DeuxMacina-Gottesmaschinen

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Kapitel 11
Violets Herz raste noch immer, ihr Verstand versuchte alles, was sie in den letzten Minuten erlebt hatte zu verarbeiten. Es mit dem Ding vor dem Auto und der Beerdigung ihres Vaters in Einklang zu bringen und scheiterte kläglich. Sie bemerkte nicht einmal den Moment, als sie anfing lautlos zu weinen, sondern begriff erst, dass etwas nicht stimmte als ihr Zittern so heftig wurde, dass ihre Knie weich wurden und sie sich auf die Couch zurückfallen ließ. Heiße, blutige Tränen landeten auf ihre Hand, die nun genauso aussah wie davor und noch immer konnte sie es nicht wirklich erfassen.
DeuxMacina, Vampire, Gefährten und dieses Buch. Es war zufiel. Es war zu unfassbar und Violet, die sich nie ihrem Selbstmitleid ergeben hatte oder irgendwie ins Wanken kam, hatte das Gefühl einen Nervenzusammenbruch zu erleiden.
Sie zitterte, sie weinte und konzentrierte sich einzig und alleine auf ihre Atmung. Wie lange sie da saß und auf ihre Hand starrte, wusste sie nicht. Aber als Nicolas sich vor sie hockte und versuchte ein Blick auf ihr Gesicht zu erhaschen, drehte sie sich instinktiv weg. Sie wollte nicht, dass irgendwer sie weinen sah. Sie wollte nicht bemitleidet werden, nicht hilflos sein. Aber diese Welt machte es ihr schwer so taff und bitterböse sarkastisch zu sein, wie es eigentlich ihre Art war.
„Violet?", fragte Nicolas vorsichtig und strich ihre schwarzen Haare beiseite und versuchte sie wieder anzusehen. Sie schlug seine Hand weg, zog ihre Beine auf die Sitzfläche und ihre Knie an die Brust um sich zu schützen. Oder vielleicht einfach nur um sich zusammen zu halten. Nicht auszurasten, nicht komplett vor diesen Mann zusammen zu brechen.
„Du hast sicher tausende Fragen.", sagte er und Violet schüttelte nur heftig den Kopf. Ja, sie hatte Fragen, aber sie war nicht dazu in der Lage sie zu formulieren oder die Antwort darauf zu verstehen. Sie brauchte jetzt einfach nur Ruhe, einen Moment für sich, einen Moment...
Sie spürte ein Gewicht neben sich auf der Sitzfläche und als sie hinsah, hätte sie fast das ganze Haus zusammen geschrien. Das Malus. Es war... Einfach neben ihr aufgetaucht. Wieder rutschte Violet panisch weg und sie hörte noch wie Nicolas ergebend fluchte und nach etwas griff, um es zu bedecken, bevor er es berührte.
Er legte es auf den Tisch zu den anderen unzähligen Büchern und kam dann wieder zu Violet zurück.
„Wie jede DeuxMacina hat es quasi seinen eigenen Willen und ich befürchte, dass es in deiner Nähe sein will." Er sagte das lässig, fast schon ergebend und vielleicht auch etwas genervt. Dann setzte er sich neben sie und versuchte ihr beruhigend über den Arm zu streichen. Violet ließ es zu und beobachtete das Buch mit weit aufgerissenen Augen und panisch flatternden Herzen. Sie würde es sicher nicht aus den Augen lassen, damit es einfach wieder irgendwo in ihre Nähe auftauchen kann.
„Es will mich umbringen." Und zum ersten Mal ,nach einer verdammt langen Zeit, kam ihr dieser Gedanke fast tröstlich vor. Sie hatte oft versucht sich umzubringen und es hatte nie funktioniert. Sie wachte immer wieder einfach auf, als wäre nichts gewesen. Doch dieses Buch konnte sie anscheinend tatsächlich töten und plötzlich schien es weniger beängstigend zu sein als noch davor. Es wäre ein qualvoller tot, aber ein Tod. Ein Ausweg.
„Das kann ich so nicht bestätigen. Es ist nicht nur böse, auch wenn der Name etwas anderes impliziert. Wenn ich genauer darüber nachdenke glaube ich nicht, dass es dich tatsächlich töten wollte. Du hast dir die Ohren zugehalten. Was hat es gesagt?"
Violet riss ihren Kopf zu ihm herum. Nicolas saß so nahe bei ihr, dass ihre Füße seine Beine berührten und er hatte einen Arm hinter ihr auf die Lehne gelegt. Wann war er ihr so nahe auf die Pelle gerückt und wie erklärte sie ihm höflich, dass er es bleiben lassen soll?
„Es hat mich angeschrien, gesummt und geknurrt. Ich würde das nicht als reden bezeichnen. Es war Lärm, sonst nichts." Aber dafür hatte sich während ihres kleinen Blackouts etwas anders angehört. Es war ihr zuvor gar nicht aufgefallen, aber sie war sich sehr sicher, dass sie vollkommen weggetreten war und nichts hätte hören können. Aber das hatte sie. Ihn. Nicolas. Aber sie war sich sicher, dass er es nicht ausgesprochen hatte. Dafür war seine Stimme zu klar gewesen, zu sehr in ihr drin, sofern diese Beschreibung irgendeinen Sinn ergab. Sie war sich sicher seine Gedanken gehört zu haben. Wieder etwas, das tausende Fragen aufwarf, aber sie schob sie beiseite. Wenn sie nicht zusammenbrechen wollte, musste sie sich auf etwas konzentrieren und so sehr sie es auch hasste: Dieses Gespräch half dabei.
Nicolas nickte bei ihrer Erläuterung etwas enttäuscht.
„Da wir es nicht davon abhalten können, hier her zu kommen, würde ich sagen, wir befolgen Sofias Rat: Ignorieren und nicht anfassen."
„Was hast du auf meinen Arm gedrückt, damit es mich nicht weiter aussaugt?", fragte Violet plötzlich. Sie wollte dieses Gesprächsfaden nicht abklingen lassen. Sie brauchte diesen Halt.
„Menschenhaut, gegerbt und gebleicht." Violet wurde blass. Sie spürte regelrecht, wie ihr das Blut aus dem Gesicht floss und ihr Magen begann zu rebellieren. Doch da legte Nicolas plötzlich seine Hand in ihren Nacken und begann damit sie mit einer Hand zu massieren.
„Ganz ruhig und tief durchatmen. Die Seiten des Malus bestehen daraus, als es begann dich auszusaugen, hat es gleichzeitig damit angefangen dich zu „beschreiben". Es sind Symbole auf deiner Hand erschienen die immer den Weg des geringsten Wiederstandes gehen. Wie Strom. Biete ihm eine bessere Leitung an und der Strom geht in diese Richtung. Es hat darauf weitergeschrieben, bis wieder alles aus dir heraus war, dann hat, dass Malus es sich hinzugefügt.
Violet dachte daran, wie Nicolas die Seite weggeworfen hatte und das Malus sie sich geschnappt und mit ihr zusammen gegen die Wand geknallt ist. Sie wagte wieder ein Blick in Richtung des Buches. Es lag noch immer unter dem Stück Stoff. Es war nicht unbedingt eine Schwarte aber auch nicht gerade dünn. Sie fragte sich wie viele Seiten es wohl schon hatte.
„Was sind das für Symbole gewesen?", fragte sie, nun tatsächlich neugierig. Nicolas hörte auf sie zu massieren und Violet vermisste seien Berührung sofort.
„Das weiß niemand. Die Sprache ist unbekannt und da niemand es sich wagt es anzufassen, ist es schwer sie zu entziffern. Nur in solchen Moment hat man die Gelegenheit diese Zeichen zu Gesicht zu bekommen und es gibt nur wenige, die diese Eindrücke woanders festgehalten haben. Sie ähnelt der Keilschrift aber im Großen und Ganzen ist das Buch so mysteriös, wie alle DeuxMacinas."
„Es gibt noch mehr von diesen Büchern?", fragte Violet. Nicolas schüttelte den Kopf, offensichtlich froh darüber dass sie aufgehört hatte zu zittern. Violet fuhr sich mit dem Ärmel über ihre mittlerweile trockenen Wangen, weil das getrocknete Blut auf ihrer Haut juckte. Nicolas beobachtete ihr tun eine Weile bevor er sich erhob, sich einen feuchten Lappen holte und wieder neben sie setzte. Sie wollte ihn gerade dankbar annehmen, als Nicolas selbst damit begann ihr Gesicht zu waschen. Er beugte sich zu ihr, drückt das feuchte Tuch auf ihre Wange und begann zu erzählen.
„Nein. Jede DeuxMacina ist anders. Es sind meistens Gegenstände, die auch ihre Form wechseln können. Sie sind nicht von Menschenhand erschaffen und flüstern ihren Opfern und Besitzern Dinge ein. Sie scheinen Geschichtsträchtig zu sein und irgendwie schon immer existiert zu haben. Manche von ihnen sind gefährlich wie das Malus, andere nur Ziergegenstände wie Sofias Kette."
„Sie hat eine DeuxMacina als Kette?" Nicolas nickte und rieb weiter konzentriert über ihre Wangen. Für einen kurzen Moment wollte sie in seiner Zärtlichkeit schwelgen, aber dann sprach Nicolas weiter und seien Ausführung wahr einfach zu interessant.
„Sie hat Marie Antonietta gehört, Kleopatra und wir haben bestätigte Berichte der alten Sumera, dass ein König ebenfalls eine flüsternde Kette besaß." Wow.
„Und so etwas trägt Sofia einfach um ihren Hals?"
„Sie ist nicht so prachtvoll wie du sie dir vorstellst. Sie passt sich den Zeiten an. Als Sofia sie anlegte, war sein ein simples Holz-Kreuz an einer Schnur. Momentan ist es ein silbernes Medaillon in Form eines Fächers."
„Die ihr zuflüstert", hackte Violet nach. Nicolas nickte.
„Ich habe es nie gehört. Sofia selbst hört es nur selten. Das Malus scheint gesprächiger, wenn auch nur zu bestimmten Personen. Van Gogh behauptete, er habe sich ein Ohr ageschnitten um das Gerede seines Kalenders nicht hören zu müssen."
Oh mein Gott. Das Malus war einmal der Kalender von Vincent van Gogh gewesen. Violet war sprachlos, doch Nicolas lächelte sarkastisch, bevor er sprach.
„Und dass es Mose mit seinem Genesis nicht gutgetan hat, wissen wir spätestens, seit es von der jüdischen Tora in die Bibel übernommen wurde."
Violet zuckte zurück und sah ihn eindringlich an. Sie glaubte sich verhört zu haben.
„Moment. Was hast du gesagt? Moses? Der Moses?" Nicolas nickte.
„Er bekam eine Tafel mit Geboten darauf und hörte Stimmen, was glaubst du wohl?" Das war unfassbar. „Man nannte sie deswegen auch heilige Gegenstände oder Gottes Gegenstände, aber sie haben nichts Göttliches an sich. Der Name ist in seinem Ursprung dennoch geblieben Deux, bedeutet Gottheit, wahrscheinlich aus dem lateinischen "deus", obwohl der begriff schon lange vor dem Auftreten der sprache auftrtat. Zumindest sind es Gegenstände, die Arbeiten und einer Logik folgen in einer ähnlichen Art und Weise wie heutige Computer, sie spielen Gott. Aber sie sind nicht Gott. Nur Maschinen. DeuxMacina."

Beta: Geany Abc

Violet (Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt