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"In Ordnung." Nun klang er ganz nach einem Geschäftsmann.

Seine Augen funkelten fast schon herausfordernd, als er sich mir ganz zuwandte.
Ich verdrehte die Augen und plötzlich war sein jungenhaftes Grinsen wieder da. Das war der Lucifer, den ich am liebsten hatte. Denn genau dann, schien alles so einfach zu sein.

"Ich sollte wohl lieber Platz nehmen. Sicherlich hast du eine Menge mit mir zu besprechen." Jetzt klang er ein wenig belustigt, jedoch ignorierte ich es einfach.
Anmutig lief er zu dem Sofa in meinem Wohnzimmer und nahm Platz. Bei dem Anblick musste ich leise kichern - er hätte auch gut eine dieser  perfekten Statuen aus dem alten Rom sein können. Nur das diese in diesem Moment auf meinem Sofa saß und auf mich wartete.

Nervös folgte ich ihm und setzte mich ebenfalls. Mein Herz schlug mir bis zum Hals - nein, mein ganzer Körper bebte.
Er musterte mich und beugte sich dann langsam etwas zu mir vor. Mit seinen Fingern umfasste er mein Kinn und zwang mich sanft ihn anzusehen.
"Du machst mich wirklich neugierig." verriet er mir mit rauer Stimme.

Nur war ich mir plötzlich nicht mehr ganz so sicher. Und das ich ihm jetzt in die Augen schauen musste, machte es nur umso schwieriger für mich. Wo sollte ich anfangen?
"Du zu erst." bat ich ihn schließlich.
"Nein."
"Bitte?" Ich bemühte mich um einen unschuldigen Blick. Meine Stimme war leise und flehend.

"Schön." seufzte er leicht genervt. "Ich wollte mich bei dir entschuldigen."
Da blieb mir der Mund offen stehen. Ich hatte mit einer Ansage gerechnet! Mit allem eigentlich, aber nie im Leben mit einer  Entschuldigung - und das von Lucifer höchstpersönlich. Ich ignorierte den Drang mich einmal zu kneifen und starrte ihn wortlos an.

"Du darfst den Mund wieder schließen."
Ups..
"Es- es tut mir leid. Es ist nur so, dass ich damit nicht gerechnet hatte." erklärte ich ihm immernoch verblüfft.
"Es war.." er hielt kurz inne."eventuell ein wenig überstürzt von mir, derart zu reagieren. Selbstverständlich darfst du deinen Menschenfreund besuchen, wann immer du magst." Dann kam er mit seinem Gesicht ganz nah und ich konnte seinen herrlichen Duft einatmen. "Aber nur, wenn du mich dabei nicht vergisst."

Ich war hin und weg! Mir war sehr wohl  bewusst, dass ihm dies eine große Überwindung kosten musste und das rechnete ich ihm hoch an. Überwältigt von meinen Gefühlen, schlang ich meine Arme um ihn und für den winzigen Bruchteil einer Sekunde verkrampfte er sich. Doch dann zog er mich näher an sich heran.

"Mhm.." brummte er leise.
Widerwillig löste ich mich ein wenig aus unserer innigen Umarmung, um in sein Gesicht sehen zu können. Er hatte die Augen geschlossen. Auf seinen Lippen lag ein zufriedenes Lächeln. Wie konnte man nur so unglaublich schön sein?
Obwohl 'schön' schon fast einer Beleidigung ähnelte. Es schien einfach nicht annähernd genug für ihn zu sein.

"Lucifer?" fragte ich vorsichtig.
"Alba?" Seine Stimme war rau und wahnsinnig verführerisch.
Als er seine Augen öffnete, sah ich, wie um seine Pupillen herum die Funken leidenschaftlich umher tanzten.
Oh..

Auch wenn ich dies bereits einige Male gesehen hatte, so war es doch immer wieder aufs neue faszinierend. So sehr, dass ich mit einem Schlag nicht einmal mehr wusste, was ich sagen wollte. Meine Gedanken waren wirr und mein Körper fühlte sich von ihm angezogen. Ich würde ihn jetzt so gern..

Reiß dich zusammen, Alba!
Lucifer hingegen wartete ungewohnt geduldig, bis ich meine Gedanken neu sortiert hatte. Zum Glück fiel mir mein eigentliches Ziel wieder ein und enttäuscht musste ich mich ein wenig von ihm entfernen. Aber ich hätte sonst nie im Leben standhaft bleiben können.

Ich atmete noch einmal tief durch, ehe ich endlich sprach.
"Was meinst du? Bin ich jetzt dran?" Ich sah ihn fragend an, wohlwissend das er nicht erfreut sein wird. Und tief in meinem Inneren wollte ich das genauso wenig. Aber ich würde es bereuen. Wer weiß, wann Lucifer je wieder so gelassen sein würde?

"Sicher, dass du jetzt lieber reden möchtest?" fragte er leise und  wahnsinnig verführerisch. Das Feuer in seinen Augen wuchs sichtbar.
Ich fühlte mich wie benebelt. Doch nicht nur das - mir wurde unsagbar heiß.

Am liebsten würde ich mich jetzt auf ihn stürzen und..
"Lucifer!" ermahnte ich ihn schnaufend und mit einem Schlag war alles vorbei.
Sowohl die Hitze als auch das Feuer in seinen Augen. Als hätte es sie nie gegeben.
"Dann nicht." sagte er beleidigt.
"Doch!" rief ich sofort. "Aber es ist nicht fair von dir und das weißt du auch!" Schmollend sah ich ihn an.

Er musterte mich kurz und nickte schließlich.
"Lasset die Fragestunde beginnen." verkündete er gespielt feierlich und verschränkte seine Arme ineinander.
Wäre ich nicht so furchtbar nervös gewesen, dann hätte ich sogar lachen müssen. Aber ich war wirklich sehr nervös. Wo sollte ich bloß anfangen?

Während ich versuchte, meine vielen Gedanken zu sortieren, wurde Lucifer von Sekunde zu Sekunde ungeduldiger. Wo war die Geduld von eben geblieben?
Ich spürte seinen Blick, was das ganze nur verschlimmerte.
"Du machst mich nervös." erklärte ich schulterzuckend.

Mit einem breiten Grinsen lehnte er sich zurück und schloss die Augen.
"Besser?" fragte er amüsiert. Die Augen hielt er weiterhin geschlossen.
Diese kleine Reaktion machte mich unsagbar glücklich. Es schien alles ganz normal - als wären wir normal.

"Besser!" kicherte ich aus vollem Halse, dann wartete er stumm. Ich räusperte mich, um wieder ernst zu werden.
"Du bist.." begann ich, doch dann hielt ich inne.
"..Lucifer." fuhr er für mich fort.
"Richtig."
Oh man. Das war viel schwieriger als gedacht. Ich hatte unendlich viele Fragen, doch ich fürchtete mich auch vor seinen Antworten.

Dann stellte ich ihm die erste Frage, die mir in den Sinn kam.
"Woher wusstest du, dass ich in diesem Park war?"
Ich hatte bereits einige Vermutungen aufgestellt, doch sicher war ich mir nicht.

"Das soll deine erste Frage sein?"
Er seufzte. Ihm wurde wohl bewusst, dass das spielerische nun tatsächlich vorbei war und es jetzt an der Zeit war, meine Fragen zu beantworten.
Ich sah zu ihm. Noch immer waren seine Augen geschlossen und man könnte meinen, er würde seelenruhig schlafen.

"Mhm." brummte er. "Eigenartig, dass ich das jemanden mal erklären muss. Bitte verstehe ich mich nicht falsch, Alba. Aber dies ist tatsächlich das erste Mal." erklärte er nachdenklich.
Ich schürzte die Lippen. Wohlmöglich konnte ich ihn sogar verstehen. Niemand wusste, wer er tatsächlich war. Und wenn doch, dann sind sie Bestens im Bilde.

"Wenn jemand an mich denkt" so begann er schließlich. "dann spüre ich das. Es ist so, als wenn ich seine Stimme in meinem Kopf höre."
Mir blieb der Mund offen stehen.
"Immer?" rief ich ungläubig.
"Nein, nicht immer. Es muss ein sehr intensiver Gedanke sein oder aber wenn man gezielt in seinen Gedanken zu mir spricht."

Da fiel mir sofort die Situation von heute ein.
"Ich habe heute Raphael getroffen. Er fing an, über.. naja uns.. zu sprechen. Konntest du dies ebenfalls hören?" Bei dem Gedanken wurde ich rot.

"Ja, aber keine Sorge, es war nur sehr wage. Raphael kennt mich gut genug."
"Oh." Es war so verrückt.
"Ich weiß zwar nicht, was ihr genau miteinander gesprochen habt. Aber es würde mich sehr interessieren." Das war der Moment, wo er seine Augen wieder öffnete. Neugierig schauten sie mich an.

Doch ich war mit meinen Gedanken woanders. Daher hatte es Raphael so eilig. Natürlich weiß er genau über Lucifer Bescheid und somit auch, was es bedeutet, wenn er über ihn spricht. Mit Sicherheit musste er geahnt haben, dass Lucifer zu uns stoßen würde.

Es war sehr schwer, das alles zu begreifen. Doch ich wusste, dass ich es verstehen musste, um mit Lucifer zusammen sein zu können.

Lucifer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt