rund um die Hütte wurden immer länger. Und ganz nebenbei bemerkt meldete sich auch noch mein Magen. Schließlich hatte noch keiner von uns beiden seit dem Aufstehen irgendetwas gegessen. Also kümmerte ich mich schnell ums Essen, aber das hieß nicht, dass wir zu reden aufhörten. Oh nein, ganz im Gegenteil sogar. Und somit verstrich der Rest des Tages indem wir zusammen lachten und dumme Geschichten erzählten.

A Story of Winter and Water (Bucky FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt