Teil 21

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Ich saß während dem Flug gegenüber von Bucky. Er trug, wie ich, bereits die neue Kleidung. Der Stumpf seines Armes war durch eine Art Schlinge verdeckt, die man wohl mit einer Art Babytuch vergleichen konnte, nur eben um seine Schulter, nicht vor der Brust. Die Sachen standen ihm wirklich gut, obwohl es im Grunde genommen nicht mehr, als nur eine Art Toga war. Das machte für mich aber keinen Unterschied. Er sah aber auch in so gut wie allem gut aus. Irgendwie schämte ich mich ja dafür, wie oberflächlich ich da dachte. Man sagt zwar immer, dass nur der Charakter zählt, aber das stimmt nicht. Es muss beides stimmen, damit man sich zu jemandem hingezogen fühlt. Aussehen und Charakter. Und genau das hatte ich in Bucky gefunden, obwohl ich mir das nicht eingestehen wollte. Außerdem musste ich ihn immer noch etwas besser kennen lernen. Die kurze Zeit, die ich ihn bis jetzt gekannt hatte, reichte auf keinen Fall aus, um ein vollständiges Bild von ihm zu haben. Und trotzdem. Er zog mich an. Es hätte zwar genauso der Beschützerinstinkt in mir sein können, der ihm helfen wollte, aber das würde sich anders anfühlen als das, was ich in diesen Momenten verspürte. Diese Realisation wurde immer stärker, je länger wir flogen.

Die Reise dauerte gefühlte Stunden, aber gleichzeitig schien sie wie im Flug zu vergehen. Es war eigenartig und unlogisch, aber irgendwie nahm ich beide Versionen war. Als wir landeten ging alles sehr schnell. Wir wurden vom gesamten Dorf empfangen. Die Kinder sahen Bucky und mich interessiert an. Natürlich, sie hatten wohl noch nie Weiße gesehen, ich konnte ihnen also die Blicke nicht übel nehmen. Trotzdem waren sie auch unangenehm. Ich stand nicht gern im Mittelpunkt. Die Leute tuschelten kurz, ich konnte nicht mehr als einzelne Wortfetzen verstehen, die absolut keinen Sinn ergaben. Großartig. Dadurch wurde mir das Ganze nur noch unangenehmer. Das Oberhaupt trat vor die Menschenmenge und begann zu sprechen. Ich verstand nicht alles, aber grundsätzlich erklärte er den Dorfbewohnern, dass Bucky und ich für eine unbestimmte Zeit bei ihnen leben würden und genauso wie sie arbeiten und im Dorf helfen würden, wobei Bucky erst noch weniger machen sollte. Als er sagte, dass sie uns willkommen heißen sollen jubelten die Leute kurz. Sie schienen sich trotz der anfänglichen Argwohn darüber zu freuen, weitere helfende Hände im Dorf zu haben. Eine Frau kam auf uns beide zu. Sie wirkte schon etwas älter, aber dennoch äußerst fit. Sie bedeutet uns, ihr zu folgen. Wohin sagte sie nicht, aber ich vermutete, dass sie uns die Hütten zeigen würde. Oder besser gesagt unsere Hütte. Bucky und ich sollten uns eine teilen. Einerseits war es logisch, da ich ja auch seinen mentalen Fortschritt überwachen sollte, während Prinzessin Shuri nach einer schnelleren und vor allem sichereren Lösung forschte, wie Hydras Gehirnwäsche aus Buckys Kopf entfernt werden könnte. Andererseits hieß das auch, dass ich immer nah bei ihm wäre. Sehr nah. Ob das nun gut oder schlecht war war eine ganz andere Frage, die ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu beantworten wagte.

Die Hütte war klein, so etwas wie einen Herd gab es nicht wirklich, von einem richtigen Bad ganz zu schweigen. Außerdem lag sie etwas von den anderen entfernt, vermutlich um mehr Ruhe zu sichern. Aber es gab einen größeren See in der Nähe, das war zumindest ein kleiner Trost. Es würde wohl eine Weile dauern, bis ich mich an alles gewöhnt hatte, aber das war zu erwarten gewesen. Unbekannte Umgebung mit unbekannten Leuten, die eine Sprache sprachen, die ich trotz Training nur schwer verstand. Und ich hatte gedacht, dass ich Xhosa zumindest einigermaßen akzeptabel beherrschte. Denkste. Die Frau, die uns zur Hütte gebracht hatte, verabschiedete sich noch kurz von uns und verschwand anschließend direkt.

Ich stellte meine Tasche neben eins der beiden Betten. Mit einem tiefen Seufzer ließ ich mich auf das Bett plumpsen. Die Matratzen waren zu meinem Erstaunen unglaublich weich. Um ehrlich zu sein hatte ich die Befürchtung gehabt, dass wir auf einfachen Matten oder sogar dem Boden schlafen mussten. Ein Glück, dass dem nicht so war. Bucky setzte sich auf das andere Bett, mir gegenüber. "Lilly?""Mh?", ich sah zu ihm."Stimmt etwas nicht? Möchtest du doch nicht mehr hier sein?"Seine Frage überraschte mich. Kurz wusste ich nicht, was ich darauf sagen sollte. "Was? Wieso sollte ich das nicht wollen? Wie kommst du auf die Idee?" Meine Antwort klang genervter, als ich gewollt hatte. Verdammt."Du bist die ganze Zeit schon so angespannt. Siehst dich um und hast einen Blick drauf, als würdest du am Liebsten schnurstracks zurück in die Hauptstadt wollen." Er klang besorgt und irgendwie auch verletzt. Na großartig. Hastig schüttelte ich den Kopf. "Nein, das verstehst du falsch. Ich... ich denke ich bin einfach nur nervös. Immerhin ist das jetzt ein komplett anderes Leben für mich. So abseits, ohne Dusche, ohne richtigen Herd. Mitten in der Natur." Leise fügte ich noch hinzu: "Nur wir beide, allein."

A Story of Winter and Water (Bucky FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt