Die Feier war kurz, aber wirklich schön. Nach Tony's Projektion waren alle hinaus zum See gegangen, um in Gedenken an unsere gefallenen Freunde ein Gesteck aus Blumen ins Wasser zu setzen. Während der Zeremonie stand ich etwas abseits der anderen, aber immer noch nah genug, um alles gut sehen zu können. Meine Tochter blieb die ganze Zeit über dicht bei mir, wobei sie Morgan schon einige interessierte Blicke zugeworfen hatte.
Nachdem die grundlegenden Feierlichkeiten vorbei waren nahm ich meinen Mut zusammen und ging zu Bucky hinüber, der immer noch bei Sam stand. Die beiden schienen sich mittlerweile recht gut zu verstehen. Ein Wunder eigentlich. Rebecca war bereits zusammen mit Morgan spielen gegangen. Für den Moment war das auch besser.
Sam bemerkte mich von den beiden als erstes. "Hey Lilly. Ist schon ne Weile her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, was? Zumindest für dich", begrüßte er mich. Er versuchte die Situation wohl etwas lockerer anzugehen. Das konnte ich wirklich wertschätzen.
Bucky's Blick fiel auf mich. Ich konnte in seinen Augen genau sehen, wie sehr er von Schuldgefühlen geplagt wurde. Es war genau wie damals. Ich nickte kurz und sah dann Bucky an.
"Können wir kurz unter vier Augen reden? Ich denke, dass wir einiges aufzuholen haben", meinte ich. Ich musste mich wirklich beherrschen, ihm nicht einfach um den Hals zu fallen.
"Gern", antwortete Bucky. Wir gingen etwas weiter von der Gruppe weg, um in Ruhe sprechen zu können. Ich merkte, dass Bucky extrem angespannt war. Er hatte Rebecca mit Sicherheit gesehen. Ich wollte mir aber für den Moment nicht vorstellen, was er von mir dachte.
"Es hat sich in den letzten Jahren wohl echt viel verändert", begann er. Er wich meinem Blick etwas aus.
"Ja, das stimmt. Und es gibt so viel, was ich dir sagen möchte." Er sah mich an, mied jedoch einen direkten Blickkontakt.
"Wie ich sehe hast du eine Tochter? Dein Mann kann sich wirklich glücklich schätzen, jemanden wie dich gefunden zu haben." Da war es. Die Aussage, mit der ich gerechnet hatte. Ich atmete tief durch und schüttelte den Kopf. Er sah mich verwirrt an.
"Ich bin nicht verheiratet. Ich war die letzten viereinhalb Jahre alleinerziehende Mutter", ich sah ihm direkt in die Augen, bevor ich fortfuhr, "Seit dir hatte ich keine Beziehung mehr. Ich hätte das auch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren können. Vielleicht hatte ich insgeheim gehofft, dass du irgendwann zurück kommen würdest."
"Du hast all die Jahre gewartet?", fragte er ungläubig. "Was hättest du gemacht, wenn es nicht geklappt hätte und ich nie zurückgekommen wäre?" Ich zuckte meine Schultern.
"Dann wäre ich für den Rest meines Lebens single geblieben", erklärte ich, ohne einen Moment zu zögern. Die Antwort kam offensichtlich überraschend für Bucky. Er hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass ich so sehr an ihm hing. Doch statt auf eine Antwort von ihm zu warten umarmte ich ihn und vergrub mein Gesicht an seiner Brust.
"ich habe dich so vermisste", murmelte ich, während ich mich bemühte, nicht einfach los zu weinen. Er schloss seine Arme um mich und gab mir einen Kuss auf den Kopf.
"Ich lasse dich nicht mehr allein. Das verspreche ich dir", flüsterte er. Genau das wollte ich hören. Wir hielten uns für eine Weile einfach nur in den Armen. Als wir die Umarmung lösten streckte ich mich kurz und küsste ihn.
"Es wird Zeit, dass du deine Tochter kennen lernst." Er erwiderte den Kuss und lächelte. WIe sehr ich dieses Lächeln vermisst hatte. Ich wischte mir noch kurz eine Träne von der Wange, bevor ich nach meiner Tochter rief. Sie kam sofort zu uns gelaufen. Ich nahm sie auf den Arm und drehte mich so, dass sie Bucky gute sehen konnte, ohne ohren Kopf sehr verdrehen zu müssen.
"Mummy, wer ist das?", fragte sie mich unschuldig, während sie Bucky kritisch beäugte.
"Das ist dein Dad", erklärte ich schmunzelnd, "Ich hab dir schon ganz viel von ihm erzählt." Das schien sie noch nicht ganz überzeugt zu haben.
"Aber du hast gesagt er ist zu Staub geworden", behauptete sie. Darauf hin musste Bucky lachen.
"Da hat sie recht. Aber dank dem großen grünen Kerl sind wir alle wieder zurück gekommen", erklärte er grinsend. Rebecca legten ihren Kopf etwas schief.
"Begrüß ihn doch zumindest richtig, Rebecca." Bucky sah mich überrascht an.
"Rebecca?" Ich nickte.
"Nach deiner Schwester. Ich hab sie zwar nie kennengelernt, aber du hast echt gern von ihr erzählt, da dachte ich, dass das der einzige Name war, der passen würde." Er hatte nicht damit gerechnet, dass ich mir alles, oder zumindest einen Großteil davon gemerkt hatte, was er mir immer erzählt hatte.Ich setzte meine Tochter ab, damit sie in ihrem eigenen Tempo handeln konnte. Erzwingen wollte ich dann doch nichts. Bucky kniete sich auf den Boden und hielt ihr seine Hand hin. Rebecca zögerte einen Moment, gab ihm dann aber ihre.
"Hallo", murmelte sie etwas unverständlich, ich nahm es ihr in dem Moment aber nicht übel. Bucky war vielleicht ihr Vater, aber trotzdem ein Fremder. Wobei ich mir sicher war, dass sich die Beziehung zwischen den beiden schnell bessern würde. Nach der Begrüßung lief sie direkt zu Morgan zurück, die mit ihrer Mutter wartete. Bucky und ich blickten ihr nach.
"Sie ist wirklich süß", meinte er.
"Das ist sie. Sie kommt ganz nach dir." Bucky dachte für einen Moment nach.
"Denkst du, dass sie mich irgendwann akzeptiert?" Die Sorge in seiner Stimme war deutlich zu hören. Ich gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange.
"Ganz bestimmt. Sie muss dich nur kennen lernen, das ist alles", erwiderte ich lächelnd. Bucky sah auf einmal so aus, als würde er gleich zu weinen beginnen. Ich nahm seine Hände und drückte sie sanft.
"Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals wieder eine Familie hätte, geschweige denn Kinder. Besonders nicht nach... du weißt schon", gestand er.
"Aber das hast du jetzt. Und das wirst du auch nicht mehr verlieren. Von jetzt an kann es nur noch besser werden", versprach ich ihm. Und ich sollte damit auch Recht behalten.
DU LIEST GERADE
A Story of Winter and Water (Bucky FF)
Fanfiction{Abgeschlossen} Lilly ist Ärztin. Nach außen hin wirkt sie ganz normal, vielleicht etwas schüchtern, aber das stimmt nicht. Sie birgt ein Geheimnis, an dem sie nur ihre engsten Freunde teilhaben lässt. Doch nachdem sie zur Einsatzärztin der Avengers...