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Diese Nacht machte ich kein Auge zu, denn dafür waren meine Gedanken viel zu wirr. Sie ließen mir keine Ruhe.
Es war fast so als wollten sie mich warnen - warnen vor ihm.
Immer wieder wiederholten sie seine Worte wie eine Endlosschleife und bei jedem Mal, jagten sie mir etwas mehr Angst ein.

Es war die Art gewesen, wie er es gesagt hatte, dass ich ihm sofort und ohne jeden Zweifel, Glauben schenkte. Sein Blick war dabei so hasserfüllt gewesen, dass selbst das Funkeln in seinen Augen nichts als Bedrohung ausstrahlte.
Mich überkam der Gedanke, dass ich ihm in Zukunft lieber fern bleiben sollte. Aber konnte ich das denn?

Ich war mir sehr wohl im Klaren, wie merkwürdig das Ganze war, denn schließlich kannte ich ihn kaum. Aber von Anfang an war da etwas gewesen - etwas, das ich nicht in Worte fassen konnte.
Es war fast so, als wenn Lucifer mich magisch anzog und ganz egal wie sehr ich mich auch bemühte, ich kam einfach nicht dagegen an.

Dabei waren wir beide doch so verschieden, wie es zwei Menschen nur sein konnten. Er war der junge, gutaussehende Mann, der bereits mehr erreicht hatte, wie manch anderer in seinem Leben. Er konnte einfach alles und jede haben - dessen war er sich auch bewusst.
Und dann gab es noch mich. Was könnte ich ihm schon bieten?

Mir wurde schmerzlich bewusst, wie aussichtslos meine Schwärmereien für ihn waren. Ich musste mir eingestehen, dass ich tief im inneren auf etwas hoffte, das nie im Leben passieren würde - viel zu verschieden waren unsere Welten in denen wir lebten.

Aber wenn ich mir mein Herz schon brechen lassen sollte, dann nur von ihm.

'Stopp, Alba' ermahnte ich mich selbst.

Da fiel mir plötzlich die Sache mit der Zeitungsannonce ein.
Die einzige logische Erklärung hierfür war doch, dass jemand anderes die Annonce in Auftrag gegeben hatte. Aber wieso sollte Lucifer nichts davon wissen?
Es war Lucifer sein Unternehmen. Wenn nicht er die Annonce aufgegeben hatte - wer war es dann gewesen?

Mein Blick fiel auf den Berg von Sachen, die ich am Abend in der Bar getragen hatte.
Hanno hatte mich nach dem Vorfall nicht eine einzige Sekunde aus den Augen gelassen. Stattdessen hatte er mich ganz wie ein Gentleman nach Hause gebracht und so wie ich ankam, lies ich meine Sachen fallen und lag seitdem grübelnd in meinem Bett.

Ach, Hanno.
Er hatte sich gefühlte hundert Mal bei mir entschuldigt, aber ich selbst gab ihm natürlich keine Schuld.
Es war die des perversen Typen und am Ende war es auch meine. Ich hätte vorsichtiger sein sollen.
Bei dem bloßen Gedanken an den Abend verkrampfte sich mein ganzer Magen.

'Denk an was schönes!' und sofort kam mir Lucifer in den Sinn.
Ich schlug die Hände vor mein Gesicht.
'Nein!' stöhnte ich leise und genervt. Ich wollte doch nicht an ihn denken - am liebsten würde ich das nie wieder tun!
Ihm fern zubleiben war meine einzige Chance. Nur so konnte ich mein zerbrechliches Herz retten, ohne das es in tausend Einzelteile zerspringen würde.

Am Morgen stand Hanno grinsend vor meiner Haustür und erwartete mich bereits.
"Guten Morgen, Alba. Gut siehst du aus!" Ich lief sofort knallrot an.
Es stellte sich heraus, dass Hanno keine drei Straßen weiter wohnte und so bestand er darauf, mich von jetzt an, jeden Morgen mitzunehmen.
Ich stieg in seinen Wagen und wir fuhren los.

Als wir gerade in den Eingang der Tiefgarage fahren wollten, schnitt uns ein niegelnagelneuer BMW den Weg ab und fuhr als erster hinein. Hanno musste so stark bremsen, dass er mit einem Satz zum stehen kam und ich mich nur mit aller Mühe am Amaturenbrett abstützen konnte.
Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen, starrten wir beide dem BMW hinterher. Ich wusste sofort, wer der Fahrer dieses Wagens war.

Langsam wagte sich Hanno in die Tiefgarage und suchte sich einen Parkplatz - möglichst weit vom BMW entfernt.
"Ist das nicht Herr Morningstar?" Ungläubig, mit hochgerissenen Augenbrauen, schaute Hanno zu dem Mann, der gerade aus dem Wagen stieg. Er hatte recht: es war Lucifer.

Lucifer stieg aus seinen Wagen und würdigte uns keines Blickes. Aber da war ein leichtes, provokantes Grinsen in seinem Gesicht, dass mir der Mund vor Empörung offen stehen blieb. Dieser Penner! Und dieses mal bereute ich den Gedanken nicht sofort.
Aber meine Wut auf ihn war gut. Denn schließlich wird es mir mit Wut leichter fallen, ihm fernzubleiben.

"Kommst du?" Ich hatte ja gar nicht bemerkt, dass Hanno bereits ausgestiegen war und geduldig auf mich wartete.
Schnell eilte ich zu ihm.
"Tut mir Leid! Ich kann es einfach nicht fassen. Wie kann er dir so den Weg abgeschneiden?" Mein Entsetzen war dabei unüberhörbar. Doch Hanno schien es nicht weiter zu stören.
"Macht doch nichts." antworte er mit einem leichten Schulterzucken, ehe er sich mit einem kleinen Handzeichen verabschiedete und sich jeder von uns auf seinen Weg zum Arbeitsplatz begab.

Später am Nachmittag sollte ich ein paar Unterlagen in die Abteilung der Buchhaltung bringen.
Ich war schon fast angekommen, als ich plötzlich über etwas stolperte und mir alle Unterlagen zu Boden fielen.

"Verdammt." fluchte ich und machte mich sofort an die Arbeit, die Unterlagen wieder einzusammeln.

Als mir zwei Hände beim einsammeln halfen, schaute ich erstaunt auf.

Lucifer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt