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Heute war der Tag gekommen, auf den ich so hingefiebert hatte. Es war Montagmorgen um 6:00 Uhr und ich versuchte seit einer gefühlten Ewigkeit, meine Haare zu bändigen.

Eine halbe Stunde später gelang es mir dann endlich und ich hatte sie recht zufriedenstellend hochgesteckt. Zum Glück stand mein heutiges Outifit schon seit Tagen fest, so dass dies ausnahmsweise mal kein Problem darstellte.
Meinem Zeitplan entsprechend verließ ich die Wohnung und machte mich direkt auf den Weg zur Arbeit. Ich war fest entschlossen, dieses mal auch wirklich pünktlich zu sein.

Als ich das Büro betrat, war ich tatsächlich eine halbe Stunde zu früh dran, aber das war mir egal.
Kim saß bereits gelangweilt mit einer kleinen Tasse Kaffee an ihrem Platz und erwartete mich.
"Guten Morgen, Frau Lovett" sagte sie in ihrer monotonen Stimmart.
Und mit diesen Worten begann mein erster Tag auf Arbeit.

Kim zeigte mir alles, was ich vorerst wissen musste, während ich angestrengt versuchte, mir alles möglichst gut einzuprägen.
Aber an jedem einzelnen Tag lernte ich einfach so viele neue Dinge und Gesichter kennen, dass ich mich fragte, wie ich mir um Himmelswillen das alles merken sollte.
Die erste Woche in meinem neuen Arbeitsleben verging wie im Fluge.

Das Wochenende hingegen war eine Qual! Ich fühlte mich allein und wusste nicht wohin mit mir.
Noch nie hatte ich mir einen Montag so herbei gesehnt, wie an diesem Wochenende. Ganz im Gegenteil: montags dachte ich sonst immer schon an den Freitagabend.

Das Wochenende verbrachte ich somit allein in meiner neuen Wohnung und versuchte es mir so gemütlich, wie nur möglich zu machen. Sonntagabend beendete ich meine am Freitag angefangene Serie auf Netflix und legte mich dann zeitig schlafen.

Ich war überglücklich, als ich montags endlich wieder an meinem Schreibtisch saß. Es gab mir das Gefühl nützlich zu sein.
Es war kurz vor meiner Mittagspause und ich tippte gerade ein paar neue Rechnungen in den Computer, als es plötzlich an meiner Bürotür klopfte. Etwas scheu bat ich herein.

Als die Tür dann aufging, traute ich meinen Augen nicht - es war Herr Morningstar.
"Hallo Frau Lovett. Wie ich sehe, haben Sie sich gut eingelebt." Lucifer Morningstar stand nun direkt vor mir. Seine eisblauen Augen waren auf mich gerichtet.

Ich brauchte eine kleine Weile, ehe ich antworten konnte und hoffte inständig, dass er es nicht mitbekam.
"Hallo, Herr Morningstar. Ja.. ja wirklich! Ich muss Ihnen für diese Chance nochmal danken." Ich spürte, wie ich rot anlief. Mir war mit einem Mal schrecklich warm.

"Sind die Kollegen auch nett?" Herr Morningstar lächelte zunächst. Doch wie aus dem Nichts, als hätte sich ein unsichtbarer Schalter umgelegt, erreichte dieses Lächeln seine Augen nicht mehr. Und dann war mit einem Mal nichts mehr davon übrig. Es schien ihm plötzlich gleich - als wäre meine Antwort sowieso egal.
Seine zuvor leuchtenden Augen verloren ihren Glanz.

"Nun. Ich möchte Sie nicht weiter aufhalten, Frau Lovett. Sollten Sie etwas benötigen, so zögern Sie nicht, Kim zu fragen." Und so wandte er mir den Rücken zu und verließ mit einer solchen Geschwindigkeit den Raum, dass diese Begegnung schon fast unreal wirkte.

Ich war also wieder allein, dabei hatte ich meine Antwort bereits auf der Zunge. So starrte ich noch eine kleine Weile auf genau die Stelle, wo keine Minute zuvor noch Herr Morningstar stande.
"Ja. Ja, danke der Nachfrage." Sagte ich leise zu mir.
Was war das denn?

Ich versuchte mir wirklich nicht den Kopf zu zerbrechen, aber es war schlichtweg unmöglich. Immer wieder musste ich an sein Lächeln denken und wie es plötzlich erlosch.
Was wohl der Auslöser für seinen abrupten Abgang war?

Obwohl ich sogar schon fast wütend war, schwirrte mir sein Gesicht immer wieder im Kopf umher. Ich konnte einfach nicht anders, als an ihn zu denken. Wieso stellt er mir eine Frage, um dann keine Antwort hören zu wollen?

Um meiner Grübelei ein Ende zu setzen, kam ich zu dem Entschluss, dass er einfach nur höflich sein wollte. Wahrscheinlich fühlte er sich als Chef dieser Firma gezwungen, diese Frage zu stellen - ob es ihn nun interessieren mag oder nicht.

Als ich zum Feierabend gerade das Bürogebäude verlassen wollte, musste ich feststellen, dass es ziemlich stark mit regnen begonnen hatte.
Wie sollte ich jetzt einigermaßen trocken Zuhause ankommen? Ich hatte weder ein Auto, noch hatte ich einen Schirm dabei.

Ich starrte auf den Regen und beobachtete, mit welcher Geschwindigkeit die Tropfen auf dem Boden zerbarsten.
Da hörte ich plötzlich eine Stimme direkt hinter mir. Erschrocken fuhr ich zusammen. Ich hatte nicht bemerkt, dass sich hinter mir die Tür geöffnet hatte und erst recht nicht, dass sich jemand hinter mich stellte.
"Brauchen Sie ein persönlichen Fahrdienst?" Die Stimme klang amüsiert.
Ich erschrak umso mehr, als ich erkannte, dass nicht irgend jemand hinter mir stande - sondern er.

Lucifer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt