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Raphael stand direkt vor mir und sah mich mit seinen attraktiven, dunklen Augen an. Ungewollt spürte ich, wie sich mein Puls unter seinem Blick beschleunigte.

"So, du und Lucifer."
Es war unüberhörbar, dass dies keine Frage war, sondern viel mehr eine Feststellung.
Doch es gab noch etwas anderes, was nicht zu überhören war: und zwar der schwach, aber doch vorhandene, überraschte Unterton in seiner Stimme.

Sofort schoss mir die Röte in mein Gesicht und mein Blick sank langsam zu Boden. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Am liebsten hätte ich mich in Luft aufgelöst, nur um ihm nicht zu zeigen, wie sehr es mich traf.
Doch in Wahrheit war meine einzige Möglichkeit so zu tun, als hätte ich es nicht gehört. Und vor allem, als hätte es mich nicht verletzt.

"Ja, scheint so." Es kostete mich große Mühe, nicht loszuweinen, auch wenn meine Stimme zu meiner Verblüffung erstaunlich fest war. "Ich kann es ja selbst nicht ganz verstehen." fügte ich noch leise hinzu, denn das entsprach der Wahrheit.

Sofort schüttelte er den Kopf und hielt abwehrend die Hände vor seiner Brust.
"Nein, so hatte ich das nicht gemeint, Alba. Natürlich nicht! Es wundert mich nicht, dass Lucifer einen Narren an dir gefressen hat." erklärte er schon fast beleidigt.

Ich sah verwirrt zu ihm auf, aber noch ehe ich etwas erwidern konnte, fuhr er fort:
"Viel mehr wundert es mich, dass es dir scheinbar ganz genauso geht." Er presste seine Lippen zu einer Linie zusammen und runzelte die Stirn. In diesem Moment sah er Lucifer ausgesprochen ähnlich.

"W-was willst du mir damit sagen?" hakte ich nach und Raphael lächelte verächtlich. Ich kam mir unsagbar dumm vor.
"Ich möchte dir damit sagen, dass mir durchaus bewusst ist, dass sein Aussehen im ersten Moment für euch Menschen sehr anziehend sein mag. Doch ein Mensch mit klarem Verstand kann doch unmöglich die restlichen Dinge ignorieren!"

Da traf es mich wie ein Schlag - endlich verstand ich. Und es machte mich wahnsinnig wütend.
"Halte dich da raus, Raphael!" zischte ich ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
Ich spürte, wie sich vor Wut über seine Worte meine Augen erneut mit Tränen füllten. Wieso muss ich auch immer weinen?! Fest biss ich die Zähne zusammen und kämpfte mit aller Macht dagegen an.

Raphael schien es zwar zu bemerken, aber er würde nicht aufhören. Dafür sprach sein entschlossener Blick. Langsam beugte er sich etwas zu mir vor. Sein Gesicht war meinem nun so nah, dass ich die grauen Punkte in seinen Augen erkennen konnte.

"Alba, ist dir denn nie in den Sinn gekommen, welch furchtbare Dinge er bereits getan haben könnte?" Seine Stimme war ruhig und eindringlich. Er kannte bereits die Antwort und ich konnte nicht anders, als ihn stumm zu mustern. Mein Schweigen war für ihn die Bestätigung.

"Das dachte ich mir." Er nickte zufrieden. "Du kennst sie doch auch."
Wieder sah ich ihn nur fragend an. "Diese Hitze." erklärte er mir. "Die Hitze die einen zu verschlingen droht, sobald er in der Nähe ist. Man kann weder klar denken, noch kann man richtig atmen."
Widerwillig zog ich scharf die Luft ein - ich kannte sie sogar sehr gut und er wusste das!

Doch das Raphael diese Hitze ebenfalls kannte, überraschte mich.
"Das, meine Liebe, ist nichts anderes als die Höllenhitze, die in ihm Haust. Nur nicht in ihrer vollen Macht." Er zuckte mit den Schultern.
Bei dem bloßen Gedanken an sie, kribbelte mein ganzer Körper und ich spürte, wie die Stelle mit dem Abdruck zu brennen begann.

Alles in mir schrie, ihm zu widersprechen. Aber seine Worte jagten mir Angst ein - ich musste mich zusammenreißen!
Also widerstand ich dem starken Drang, seinem intensiven Blick zu entfliehen. Stattdessen erwiderte ich ihn entschlossen.

Zu meiner Enttäuschung merkte ich schnell, dass er auf meine Antwort wartete. Er zwang mich zu einer Reaktion.
"Das ist mir egal." log ich schwach. Super, Alba.
Er hob eine seiner Augenbrauen.
"Ach, wirklich?"

Doch bevor ich erneut antworten konnte, zuckte er wieder mit den Schultern.
"Okay, wenn das so ist. Man sieht sich, Alba."
Er schenkte mir noch ein Lächeln und lief dann mit einer lässigen Handbewegung geradewegs an mir vorbei - direkt in das Bürogebäude.

Was sollte das denn?
Vorsichtig wagte ich einen schnellen Blick um die Ecke. Als ich aber keinen anderen als Lucifer erkannte, der mit Raphael sprach, zuckte ich augenblicklich zurück.

Raphael schien es mit einem Mal sehr eilig gehabt zu haben. Und überhaupt: was sollte das eben? Er wollte mich definitiv verunsichern. Doch war das überhaupt möglich? Ich liebte Lucifer, dessen war ich mir sicher.
Jedoch hatte ich mir tatsächlich noch keine allzu großen Gedanken über seine Vergangenheit gemacht.

Den weiteren Nachmittag lang konnte ich an nichts anderes denken, als an  Raphaels Worte. Sie ertönten wie in einer Endlosschleife immer und immer wieder in meinen Gedanken. Sehr zu meinem Ärger, denn genau das wollte er doch erreichen.

Die letzten Tage schien es so, als wenn Lucifer und ich uns immer näher kamen. Das war mehr als ich jemals zu träumen wagte. Ich befand mich also in meiner kleinen Traumblase. Hier gab es nur Lucifer und mich. Ganz gleich was er war oder eben nicht. Selbst die Vergangenheit war bedeutungslos.
Doch Raphael hat dies binnen weniger Sekunden zerstört.

Es klopfte.
Sofort sprang ich auf und lief zur Tür. Als ich sie öffnete schaute ich geradewegs in das schönste Gesicht, was jemals existierte - Lucifer.
"Hallo." sagte er mit rauer Stimme und legte seinen Kopf leicht schief.
Die Sorgen und Gedanken, die mich den ganzen Tag über quälten, waren verschwunden.

"Hallo." erwiderte ich leise.
Er schaute mich mit seinen eisblauen Augen an und wartete darauf, dass ich ihn herein bat.
"Magst du hereinkommen?" fragte ich, als ich verstand, warum er zögerte. Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, betrat er ohne ein Wort meine Wohnung.

"Alba, ich würde gern mit dir reden." verkündete er schließlich, ohne mich anzuschauen. Stattdessen betrachtete er irgendein Dekoteil meiner Wohnung.
"Ich auch mit dir."
Meine Worte ließen ihn aufhorchen. Sein Blick schoss zu mir und in seinen Augen lag ein irritierter Ausdruck.
"Achso?" fragte er, jedoch hatte er seinen Blick schnell wieder im Griff.

Ich nickte entschlossen. Heute würde ich auf eine Vielzahl meiner Fragen eine Antwort erhalten!

Lucifer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt