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Ich ballte meine Hände zu Fäusten, um möglichst gut für einen Kampf gewappnet zu sein. Dabei verschaffte mir sein hoher Alkoholpegel zumindest den Hauch einer Chance.
In meinem Kopf ging ich schnell etliche Verteidigungsmöglichkeiten durch, die mir spontan einfielen. So schwer konnte das doch nicht sein! Schließlich musste man doch nur draufhauen, oder?

Wieder traf mich sein strenger Atem und mein Magen verkrampfte sich unwillkürlich.
"Lassen Sie mich in Ruhe!" zischte ich, doch als Antwort prustete der Mann nur laut los und kam weitere Schritte auf mich zu.
Als ich sah wie er seine linke Hand nach mir ausstreckte, schlug ich sie so fest ich konnte weg.

Plötzlich veränderte sich der Blick des Mannes. Er torkelte nun so nah an mich heran, packte mich dabei an den Schultern und drückte mich gegen eine Hauswand.
Natürlich versuchte ich mich zu wehren, doch er war trotz allem bei weitem viel stärker als ich.
"Na na na. Lieb sein." Nuschelte er und legte mir dabei einen seiner fetten Finger auf den Mund. Ich biss kräftig zu.

Und obwohl ich all meine Kraft zusammen nahm, schrie der Mann nichteinmal auf.
Stattdessen hielt er mir nun mit einer seiner schwitzigen Händen den Mund zu.
"Nu pass mal auf! Ich habe genug Erfahrungen mit so bissigen Ladies...mhmm." er brach ab und leckte sich langsam über die Lippen.

"Lass sie los." befahl eine mir bekannte Stimme von hinten. "SOFORT."
Lucifers Miene war gelassen, doch man sah ihm an, dass es unter der Oberfläche brodelte.
"Ach, verpiss dich doch!" winkte der Mann belustigt ab, ohne Lucifer auch nur anzusehen. "Ich glaube, dass Püppchen und ich waren gerade dabei.."
Da presste er auch schon seine Lippen auf meine.

Ich konnte es nicht halten. Seins Lippen ließen meine los und sofort musste ich mich übergeben. Oh Gott! Lass das jetzt nicht wahr sein?
Lucifer zerrte den Mann von mir weg, wirbelte ihn herum und stand nun mit dem Rücken zu mir. Beschützend hatte er sich vor mir aufgebaut.
"Das wirst du bereuen!" brüllte Lucifer rasend vor Wut. Er erhob seine Faust, um dem Mann eine zu verpassen, hielt dann aber inne und lies die Hand wieder sinken.

Als er dann sprach, war seine Stimme ebenso ruhig wie bedrohlich.
"Der Teufel wird dich holen."
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, wurde das Gesicht des Mannes kreidebleich und er stürzte nach hinten. Der Schreck stand ihm dabei ins Gesicht geschrieben.
Panisch schrie der Mann immer wieder das Wort "nein", ehe er sich aufraffen konnte und schnell davon lief.

Erschöpft lehnte ich mich zurück und drückte mein Wange, auf die kalte Hauswand. Ich konnte gar nicht glauben, was mir eben passiert war. Ich wartete darauf, dass ich jeden Moment wach wurde und aus einem Traum erwachte, doch nichts dergleichen geschah.
Lucifer atmete nocheinmal tief ein ehe er sich zu mir umdrehte. Seine nun viel dunkler wirkenden Augen wirkten so bestürzt, dass ich ihn am liebsten umarmen wollte.

Ich wollte ihn trösten und ihm sagen, dass alles okay war - doch nichts war okay. Erst jetzt spürte ich die Tränen auf meiner Wange.
Im selben Moment kam Hanno um die Ecke und als er mich so stehen sah, blieb er kurz wie angewurzelt stehen.
"Alba! Was ist denn passiert?" Jetzt kam er auf mich zu gerannt und zog mich sofort in seine Arme.
Ich erwiderte seine Umarmung dankbar, wenn auch etwas zögerlich.

So blieben wir für eine gefühlte Ewigkeit stehen, als Lucifer ein wütendes Geräusch von sich gab.
Hanno fuhr erschrocken zurück. Er hatte Lucifers Anwesenheit gar nicht bemerkt.
"Herr Morningstar?" Er starrte Lucifer mit großen verwunderten Augen an. Die Fragezeichen waren ihm ins Gesicht geschrieben.
"Sie.." begann Lucifer. "Ist es Ihnen nicht möglich, auf ihre Begleiterinnen ordnungsgemäß aufzupassen?"
Hanno konnte vor Schreck gar nicht antworten. Ich musste ihm helfen!

"Lucifer!" Ich stellte mich schützend vor Hanno. "Ich wollte ja alleine sein! Er wollte mich begleiten!" versuchte ich ihm zu erklären.
Doch Lucifers Gesicht schien ganz rot zu werden - aber vor Wut.
"Pah!" schnaubte er wütend. "Allein!" Er war ganz außer sich. "Alba, weisst du eigentlich, was ich mit Typen, wie dem, mache?" Er deutete in die Richtung, in der der eklige Mann verschwunden war.

"Wenn ich sage, der Teufel wird ihn holen, dann sei dir Gewiss: das wird er!"
Während er sprach, sah er mir tief in die Augen. Und da war ich mir sicher, dass er es ernst meinte.
Lucifer schenkte Hanno noch einen warnenden Blick, so dass dieser kaum merklich zurück wich. Und dann verließ er uns mit schnellen Schritten.
"Was war denn mit dem los?" Hanno schaute mich fragend an, doch ich war mit meinen Gedanken schon woanders.

In meinen Gedanken wiederholte ich Lucifers Worte. Er hatte gesagt 'was er eigentlich mit Typen wie dem macht' und nicht was er gern machen würde.

Lucifer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt