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"Oh Gott!" erschrocken hielt ich mir mit beiden Händen den Mund zu.

Hatte ich meinen Chef so eben einen blöden Penner genannt? Nein, so war es nicht gemeint und doch hatte ich es getan.
Ich schloss meine Augen. Ich konnte ihm jetzt nicht in die Augen sehen - ich bezweifelte, dies überhaupt jemals wieder tun zu können. Leider funktionierte dieses "ich seh dich nicht, da siehst du mich auch nicht"- Spiel nicht.

Dies hier war mein Todesurteil, dessen war ich mir sicher. Ich spürte ein Rauschen in meinen Ohren und das Zittern in meinen Beinen.
Ich widerstand der Idee, einfach wegzurennen und nie wieder zurückzukehren. Eventuell würde ich mich ja auch jeden Moment in Luft auflösen?

"Haben Sie mich gerade einen blöden Penner genannt?" Er prustete laut los. In seiner Stimme war kein Anflug von Verärgerung zu hören - ganz im Gegenteil.
Ich wartete, bis sein herzhaftes Lachen fast vollständig verstummte, ehe ich vorsichtig meine Augen öffnete, um in sein Gesicht zu sehen. Seine Augenbrauen waren belustigt hochgezogen und sein Lächeln war so verschmitzt, dass mein Herz wild gegen meine Brust schlug.
Dieser Anblick brachte mich zum dahinschmelzen. Diese eiskalten blauen Augen, wirkten nun gar nicht mehr so eiskalt. Er sah aus, als hätte ich ihm einen guten Witz erzählt. Und gerade als ich anfingen wollte, zu träumen, da fiel mir das Geschehene wieder ein.

"Oh Gott, es.. e-es tut mir leid." Eigentlich hatte ich noch mehr sagen wollen, aber meine Stimme drohte zu versagen und so gab ich einfach auf. Ich lies meinen Kopf in die Hände sinken und versuchte meine wilden Gedanken zu sortieren. 'Bitte lass mich das hier nur träumen' flehte ich innerlich.

"Eigentlich müssten Sie sich bei mir entschuldigen und nicht bei ihm." Ich blickte zu ihm auf: Er bemühte sich um eine finstere Miene, aber sein Gesicht verriet ihn sofort - er fand das Ganze allem Anschein nach noch immer wahnsinnig witzig.
Nervös verlagerte ich mein Gewicht abwechselnd von meinem einen Bein auf das andere. Mich hätte seine Belustigung und seine Gelassenheit beruhigen können, aber ich traute dem allem nicht. Wieso reagierte er so gelassen?

Ich stieß einen leisen verzweifelten Seufzer aus und mein Kopf sank zurück in meine Hände.
"Wissen Sie, Frau Lovett? Ich bevorzuge dann doch den Namen Lucifer." Er griff nach meinen Händen und es war wie beim ersten Mal: Ich spürte etwas, dass mir wie ein zarter Stromschlag vorkam, der meinen kompletten Körper durchfuhr und dabei überall ein sanftes Kribbeln hinterlies. Ich spürte eine angenehme Hitze in mir aufsteigen.

Lucifer zuckte, genau wie ich, augenblicklich zurück. Seine weit aufgerissenen Augen durchbohrten mich mit ihrem Blick und von da an wusste ich, dass es ihm genauso ging.
"Wer sind Sie?" murmelte er so leise, dass ich mir noch nichteinmal sicher war, ob er es wirklich gesagt hatte.

Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte und so entschied ich mich dafür, ihm ganz unschuldig seine Frage zu beantworten.
"Alba." Den starken Drang ihn wieder zu berühren, schob ich dabei weit nach hinten.
"Alba." wiederholte er und in seiner Stimme lag ein merkwürdiger Unterton.

Lucifer fuhr mich direkt bis zu meiner Haustür. Geschickt parkte er sein Auto ohne Probleme in eine viel zu klein wirkende Parklücke.
Wieder wagte ich einen Blick. Er schien mit seinen Gedanken so weit weg zu sein, dass ich allmählich noch nervöser wurde, wenn das noch möglich war.

Dann sah ich, wie er zögernd seine rechte Hand nach mir ausstreckte, aber dann doch innehielt und sie langsam wieder zurück zog.
"Bitte nicht." sagte er ruhig.
Zunächst wusste ich nicht, weshalb er dies zu mir sagte, bis ich bemerkte, dass ich mir nervös auf meine Unterlippe biss. War das gemeint?

Nach einigen weiteren Minuten des Schweigens, unterbrach er die Stille.
"Woher kommst du, Alba?" Doch es klang so gar nicht beiläufig. Eher wie in einem Verhör - als hätte er mich auf frischer Tat ertappt.
Ich erzählte ihm von meiner Heimat und tatsächlich kannte er diesen Ort, den ich zu vergessen versuchte. Bisher stellte dies kein Problem dar. Ich hatte noch keinen Menschen getroffen, der nicht von diesem Fleck kam und auch nur von ihm gehört hatte. Bei Lucifer war das natürlich nicht so.

"Und was führte dich gerade hier her?" wieder lag ein eigenartiger Unterton in seiner Stimme, den ich leider nicht deuten konnte. Ich versuchte es zu ignorieren, denn wohlmöglich bildete ich es mir nur ein. Aber das komische Gefühl im Magen, lies sich nur schwer täuschen.
"Nun." ich suchte nach den richtigen Worten. Dabei war ich auch bedacht, nicht zu viel zu verraten. "Meine Eltern und ich kamen nicht wirklich.. gut miteinander aus. Es war schon immer schwierig gewesen und ich kam zu dem Entschluss, dass ich weg musste. Einfach weg, um irgendwo einen Neuanfang zu wagen und dann.. dann sah ich eure Annonce in der Zeitung." erklärte ich mit einem schwachen Schulterzucken.

"Zeitungannonce?" Sofort drehte er sein Gesicht zu mir. Unglaubwürdig schaute er mich an. "Alba, wir hatten keine Zeitungsannonce aufgegeben."

Lucifer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt