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"Was willst du?"

Knurrte Lucifer zwischen seinen fest zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich konnte den Hass, der in seiner Stimme mitschwang, so deutlich hören, dass selbst mir ganz mulmig zumute wurde.

Vorsichtig spähte ich an ihm vorbei, um zu sehen, wer uns da überhaupt unterbrochen hatte.
"Kim?!" rief ich erschrocken aus, als ich sie neben Lucifer erkannte und schnappte nach Luft. Sie stand direkt vor der Fahrertür und wartete darauf, dass Lucifer endlich das Fenster für sie öffnen würde.

Ich runzelte verwirrt die Stirn und traute meinen eigenen Augen nicht. Schnell ging ich in meinem Kopf die möglichen Gründe für ihr Auftauchen durch, doch ich konnte es mir nicht erklären.
Kim erwiderte meinen Blick, als hätte sie in eine Zitrone gebissen- und zwar allem Anschein nach in eine ziemlich saure Zitrone.
Abwechselnd wanderten ihre Augen erst zu Lucifer und dann zurück zu mir.

"Du hast es ihr nicht gesagt?" fragte sie ihn fassungslos und ignorierte meine Frage.
"Nein." erwiderte Lucifer streng und erwiderte ihren fragenden Blick mit ausdrucksloser Miene.
Kim wirkte sichtlich enttäuscht und warf einen weiteren feindseligen Blick in meine Richtung.

Die Anspannung zwischen Kim und Lucifer wuchs mit jedem Herzschlag. Inzwischen war sie nahezu greifbar!
Ich wagte es noch nicht einmal, auch nur einen einzigen Ton von mir zu geben, sondern saß still schweigend auf meinem Platz und wartete. Dabei lies ich die Beiden keine Sekunde aus den Augen.

Plötzlich konnte ich für den winzigen Bruchteil einer Sekunde beobachten, wie Kim einen Schritt zurückwich.
Ihre Augen hatten sich vor Angst weit geöffnet und ihre beiden Hände hatte sie schützend nach oben gehalten.
Lucifer selbst hatte sich aber keinen Millimeter von der Stelle gerührt. Er wirkte fast wie eine Statue und wenn wüsste ich es nicht besser, dann hätte ich schwören können, dass er noch nicht einmal atmete.

Dann, viel zu schnell, lies sie sie dann wieder sinken.
Für Außenstehende war es eventuell noch nicht einmal zu sehen gewesen.
Aber meinem durchaus wachsamen Blick entging ihre Reaktion natürlich nicht.
Ich konnte das in mir auftauchende Gefühl nicht erklären, aber es fühlte sich fast so an, als wenn mir ein Teil ihrer Unterhaltung entgangen wäre. Der blose Gedanke verschaffte mir Gänsehaut, auch wenn er noch so absurd war. Ich erklärte mich für endgültig verrückt und verwarf den Gedanken wieder.

Ich wurde schlagartig aus meinen Gedanken gerissen, als Lucifer seinen Blick auf mich richtete.
Eigentlich war ich über jeden Blick, den er mir schenkte, mehr als froh gewesen. Doch dieser war definitv nicht wie erhofft - ganz im Gegenteil!
Die Kälte seiner Augen jagten mir einen Schauer über den Rücken und ich konnte spüren, wie meine Beine zu zittern begannen.

Entschuldigend zuckte er mit seinen Schultern, wobei ich mir nicht sicher war, wofür.
Dann sah ich, wie auch Kim sich von ihrer verängstigen Starre zu lösen schien und ihren Kopf immer wieder schüttelte, als würde sie es einfach nicht wahr haben wollen.

"Ich begreife es nicht." sagte sie. "Was hat sie, was die anderen nicht haben? Du solltest nicht zulassen, dass sie eine solche Wirkung auf dich hat! Es wird nicht lange dauern, ehe jeder Bescheid weiß! Du weißt, was dann los wäre, Lucifer."

Gedankenlos schlang ich meine Arme um mich selbst, um zu verhindern, dass ich in tausend Einzelteile zerspringe.
Selbstverständlich hatte sie mit ihren Worten genau ins Schwarze getroffen und bekräftigte damit jeden meiner ohnehin schon vorhandenen Selbstzweifel.
Warum sollte sich jemand wie Lucifer für mich interessieren?

Das Lucifer keine Antwort gab, war nur die Spitze vom Eisberg und ich spürte die aufsteigenden Tränen in meinen Augen.
Eine weitere Frage und ich war mir sicher, dass ich in Tränen ausbrechen würde - das wollte ich auf keinen Fall riskieren. Weder vor Kim, noch vor ihm.

Lucifer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt